Puls
dass Sie's schaffen würden, auch nur an Ihre Schlüssel heranzukommen.«
Als Clay, der seinen Wagen bereits abgeschrieben hatte, den Mund aufmachte, um zu sagen, er habe nicht vor zu fahren (zumindest zunächst nicht), kam von oben ein weiteres Poltern, das diesmal heftig genug war, um die Decke erzittern zu lassen. Begleitet wurde es von dem zarten, aber unverkennbaren bebenden Klirren zersplitternden Glases. Alice Maxwell, die Mr. Ricardi vor seinem Schreibtisch gegenübersaß, sah nervös auf und schien sich dann noch mehr in sich selbst zurückzuziehen.
»Was liegt dort oben?«, fragte McCourt.
»Das ist der Irokesen-Raum direkt über uns«, antwortete Mr. Ricardi. »Der größte unserer drei Konferenzräume, in dem wir auch lagern, was manchmal zusätzlich gebraucht wird: Stühle, Tische, audiovisuelle Geräte.« Er machte eine Pause. »Und obwohl wir kein Restaurant haben, richten wir Büfetts und Cocktailpartys aus, wenn Kunden das wünschen. Das letzte Poltern ...«
Er brachte den Satz nicht zu Ende. Aus Clays Sicht war das auch überflüssig. Dieses letzte Poltern war von einem Servierwagen mit hoch aufgestapelten Gläsern gekommen, der auf den Fußboden des Irokesen-Raums gekippt wurde, wo schon zahlreiche weitere Tische und Servierwagen lagen, die irgendein Verrückter, der dort oben wütete, umgestürzt hatte. Er brummte im ersten Stock umher wie ein zwischen Fensterscheibe und Fliegengitter gefangener Käfer: etwas, was nicht genug Verstand hatte, um einen Ausweg zu finden; etwas, was nur herumlaufen und zertrümmern, herumlaufen und zertrümmern konnte.
Alice ergriff erstmals seit fast einer halben Stunde das Wort -und zum ersten Mal seit ihrer Bekanntschaft, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. »Sie haben vorhin von einer gewissen Doris gesprochen.«
»Doris Gutierrez.« Mr. Ricardi nickte. »Unsere Hausdame. Ausgezeichnete Kraft. Wahrscheinlich meine beste. Sie war auf zwei, als ich zuletzt von ihr gehört habe.«
»Hat sie ein ...?« Alice wollte das Wort nicht aussprechen. Stattdessen machte sie eine Geste, die Clay fast schon so vertraut war wie ein Zeigefinger vor den Lippen, der Pst bedeutete. Alice hob die rechte Hand seitlich ans Gesicht, sodass der Daumen fast das Ohr berührte und der kleine Finger vor ihrem Mund lag.
»Nein«, sagte Mr. Ricardi fast schon affektiert. »Unsere Angestellten müssen sie bei der Arbeit im Spind lassen. Beim ersten Verstoß gibt's eine Verwarnung. Beim zweiten können sie entlassen werden. Das bläue ich ihnen bei der Einstellung ein.« Er hob eine schmale Schulter zu einem halben Achselzucken. »Das ist die Politik der Geschäftsführung, nicht meine.«
»Wäre sie in den ersten Stock runtergegangen, um nach diesen Geräuschen zu sehen?«, fragte Alice.
»Möglicherweise«, sagte Mr. Ricardi. »Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass ich nichts mehr von ihr gehört habe, seit sie gemeldet hat, dass der Brand im Papierkorb gelöscht sei, und sie hat nicht auf ihren Piepser reagiert. Ich habe sie zweimal angepiepst.«
Clay wollte nicht laut und deutlich Seht ihr hier ist's auch nicht sicher sagen, deshalb sah er an Alice vorbei zu McCourt hinüber, um das durch seinen Blick auszudrücken.
»Wie viele Leute sind vermutlich noch dort oben?«, fragte Mc-Court.
»Das kann ich nicht beurteilen.«
»Schätzungsweise?«
»Nicht viele. Vom Zimmerpersonal wahrscheinlich nur Doris. Die Tagschicht geht um drei, und die Nachtschicht kommt erst um sechs.« Er presste die Lippen fest zusammen. »Das ist eine Spargebärde. Maßnahme kann man nicht richtig sagen, weil sie nämlich nicht funktioniert. Was die Gäste betrifft ...«
Er überlegte.
»Der Nachmittag ist eine flaue Zeit für uns, sehr flau. Die Gäste von vergangener Nacht sind natürlich alle fort - die Zimmer im Atlantic Avenue Inn sind bis zwölf Uhr zu räumen -, und die heutigen Gäste wären erst ab ungefähr vier Uhr angekommen, wie an einem normalen Nachmittag. Was der heutige ganz entschieden nicht ist. Gäste, die mehrere Nächte bleiben, sind meistens geschäftlich in Boston. Wie vermutlich auch Sie, Mr. Riddle.«
Clay, der vorgehabt hatte, sehr früh am Morgen abzureisen, um nicht in den morgendlichen Berufsverkehr zu geraten, nickte, ohne sich die Mühe zu machen, Ricardi ein weiteres Mal seinen richtigen Namen zu nennen.
»Am frühen Nachmittag sind die Geschäftsleute im Allgemeinen unterwegs, um das zu tun, was sie nach Boston geführt hat. So schaut's aus, wir haben
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