Puppenmord
während der Kochbeutel kochte. Er goß sich einen kräftigen Gin ein, füllte mit einem Spritzer Bitter Lemon auf und wanderte in der Küche herum. Und die ganze Zeit hatte er nur das Päckchen im Kopf, das da auf dem Abtropfbord lag und daraufwartete, daß er's aufmachte. Und unweigerlich würde er es aufmachen. Schon bloß aus Neugier. Er wußte es, und er wußte, daß sie es wußten, wo sie auch waren, und Sonntag abend würde Eva nach Hause kommen, und das erste, was sie täte, wäre, nach der Puppe zu fragen und ob er sich auch gut mit ihr amüsiert habe. Wilt goß sich noch ein bißchen Gin nach und dachte über den Nutzen der Puppe nach. Es mußte doch irgendeine Möglichkeit geben, das Ding dazu zu verwenden, den Spieß wieder gegen Eva zu wenden.
Als er seinen zweiten Gin hinter der Binde hatte, hatte ein Plan langsam begonnen, Kontur anzunehmen. Er drehte sich um die Puppe, ein Bohrloch und eine peinliche Prüfung seiner Charakterstärke. Sich vorzugaukeln, wie man seine Frau umbringen könne, war eine Sache. Ganz was anderes war es, das in die Tat umzusetzen, und dazwischen war alles unberechenbar. Am Ende des dritten Gins war Wilt entschlossen, den Plan auszuführen. Wenn's auch sonst nichts einbrächte, dann wenigstens doch den Beweis, daß er fähig sei, einen Mord zu begehen.
Wilt stand auf und packte die Puppe aus. In seinem inneren Zwiegespräch mit Eva erzählte sie ihm gerade, was geschähe, wenn Mavis Mottram von seinem widerlichen Betragen bei Pringsheims zu hören bekäme. »Die ganze Nachbarschaft würde sich über dich totlachen«, sagte sie, »darüber kämst du nie hinweg.«
Ach nein? Wilt lächelte betrunken in sich hinein und ging nach oben. Diesmal irrte Eva ausnahmsweise. Vielleicht kam er nicht darüber weg, aber Mrs. Eva Wilt war überhaupt nicht da, um schadenfroh zu sein. Denn sie wäre nämlich gar nicht mehr am Leben.
Im Schlafzimmer zog Wilt die Vorhänge zu, legte die Puppe aufs Bett und suchte nach dem Ventil, das er in der Nacht davor nicht gefunden hatte. Nun fand er es und holte eine Luftpumpe aus der Garage. Fünf Minuten später war Judy fabelhaft in Form.
Sie lag auf dem Bett und lächelte zu ihm auf. Wilt kniff die Augen zusammen und schielte zu ihr runter. Er .mußte zugeben, in dem Dämmerlicht sah sie fürchterlich lebendig aus. Plastik-Eva mit Mastixbusen. Jetzt mußte sie bloß noch angezogen werden. Er kramte ein paar Schubladen nach einem BH und einer Bluse durch, entschied, sie brauche keinen BH und griff zu einem alten Rock und ein Paar Strumpfhosen. In einem Pappkarton im Kleiderschrank fand er eine von Evas Perücken. Sie hatte natürlich mal ihre Perückenphase gehabt. Zum guten Schluß ein Paar Schuhe. Als er mit allem fertig war, lag Eva Wilts Ebenbild auf dem Bett und lächelte starr zur Decke hoch.
»Ein süßer Fratz«, sagte Wilt und ging in die Küche runter, um nachzusehen, was der Kochbeutel machte. Er war ein Qualmbeutel. Wilt drehte den Herd ab, ging aufs Klo unter der Treppe und überlegte sich seinen nächsten Schritt. Er würde die Puppe für die erste Probe aufs Exempel benutzen, so daß er, falls es dazu kam, schon an den ganzen Mordverlauf gewöhnt war und gefühllos handeln würde wie ein Automat. Töten aus bedingtem Reflex. Mord aus Gewohnheit. Außerdem wüßte er dann, wie er den ganzen Zauber zeitlich richtig einteilen müsse. Und daß Eva übers Wochenende mit Prings-heims weggefahren war, paßte ebenfalls ins Konzept. Nach diesem Muster würde sie demnächst öfter mal verschwinden.
Irgendwie würde er sie schon dazu bringen, es wieder und immer wieder zu tun. Und dann der Besuch beim Arzt.
»Ich kann halt bloß nicht schlafen, Herr Doktor. Meine Frau fährt dauernd weg und läßt mich allein, und ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, allein zu schlafen.« Ein Rezept für Schlaftabletten. Dann an dem gewissen Abend. »Heute abend mache ich dir die Ovomaltine, Liebes. Du siehst müde aus. Ich bring sie dir ans Bett.« Dankbarkeit, gefolgt von Schnarchen. Runter zum Auto .. .ziemlich früh war am besten ... ungefähr um halb elf... zur Schule rüber und runter ins Loch. Vielleicht in einem Plastiksack ... nein, kein Plastiksack. »Ich habe gehört, Sie haben kürzlich einen großen Plastiksack gekauft, Sir. Ob es Ihnen wohl was ausmacht, ihn uns zu zeigen?« Nein, besser, sie einfach so ins Loch runterzutun, das sie nächsten Morgen mit Beton füllten. Und schließlich ein fassungsloser Wilt. Er würde zu Pringsheims
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