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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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erzählt.«
    »Dein Dad wusste davon? Warum hat er
uns
dann nichts gesagt?«
    Sarah blinzelte. »Sie verstehen es einfach nicht, oder? Er hasste Anthony. Und er ist aus ganzem Herzen davon überzeugt, dass Anthony sie umgebracht hat. Er hatte nicht vor, Anthony den Weg ins Gefängnis zu ersparen, nur weil eine Elfjährige eine Aussage über die Essvorlieben dieses Mannes gemacht hatte.«
    »Würdest du das unter Eid aussagen?«
    »Dass mein Vater davon überzeugt war, Anthony Russell hätte Gloria umgebracht?«
    »Nein, dass du sicher bist, dass Anthony Russell keinen Reese’s Erdnussbutter-Cup gegessen hätte.«
    »Machen Sie Witze? Mein Vater würde mich enterben.«
    »Bitte.«
    »Nein, Sie verstehen das nicht. Anthonys Tod war Dads Genugtuung.
Sie
haben sie ihm verschafft. Und ich glaube, wenn er dieses Gefühl nicht hätte, könnte er nicht weitermachen. Er schafft es so schon kaum.«
    Neil schloss die Augen.
    »Mr. Sheridan?« Sarah berührte ihn am Arm und sah zu ihm auf. Plötzlich klang sie wieder wie ein kleines Mädchen. »Habe ich etwas zu befürchten? Ich meine, könnte dieser Kerl hierher zurückkommen oder so?«
    Neil runzelte die Stirn und klopfte ihr beruhigend auf die Schulter. »Nein«, antwortete er. »Da ist irgendetwas anderes im Busch. Ich weiß noch nicht, was es ist, aber ich werde es herausfinden. Du musst keine Angst haben.«
    Und genau das, dachte Neil, als er die Auffahrt hinunterfuhr, war vielleicht der größte Haufen Lügen, den er einer jungen Dame seit langer Zeit aufgetischt hatte.
     
    Knightstown, Indiana
560  Meilen entfernt
    Chevy lehnte sich über Miss Legs und zählte bis zehn. Eins, zwei, drei … Er wartete, bis das Blut kam. Vier, fünf …
    Eine winzige rote Perle trat hervor, gefolgt von der nächsten. Eine Kette flüssiger Rubine trat aus der Fleischwunde. Bei zehn wischte er das Blut weg, drückte mit der Stoffserviette aus dem Motel fest auf die Wunde und hockte sich auf die Fersen, um wieder bis zehn zu zählen.
    Eins, zwei, drei …
    Es dauerte länger, als er gedacht hätte. Er hätte sie zuerst töten und sich den ganzen Ärger und Dreck ersparen sollen. Aber tote Frauen bluteten nicht. Sie schrien auch nicht. Und Chevy hatte ihr weh getan. Er brauchte etwas, um die Zeit zu überbrücken, bis er bei Beth war.
    Neun, zehn. Wegwischen.
    Fertig.
    Er betrachtete das Foto der vierten Puppe, sah zu Miss Legs hinüber und beschloss, noch einen Schnitt zu setzen. In ihrer Kniefalte war eine winzige blaue Vene. Im silbernen Licht war sie kaum sichtbar. Nachdenklich neigte er den Kopf wie ein Chirurg, fällte seine Entscheidung und drückte mit der Spitze seines Skalpells auf das Fleisch.
    Miss Legs schnappte nach Luft. »O Gott, nein! Bitte nicht. Ich tue auch alles, was Sie wollen.«
    Das dumme Flittchen. Sie
tat
ja schon, was er wollte.
    Sie verspannte sich, als er die Klinge sanft, ganz sanft nach unten drückte. Die Spitze brach mit einem kleinen »Plop« durch die oberste Hautschicht, und ihr Mund verzerrte sich zu einem wundervollen Stöhnen. Chevy spürte, wie er innerlich von Freude erfasst wurde. Der Kassettenrecorder surrte vor sich hin.
    Jetzt ganz vorsichtig, nicht zu tief. Er zog ihr einen langen Schlitz durch die Haut, der sich mit dunklem Blut füllte. Er sah wie die zerklüftete Linie einer Landstraße auf einer Straßenkarte aus. Eine Rundung hier, eine Ecke dort. Eine Einhundertachtzig-Grad-Wendung zweieinhalb Zentimeter unterhalb ihres Knies. Eine letzte, spinnenhafte Linie, der letzte Strang blutiger Perlen, den er wegwischen musste. Die letzten Schreie in seinen Ohren.
    Eins, zwei, drei … Warten, wegwischen. Wieder zählen. Wegwischen. Das Gleiche noch einmal.
    Fertig.
    Er rief über die Schulter: »Das war’s, Jenny, ich bin fertig.«
    »W-was?«, brachte Miss Legs hervor. »J-Jen…«
    Chevy sah sie an. Er war erstaunt, dass noch etwas Empfindungsvermögen da war. »Ruhe«, sagte er. »Ich habe nicht mit dir gesprochen. Ich habe mit Jenny gesprochen.«
    »J-Jenny?« Sie drehte den Kopf, als könne sie tatsächlich etwas durch die Augenbinde sehen. »Hiiilfe! Jenny, hilf …«
    »Aufhören«, befahl Chevy. »Halt die Klappe!«
    Sie krümmte sich in ihren Fesseln. Verdammt, wenn die Schnitte wieder aufgingen, wäre er hier noch bis zum Morgengrauen damit beschäftigt, sauber zu machen. Dann wäre alles verdorben.
    Ruckartig riss er ihr die Augenbinde vom Kopf und maß die Einschussstelle für die Kugel ab. Dann lief er zum Flussufer, wo Jenny

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