Puppengrab
fiel der Groschen. Neil konnte Armand Copeland immer besser leiden.
»Bleiben Sie in Denisons Nähe. Bringen Sie sie zum Reden. Halten Sie uns mit allem auf dem Laufenden, was eine Verbindung zu Gloria Michaels sein könnte. Ich werden Ihnen so viele Mittel wie möglich bewilligen und lasse Sie an allen Besprechungen teilnehmen. Im Gegenzug werden Sie uns alles, was Sie von Denison erfahren oder was wir über Bankes wissen müssen,
mitteilen.
«
O ja, er konnte Armand Copeland sogar sehr gut leiden. Neil nickte und wollte den Raum verlassen, wandte sich aber noch einmal um. »Eine Sache, die bislang niemandem aufgefallen ist, ist Chevy Bankes’ Geburtsdatum.« Copeland runzelte die Stirn. »Gloria Michaels wurde an seinem einundzwanzigsten Geburtstag umgebracht.«
Copelands Brauen schossen in die Höhe. »Was hat das zu bedeuten?«
Neil zuckte mit den Schultern und öffnete die Tür. »Zur Hölle, woher soll ich das wissen?«
Als Neil in den Flur hinaustrat, wartete Standlin gerade auf den Fahrstuhl. Er trat neben sie und versuchte, sie zu ignorieren, was ihm aber nicht gelang. »Himmel, Standlin, was haben Sie Copeland bloß alles erzählt?«
»Zwei Dinge, über die alle außer Ihnen ohnehin im Bilde sind.«
Neil verschränkte die Arme. Diese gottverdammten Psychofritzen.
»Zum einen habe ich ihm erzählt, dass Sie vor sechzehn Jahren der beste Nachwuchsagent des FBI waren und dass ich stolz darauf bin, Sie an Bord geholt zu haben.«
Neil spürte, wie seine Wangen brannten.
»Und zum anderen habe ich ihm erzählt, dass Sie vor neun Jahren durchgedreht sind und anschließend nie mehr zurückkamen.«
»Vielen Dank auch.«
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und sie trat ein. »Oh, eine weitere Sache habe ich Copeland noch gesagt.«
Neil wollte es nicht hören. Aber seine Hand hielt trotzdem die Fahrstuhltür auf.
»Wenn er Chevy Bankes finden will, sollte er am besten Sie auf ihn ansetzen, und wenn er das tut, dann könnte er den verdammt noch mal besten Agent fürs FBI zurückholen.«
Etwas löste sich dumpf in seiner Brust – Stolz vielleicht, oder sogar Hoffnung –, etwas, das er nicht identifizieren konnte. Doch ihm folgte auf dem Fuß eine viel dunklere Erkenntnis. »Ich habe den falschen Mann umgebracht.«
Sie nickte. »Und er wird nicht mehr davon lebendig, dass Sie nun den richtigen drankriegen. Genauso wenig wie das Herumschäkern mit Beth und Abby Ihnen Ihre Familie wiedergibt. Aber«, fuhr sie fort, während sie auf den Fahrstuhlknopf drückte, »vielleicht werden Sie davon wieder lebendig.«
Den Rest des Tages verbrachte Neil mit dem Sichten von Akten: jedes Detail der Fälle von Gloria Michaels, Lila Beckenridge und Thelma Jacobs. Und der Frauen in Omaha, Indianapolis und Silver Spring. Neil konnte sich nicht daran erinnern, dass die Namen der letzten drei Frauen je erwähnt worden wären, sie wurden zu toten Repräsentantinnen ihrer Städte.
Als es Abend wurde, hatte er sich auf den Wissensstand der Behörden in den jeweiligen Städten gebracht. Suarez, der mieser Laune war, weil er den ganzen Tag in einem Hotelzimmer herumsitzen musste, traf sich mit ihm in Beths Suite. Er berichtete, dass sie sechs Stunden geschlafen hatte, dann hatte sie sich bewegt, vermutlich, um ins Bad zu gehen – und hatte seit drei Stunden nichts mehr von sich hören lassen. Neil durchschritt die Sicherheitskontrolle des Hotels, lernte Passwörter, Tarnungen und die Gesichter der Agenten kennen, die gerade im Einsatz waren. Dann beendete Suarez seine Schicht und trat in die Nacht hinaus.
Um halb acht kam Beth in die Küche geschwankt. Sie trug ein T-Shirt, das ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte, und sah aus wie ein Zombie. Ein sehr hübscher Zombie, falls es so etwas gab. Und ein T-Shirt, das wenig ihres wohlgeformten Körpers verbarg.
Sie blickte sich suchend nach einem Telefon um.
»Ich muss Abby anrufen«, sagte Beth. »Sie wird bald zu Bett gehen. Ich muss sie anrufen.«
Neil tat eine Portion Lasagne in die Mikrowelle und stellte die Uhr auf zwei Minuten ein. Dann reichte er Beth sein Handy. »Für ihre Nummer drückst du die Stern-Taste, dann die acht. Sie hat den Vormittag bei ihrer Tante verbracht, zu Mittag bei McDonald’s gegessen und ist dann mit ihr in den Park gegangen, wo sie eine Stunde lang mit einem Shih-Tzu-Hündchen gespielt hat. Mrs. Stallings hat ein paar Besorgungen erledigt – Gemüsehändler, Reinigung und die Bibliothek –, danach ist Abby wieder mit
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