Puna - Toedliche Spurensuche
hochfuhr, gab der Fahrer des Geländewagens langsam Gas und fuhr ohne Hast weg. Rechtzeitig genug, um vor Einsetzen des Regens die asphaltierte Straße wieder zu erreichen.
Wenn ein ca. zwei Millimeter großer Regentropfen auf die Erdoberfläche prallt, besitzt er in dem Augenblick eine Geschwindigkeit von mehr als 8 m/s. Unmittelbar, bevor er dort aufprallt, wird die Luft zwischen dem Tropfen und dem Aufprallpunkt zu einem Luftkissen komprimiert. Auf diesem fließt er auseinander und leitet das Zerplatzen ein. Voraussetzung für jene makroskopische Kronenform, die beobachtet werden kann, nachdem er auf der Oberfläche aufprallt und das Wasser wegspritzt. Mit jedem kleinen Wassertröpfchen, das vom Aufprallpunkt wegspritzt, werden auch kleine Mengen an Boden mitgenommen. Splash-Effekt.
Der Toyota Landcruiser hinterließ in dem oberflächlich abgetrockneten, staubigen Boden eine Spur. Jeder einzelne der nun folgenden Regentropfen trug seinen Teil dazu bei, die erhabenen Teile des Profils zu nivellieren. Tropfen um Tropfen. Erst vereinzelt, dann mit steigender Frequenz.
Anja und Haydee packten so schnell wie möglich ihre Sachen in den Wagen. Es war nun den falschen Leuten bekannt, dass sie sich in Potosí aufhielten. An weiteren Auseinandersetzungen hatten sie kein Interesse. Maria Assunta hatten sie nicht angetroffen. Sie hielt sich zurzeit weiter im Süden auf. Für Anja bedeutete das lediglich eine Verzögerung, da sie sowieso nach Uyuni musste.
Sie waren noch nicht lange unterwegs, als es wieder anfing zu regnen. In Potosí waren nicht mehr viele Menschen unterwegs. Der Regen tat ein Übriges. Haydee verspürte wenig Freud angesichts der Nachtfahrt und hatte angekündigt, sich unterwegs viel Zeit zu lassen. Gerade diese Strecke fuhr sie ungern des Nachts. Zum Frühstück wären sie auf jeden Fall in Uyuni.
Sie fuhren gerade an der Escuela de Plateria vorbei. »Siehst du den Idioten, dort drüben ?« , fragte Haydee und wies auf einen dunklen Geländewagen, der sich auf der Straße von links mit hoher Geschwindigkeit der Kreuzung näherte. »Als ob der alleine unterwegs wäre«.
Haydee nahm vorsorglich bereits den Fuß vom Gas und ließ den Grand Vitara ausrollen. Sie sahen, wie der Toyota Landcruiser mit quietschenden Reifen abbremste und in die Rechtskurve ging und dabei mit dem Heck nach links ausbrach und gegensteuern musste, um in Fahrtrichtung zu bleiben.
»Ich fasse es nicht, der hat uns ja fast gerammt«, entgegnete Anja, bleich im Gesicht.
»Ja, und dann noch so tun, als ob nichts gewesen wäre und weiterfahren«, wandte Haydee ein. Sie fuhren nun mit dem alten Tempo weiter. »Heute haben wir ganz schön schräge Typen erlebt. Hoffentlich ändert sich das wieder«. Sie blickte immer nochmal in den Rückspiegel.
»Du, ich glaube, den sind wir noch nicht los«, sagte sie. Anja klappte die Sonnenblende herunter und schaute in den Kosmetikspiegel und den Außenspiegel auf ihrer Fahrzeugseite. Sie sahen, dass der Toyota Landcruiser in einer Entfernung zum Stillstand kam und wendete.
»Was sollen wir jetzt machen ?« , fragte Haydee.
»Normal weiterfahren und uns nicht drum kümmern«, antwortete Anja.
»Der holt ziemlich schnell auf ...«
»Es ist genug Platz zum Überholen da. Wir werden ihn nicht daran hindern
Der Toyota war mittlerweile sehr dicht herangekommen. Das Fernlicht war eingeschaltet, obwohl er nur wenige Meter hinter dem Grand Vitara fuhr. Immer wieder raste der Fahrer aggressiv und laut hupend bis auf wenige Meter heran und ließ sich dann wieder zurückfallen. Sodann begann der nächste Vorstoß.
»Was soll denn der Scheiß nun wieder«, fragte Haydee.
»Bleib ganz ruhig und lass ihm sein Machogehabe. Das braucht uns nicht zu interessieren. Das ist sein Problem«, entgegnete Anja.
Von vorne kamen zwei Busse langsam entgegen. Haydee konzentrierte sich auf den entgegenkommenden Verkehr. Als die beiden Busse durch waren, sah sie hinter sich keinen Wagen mehr im Rückspiegel.
»Hast du gesehen, was mit unserem Macho passiert ist? Der ist nicht mehr da ...«, fragte Haydee.
»Nein«, sagte Anja und blickte ebenfalls in die Spiegel. »Ich kann ihn auch nicht mehr sehen .«
Doch bald machte er sich in einiger Entfernung mit Lichthupe wieder bemerkbar und raste ihnen hinterher. Dazu ertönte laufend die Hupe. Der Abstand wurde immer geringer. Dreißig Meter. Zwanzig Meter. Zehn Meter. Fünf Meter. Ein Aufprall von hinten. Haydee hatte Mühe, den Wagen in der Spur zu halten. Beide
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