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Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Titel: Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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Nacht, und man konnte unterwegs die ganzen kleinen Feuerwerke sehen, lauter kleine Blitze, die unten losgingen, eine Stadt nach der anderen.«
    Hadley beugt sich wieder zum Fenster, und ihr Herz pocht, als sie in die Leere unter ihr starrt, ins reine Nichts. Sie schließt die Augen und versucht, sich stattdessen ein Feuerwerk vorzustellen.
    »Wenn man nicht gewusst hätte, was es ist, hätte es einen wohl erschreckt, aber so von oben war es irgendwie hübsch, so ganz still und klein. Man konnte sich kaum vorstellen, dass es die gleichen Riesenexplosionen waren, die man vom Boden aus immer sieht.« Er schweigt einen Moment. »Ich denke, es ist alles eine Frage der Perspektive.«
    Sie dreht sich wieder zu ihm und forscht in seinem Gesicht. »Soll mir das jetzt helfen?«, fragt sie, aber nicht unfreundlich. Was will er ihr mit dieser Geschichte sagen?
    »Nein, eigentlich nicht«, sagt er verlegen lächelnd. »Ich wollte dich bloß wieder ablenken.«
    Sie lächelt. »Danke. Hast du noch was auf Lager?«
    »Jede Menge«, sagt er. »Ich könnte dir ein Ohr abquatschen.«
    »Sieben Stunden lang?«
    »Die Herausforderung nehme ich an«, sagt er.
    Die Maschine liegt jetzt gerade in der Luft, und wenn Hadley schwindelig wird, konzentriert sie sich auf den Sitz vor ihr, auf dem ein Mann mit großen Ohren und beginnender Glatze sitzt. Man kann ihn eigentlich noch nicht kahl nennen, aber man sieht, dass es nicht mehr lange dauern wird. Es wirkt wie eine Landkarte der Zukunft, und sie fragt sich, ob man wohl an jedem Menschen so verräterische Zeichen entdecken kann, solche verborgenen Hinweise darauf, was aus ihnen einmal werden wird. Hätte man zum Beispiel ahnen können, dass die Dame am Gang die Welt irgendwann nicht mehr aus strahlend blauen Augen betrachtet, sondern alles durch einen wässrigen Schleier sieht? Oder dass der Mann schräg vor ihr eine Hand mit der anderen festhalten muss, damit sie nicht zittert?
    Aber eigentlich hat Hadley bei diesen Gedanken ihren Vater im Kopf.
    Eigentlich überlegt sie, ob er sich verändert hat.
    Die Luft im Flugzeug ist trocken und verbraucht, streift rau an ihren Nasenwänden entlang, und Hadley schließt die brennenden Augen, atmet durch den Mund, als wäre sie im Wasser, was sich leicht vorstellen lässt, wenn man durch den grenzenlosen Nachthimmel schwimmt. Sie öffnet die Augen, greift hastig nach der Plastikblende und zieht sie herunter. Oliver sieht sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, sagt aber nichts.
    Eine Erinnerung trifft sie, rasch und unerwünscht, von einem Flug mit ihrem Vater, vor Jahren, auch wenn sie nicht mehr genau sagen kann, vor wie vielen. Sie weiß noch, wie er gedankenversunken an der Blende herumgespielt, sie heruntergezogen und wieder hochgeschoben hat, immer und immer wieder, bis die Passagiere von der anderen Seite des Ganges sich mit gerunzelter Stirn und geschürzten Lippen herüberbeugten. Als das Anschnallzeichen endlich ausging, sprang er vom Sitz hoch, beugte sich zu Hadley herunter und küsste sie auf die Stirn, schob sich dann an ihr vorbei in den Gang. Zwei Stunden lang tigerte er dann den schmalen Streifen entlang, von der ersten Klasse bis ganz nach hinten zu den Toiletten und wieder zurück, blieb gelegentlich stehen, beugte sich herüber und fragte Hadley, wie es ihr ging, was sie so mache, was sie da las, und dann zog er wieder los, wie jemand, der ungeduldig auf seinen Bus wartet.
    War er immer schon so unruhig gewesen? Schwer zu sagen.
    Hadley wendet sich wieder Oliver zu. »Und, ist dein Vater oft zu Besuch gekommen?«, fragt sie, und er schaut sie leicht erschrocken an. Sie starrt zurück und ist selbst etwas überrascht von ihrer Frage. Eigentlich wollte sie deine Eltern sagen. Sind deine Eltern oft zu Besuch gekommen? Das Wort Vater ist ihr beinahe unbewusst entschlüpft.
    Oliver räuspert sich und lässt die Hände in den Schoß fallen, wo er das lose Ende seines Gurts zu einem dichten Knäuel zusammendrückt. »Eigentlich nur meine Mutter«, sagt er. »Sie hat mich zum Semesteranfang hergebracht. Sie hätte es nicht ertragen, mich zum Studieren nach Amerika gehen zu lassen, ohne vorher mein Bett zu machen.«
    »Das ist doch süß«, sagt Hadley und versucht, nicht an ihre Mutter zu denken, an den Streit von vorhin. »Klingt, als sei sie echt lieb.«
    Sie wartet, dass Oliver mehr erzählt oder sie vielleicht nach ihrer Familie fragt, das wäre doch die logische Folge, wenn zwei Menschen sich unterhalten, die nichts anderes vorhaben und

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