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Puls

Puls

Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die sie hereingekommen waren, weil sie darauf vertrauten, dass deren Stahlkern sie schützte. Jordan war hinter dem Gebäude unter dem eingeschlagenen Fenster, durch das er nach draußen gekommen war, in Deckung gegangen.
    »Und was machen wir, wenn die Explosion keine Löcher in die Hallenwand sprengt?«, fragte Tom.
    »Dann fällt uns schon was ein«, sagte Clay.
    »Und wenn Rays Bombe überhaupt nicht hochgeht?«, fragte Dan.
    »Dann lassen wir uns zwanzig Yards zurückfallen und kicken den Ball nach vorn«, sagte Denise. »Los, mach schon, Clay. Wart nicht erst, bis die Abspannmusik kommt, sondern tu's einfach.«
    Er klappte das Handy auf, betrachtete das dunkle LED-Display und erkannte, dass er die Signalstärke hätte überprüfen sollen, bevor er Jordan losgeschickt hatte. Daran hatte er nicht gedacht. Daran hatte keiner von ihnen gedacht. Dämlich. Fast so dämlich wie die Tatsache, dass er vergessen hatte, sich den Zettel mit der Telefonnummer in die Uhrentasche der Jeans gesteckt zu haben. Er drückte den Einschaltknopf. Das Handy piepste. Einen Augenblick lang passierte nichts, aber dann erschienen klar und deutlich drei Balken. Er tippte die Nummer ein, dann ließ er den Daumen leicht auf dem Knopf mit dem grünen Telefonsymbol ruhen.
    »Jordan, bist du da draußen bereit?«
    »Ja!«
    »Wie steht's mit euch, Leute?«, fragte Clay.
    »Tu's einfach, bevor mich noch der Schlag trifft«, sagte Tom.
    Vor Clays innerem Auge erschien ein Bild, das in seiner Klarheit albtraumhaft war: Johnny-Gee, der fast genau dort lag, wo der mit Sprengstoff beladene Schulbus zum Stehen gekommen war. Er lag mit offenen Augen auf dem Rücken, hielt die Hände auf der Brust seines Red-Sox-Trikots gefaltet und hörte die Musik, während sein Verstand auf irgendeine fremdartige Weise neu formatiert wurde.
    Er wischte das Bild beiseite.
    »Tony, Tony, steh uns bei«, sagte er völlig grundlos und drückte den Knopf, der das Handy im Gepäckraum des Schulbusses anrief.
    Er hatte noch Zeit, EIN-und-zwanzig und ZWEI-und-zwanzig zu zählen, bevor die gesamte Welt außerhalb der Kashwakamak-Hal-le mit einem Tosen zu explodieren schien, das Tomaso Albinonis »Adagio in g-Moll« mit hungrigem Röhren verschlang. Sämtliche kleinen Fenster auf der dem Schwarm zugewandten Hallenseite wurden eingedrückt. Hellroter Feuerschein fiel durch die Fensterhöhlen, dann wurde das gesamte Südende des Gebäudes in einem Hagel aus Brettern, Ziegeln, Glas und aufgewirbeltem Heu weggerissen. Die Türflügel, an denen die vier lehnten, schienen nach hinten gedrückt zu werden. Denise umfing ihren Bauch schützend mit beiden Armen. Draußen hob das grässliche Kreischen von Verletzten an. Einen Augenblick lang fraß dieses Geräusch sich durch Clays Kopf wie ein Kreissägeblatt. Dann war es verhallt. Das Kreischen in seinen Ohren hielt jedoch an. Es glich den Stimmen von Verdammten, die im Fegefeuer brieten.
    Irgendetwas landete auf dem Dach. Es war schwer genug, um das ganze Gebäude erzittern zu lassen. Clay zog Denise hoch. Sie starrte ihn wild an, als wüsste sie nicht mehr genau, wer er war. »Los, kommt mit!« Obwohl er brüllte, konnte er die eigene Stimme kaum hören. Sie schien durch Wattebäusche zu sickern. »Kommt, wir müssen hier raus!«
    Tom war auf den Beinen. Dan rappelte sich halb auf, fiel zurück, versuchte es noch einmal und schaffte es schließlich beim zweiten Anlauf. Er grapschte nach Toms Hand. Tom ergriff Denise' Hand. Auf diese Weise schlurften sie als Dreierkette zu dem gähnenden Loch am Südende der Halle. Dort trafen sie auf Jordan, der neben einem brennenden Heuhaufen die Verwüstungen anstarrte, die ein einzelner Telefonanruf bewirkt hatte.

15
    Der Riesenfuß, der aufs Dach der Kashwakamak-Halle gestampft zu haben schien, war ein großer Brocken des Schulbusses gewesen. Das Schindeldach brannte. Direkt vor ihnen, jenseits des kleinen brennenden Heuhaufens, lag ein umgekippter Doppelsitz, der ebenfalls brannte. Seine massiven Stahlrohre waren zu Spaghetti zerfasert. Vom Himmel herab kamen wie übergroße Schneeflocken Kleidungsstücke gesegelt: Hemden, Mützen, Hosen, Boxershorts, ein Bruchband, ein hell brennender Büstenhalter. Clay sah, dass das als Isolierung um die Halle herum aufgehäufte Heu bald einen Feuerwall bilden würde; sie entkamen also gerade noch rechtzeitig.
    Auf dem Freigelände, auf dem Konzerte, Tanzveranstaltungen unter freiem Himmel und die unterschiedlichsten Wettbewerbe stattgefunden hatten, brannte

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