Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
abergläubisch.«
Draußen umkreisen ein paar Männer in neongelben Signalwesten das riesige Flugzeug, und Hadley beugt sich zum Fenster, um ihnen zuzuschauen. Die alte Dame am Gang hustet im Schlaf, und sie drehen sich beide zu ihr um, aber schon schläft sie wieder ganz friedlich, nur ihre Augenlider flattern.
»Zweiundfünfzig Jahre«, sagt Oliver und pfeift leise durch die Zähne. »Wirklich beeindruckend.«
»Ich weiß gar nicht, ob ich an die Ehe glaube«, sagt Hadley, und er scheint überrascht.
»Bist du nicht auf dem Weg zu einer Hochzeit?«
»Ja, schon.« Sie nickt. »Genau das meine ich ja.«
Er schaut sie ratlos an.
»Die Leute sollten nicht so ein Gewese darum machen und alle um die halbe Welt antanzen lassen, damit sie Zeugen ihrer Liebe werden. Wenn man sein Leben miteinander teilen will, wunderbar. Aber das ist eine Sache zwischen zwei Menschen, und das sollte reichen. Wozu der Riesenaufwand? Wieso muss man es allen unter die Nase reiben?«
Oliver streicht sich über das Kinn und weiß offensichtlich nicht recht, wie er das finden soll. »Das klingt eher, als würdest du nicht viel von Hochzeiten halten«, sagt er schließlich. »Und nicht so sehr die Ehe meinen.«
»Ich bin von beidem im Moment kein großer Fan.«
»Ach, ich weiß nicht«, sagt er. »Ich finde sie ganz nett.«
»Sind sie aber nicht«, beharrt sie. »Alles nur Show. Man sollte niemandem was beweisen müssen, wenn man es ernst meint. Es sollte alles viel einfacher sein. Und es sollte etwas bedeuten.«
»Ich glaube, es bedeutet auch was«, sagt Oliver leise. »Es ist ein Versprechen.«
»Mag sein«, sagt sie und kann das Seufzen dabei nicht unterdrücken. »Aber nicht alle halten das Versprechen.« Sie schaut zur fest schlafenden alten Dame. »Nicht alle halten zweiundfünfzig Jahre durch, und wenn doch, dann spielt es auch keine Rolle, dass man mal vor all den Leuten gestanden und es öffentlich ausgesprochen hat. Das Wichtige ist, dass man jemanden hat, der immer zu einem hält. Auch wenn alles scheiße läuft.«
Er lacht. »Die Ehe: dafür, wenn alles scheiße läuft.«
»Jetzt mal ehrlich«, sagt Hadley nachdrücklich. »Woher willst du sonst wissen, dass es ernst gemeint war? Wenn da nicht jemand wäre, der dir die Hand hält, sobald es mal nicht so gut läuft?«
»Das ist es also?«, fragt Oliver. »Keine Hochzeit, keine Ehe, sondern jemand, der deine Hand hält, wenn es mal nicht so gut läuft?«
»Genau«, sagt sie nickend.
Oliver schüttelt verwundert den Kopf. »Wer heiratet denn da? Ein Exfreund von dir?«
Darüber muss Hadley einfach lachen.
»Was denn?«
»Mein Exfreund verbringt den größten Teil seiner Zeit mit Videospielen, den Rest mit Pizza ausfahren. Es ist einfach zu komisch, sich ihn als Bräutigam vorzustellen.«
»Ich dachte mir schon, du bist ein bisschen zu jung für eine verschmähte Braut.«
»Ich bin siebzehn«, sagt sie empört, und er hebt beschwichtigend die Hände.
Das Flugzeug entfernt sich langsam vom Gebäude, und Oliver beugt sich näher, um aus dem Fenster zu spähen. Lichter, so weit das Auge reicht, wie gespiegelte Sterne. Die Rollbahnen, auf denen Dutzende von Maschinen auf ihr Startsignal warten, werden zu Sternbildern. Hadley hat die Hände im Schoß gefaltet und holt tief Luft.
»Also«, sagt Oliver und lehnt sich wieder zurück, »da sind wir ja gleich ins kalte Wasser gesprungen, was?«
»Wie meinst du das?«
»Na, so eine Diskussion darüber, was wahre Liebe eigentlich ist, die führt man doch eher nach drei Monaten, nicht nach drei Stunden.«
»Ihrer Meinung nach«, Hadley reckt das Kinn zu Olivers rechter Nachbarin, »sind drei Stunden aber eher wie drei Jahre.«
»Aber nur, wenn man verliebt ist.«
»Stimmt. Für uns also nicht.«
»Nein«, stimmt Oliver grinsend zu. »Für uns nicht. Eine Stunde ist eine Stunde. Und wir fangen die Sache völlig falsch an.«
»Inwiefern?«
»Ich kenne deine Ansichten über die Institution der Ehe, aber wir haben die wichtigen Fragen noch gar nicht geklärt, deine Lieblingsfarbe zum Beispiel oder dein Lieblingsessen.«
»Blau und Mexikanisch.«
Er nickt anerkennend. »Respektabel. Bei mir: Grün und Curry.«
»Du meinst Indisch?« Sie verzieht das Gesicht. »Echt?«
»Hey«, sagt er. »Keine Werturteile. Was noch?«
Die Lichter in der Kabine werden vor dem Start dunkler, während die Triebwerke unter ihnen aufheulen, und Hadley schließt, nur für einen Moment, die Augen. »Wie, was
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