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Puls

Puls

Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sehen, nicht wahr, Sir?«
    »Ja«, bestätigte der Rektor. »Das war sehr traurig und beängstigend.«
    »Stimmt es, dass Leute, die nach Massachusetts wollen, an der Grenze erschossen werden?«, fragte Jordan. »Das sagen die Leute nämlich. Und dass man nach Vermont ziehen muss, dass nur der Weg dorthin sicher ist.«
    »Das ist Stuss«, sagte Clay. »Genau das Gleiche haben wir von der Grenze nach New Hampshire gehört.«
    Jordan glotzte ihn einen Augenblick lang an, dann brach er in Gelächter aus. In der stillen Luft klangen diese Laute rein und schön. Dann fiel in der Ferne ein Schuss. Und etwas näher schrie jemand vor Wut oder Entsetzen.
    Jordan hörte abrupt zu lachen auf.
    »Erzählen Sie uns von dem unheimlichen Zustand, in dem wir sie letzte Nacht gesehen haben«, sagte Alice ruhig. »Und von der Musik. Hören auch alle anderen Schwärme nachts Musik?«
    Der Rektor sah zu Jordan hinüber.
    »Ja«, sagte der Junge. »Nur sanftes Zeug, kein Rock, kein Country …«
    »Auch keine Klassik, würde ich vermuten«, warf der Rektor ein. »Oder jedenfalls nichts Anspruchsvolles.«
    »Das sind ihre Wiegenlieder«, sagte Jordan. »Das glauben ich und der Rektor, nicht wahr, Sir?«
    »Der Rektor und ich, Jordan.«
    »Rektor und ich, ja, Sir.«
    »Aber das glauben wir in der Tat«, stimmte der Rektor zu. »Obwohl ich vermute, dass mehr dahinter steckt. Ja, eine ganze Menge mehr.«
    Clay war völlig durcheinander. Er wusste irgendwie nicht mehr recht weiter. Er musterte seine Freunde und sah auf ihren Gesichtern, was er selbst empfand: nicht nur Verwirrung, sondern ein furchtsames Widerstreben dagegen, aufgeklärt zu werden.
    »Darf ich offen sprechen?«, fragte Rektor Ardai, indem er sich nach vorn beugte. »Ich muss offen sprechen; das ist eine lebenslängliche Gewohnheit. Ich möchte, dass Sie uns helfen, hier etwas Schreckliches zu tun. Dafür bleibt nicht mehr viel Zeit, glaube ich, und auch wenn eine einzelne Tat dieser Art vielleicht nichts bewirkt, weiß man's doch nie, nicht wahr? Man weiß nie, welche Art Kommunikation möglicherweise zwischen diesen . Schwärmen existiert. Jedenfalls werde ich nicht untätig zusehen, wie diese ... Kreaturen ... mir nicht nur meine Schule, sondern sogar das Tageslicht rauben. Ich hätte es vielleicht schon versucht, aber ich bin alt, und Jordan ist noch sehr jung. Zu jung. Unabhängig davon, was sie jetzt sein mögen, sind sie bis vor kurzem Menschen gewesen. Ich lasse nicht zu, dass er irgendwie an dieser Sache mitwirkt.«
    »Ich kann meinen Teil tun, Sir!«, sagte Jordan. Er sprach so beherzt, fand Clay, wie jeder muslimische Jugendliche, der sich je einen Selbstmordgürtel mit Sprengladungen umgebunden hatte.
    »Ich weiß deinen Mut zu schätzen, Jordan«, sagte der Rektor, »aber lieber nicht.« Er sah den Jungen freundlich an. Als er sich dann wieder an die anderen wandte, war sein Blick jedoch viel härter geworden. »Ihr habt Waffen - gute Waffen -, und ich habe nichts als ein altes Kleinkalibergewehr, das vielleicht nicht einmal mehr funktioniert, obwohl der Lauf frei ist - ich habe nachgesehen. Und selbst wenn es in Ordnung wäre, würde die alte Munition, die ich dafür habe, vielleicht versagen. Aber wir haben in unserer kleinen Fahrbereitschaft eine Zapfsäule, und Benzin könnte dazu dienen, ihr Leben zu beenden.«
    Er musste das Entsetzen auf ihren Mienen gesehen haben, jedenfalls wiegte er bedächtig den Kopf. Clay fand nicht mehr, dass der Mann wie der liebenswerte alte Mr. Chips aus; er sah jetzt wie ein puritanischer Ältester auf einem in Öl gemalten Porträt aus. Einer, der, ohne mit der Wimper zu zucken, einen Mann dazu hätte verurteilen können, in den Stock gelegt zu werden. Oder eine Frau dazu, als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.
    Er nickte speziell Clay zu. Da war sich Clay sicher. »Ich weiß, was ich sage. Ich weiß, wie das klingt. Aber es wäre kein Mord, kein wirklicher; es wäre eine Vertilgung. Und ich kann Sie zu nichts zwingen. Aber in jedem Fall - ob Sie mir helfen, sie zu verbrennen, oder nicht - müssen Sie eine Warnung überbringen.«
    »Wem?«, fragte Alice mit schwacher Stimme.
    »Jedem, dem Sie begegnen, Miss Maxwell.« Er beugte sich etwas weiter über den Tisch, und jene Augen eines Richters, der mit der Todesstrafe rasch bei der Hand war, waren klein und scharf und glühend heiß. »Sie müssen erzählen, was mit ihnen geschieht -mit denen, die über Satans Sprechfunk die infernalische Botschaft erhalten haben.

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