Puna - Toedliche Spurensuche
der Welt einen gewissen Druck gibt, Elektroautos zu verwenden. Damit hat man doch in Bolivien eine gute Ausgangsvoraussetzung, um ein gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen? !«
»Die Sorge ist da, dass das Geld wieder ins Ausland geht. Unter der Regierung Banzer gab es diese Tendenz. Das haben sich die Menschen hier in Potosí erstritten, dass die Verträge mit den ausländischen Konsortien zurückgenommen werden mussten. Aber dem Land fehlen die finanziellen Mittel, um die Investitionen zur Weiterverarbeitung von Lithium tätigen zu können. Mit den verarbeiten Produkten kann man einfach mehr Geld erzielen als mit den Rohstoffen .«
»Okay, das kann ich verstehen .«
»Das ist nur die eine Seite. Man muss aber auch das Umfeld sehen. Wo gibt es das Lithium? Am Salar de Uyuni. Nicht weit von hier. Salzseen sind ein Kennzeichen für abflusslose Gebiete mit einer entsprechenden Verdunstung. Das Wasser verdunstet und die darin enthaltenen Salze bleiben zurück. Für den Lithium-Abbau und die Lithiumverarbeitung wird man Wasser benötigen. Der Tourismus um den Salar de Uyuni verbraucht ebenfalls Wasser. Und wie kommt man an neues Wasser? Das Grundwasser ist vorwiegend fossil. Im Klartext heißt das, dass das Grundwasser dort keine erneuerbare Ressource darstellt. Der Wasserverbrauch und die Wasserneubildung klaffen weit auseinander. Die Folge wird ein Absinken des Wasserspiegels im Salar de Uyuni sein. Von Kontaminationen einmal ganz abgesehen. Die Zucht der Lamas, Alpakas und Vicuñas, die typisch für diese Region sind, wird leiden. Quellen werden versiegen .« .
Obwohl Maria viel zu erzählen hatte, war ihr Teller fast leer. Anja dagegen stocherte immer noch zwischen den Kartoffeln.
»Schmeckt es Ihnen nicht ?« , fragte Maria Assunta besorgt.
Anja schob den Teller beiseite. »Es liegt nicht am Essen. Tut mir leid«. Sie begann von ihrer Reise zu erzählen, von der Misshandlung von Ariana. Und sie erzählte von den Erlebnissen der vergangenen Nacht bis zu ihrem Zusammentreffen mit Maria Assunta.
Die ältere Damen kam, und räumte die Teller ab. Als sie gerade ansetzte, um Anja zu fragen, ob ihr das Essen nicht geschmeckt habe, bemerkte sie ein dezentes Kopfschütteln der Journalistin mit dem angedeuteten Hinweis, sie beide alleine zu lassen.
»Darf ich fragen, worum es bei Ihrer Reise wirklich geht ?« , fragte sie schließlich.
»Soweit ich weiß, geht es um Papiere, die ein Verwandter von Paulo Esteban Pinto Staller in dem Arzneimittelkonzern, in dem er früher einmal gearbeitet hat, hat mitgehen lassen, als er die Firma verließ. Diese Unterlagen sind für ein Medikament gegen Dengue-Fieber notwendig .«
»Frau Koswig. Ich frage sie: Sind diese Unterlagen das Leben all dieser Menschen wert ?«
»Woher soll ich das wissen? Ich bin Genealogin. Ich möchte endlich diesen Auftrag zu ende bringen, um wieder normal leben zu können .«
Maria Assunta überlegte einen Augenblick. »Ich könnte Sie morgen nach Chuvica bringen. Aber machen Sie sich keine zu großen Hoffnungen. Es kann Ihnen passieren, dass Paulino kein Interesse hat. Was machen Sie dann ?«
Anja Koswig sah sie entgeistert an. Diese Möglichkeit hatte sie bisher nie ernsthaft in Betracht gezogen. Sie wollte den Auftrag endlich zu einem Ende bringen. Ein Scheitern durfte es nicht geben.
»Ich wage gar nicht daran zu denken«, antwortete Anja. »Nicht nachdem was ich bisher alles durchmachen musste«.
»In Jamaika sagt man, die Spinne und die Fliege kommen nicht miteinander ins Geschäft. Ihre beiden Interessen liegen zu weit auseinander. Sie sollten sich aber mit dem Gedanken anfreunden .« .
»Ich glaube, dass ich das nicht kann«. Sie presste ihre Lippen aufeinander. Mit der rechten Hand griff sie nach ihrem Armreifen und drehte ihn langsam hin und her. Maria legte ihre Hand sachte auf die rechte von Anja. »Ich würde Sie gerne begleiten. Vielleicht kann ich Ihnen ein wenig helfen. Vielleicht können wir Paulino auch dafür gewinnen, seinen Fall öffentlich zu machen .«
19. Kapitel
Als Anja die Augen öffnete, brauchte sie einen Moment, um sich klar zu machen, wo sie sich befand. Sie öffnete den Reißverschluss des türkisfarbenen Schlafsackes und schälte sich aus dem engen Teil. Als sie sich aufrichtete, fühlte sie sich noch steif. Letztmalig hatte sie während einer Exkursion beim Studium im Schlafsack gelegen. Sie ging in den Nebenraum. Maria Assunta saß mit einer dampfenden Tasse Kaffee am Tisch und las in einer Zeitung.
»Buenos
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