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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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anderer Leute Frauen machten ihn zur Zielscheibe ihres Gelächters. Will wanderte mit zunehmender Entschlossenheit die Vorstadtstraßen lang, an Doppelhäusern mit kleinen Gärten vorbei. Er war's leid, der Spielball der Ereignisse zu sein. Ab sofort würden die Dinge geschehen, weil er's so wollte. Nicht mehr das Opfer von Mißhelligkeiten würde er sein, sondern ihr Anstifter. Sollte Eva nur kommen und was vom Zaune brechen. Er würde das Weibstück schon zur Strecke bringen.
    Wilt blieb stehen. Das war alles sehr gut reden. Das verdammte Weib hatte eine Waffe, die es ohne Zögern gebrauchen würde. Sie zur Strecke bringen, du liebe Zeit! Wenn irgend jemand zur Strecke gebracht würde, dann Wilt, und obendrein würde sie sein Techtelmechtel mit der Puppe bei allen Leuten, die sie kannte, herum tratschen. Nicht lange, und die Geschichte wäre auch an der Schule angekommen. In der Dunkelheit der Parkview Avenue erschauerte Wilt bei dem Gedanken. Das war das Ende seiner Karriere. Er ging durch die Gartenpforte von Nr. 34 und schloß die Haustür mit dem Gefühl auf, wenn er nicht sehr bald was Drastisches unternähme, wäre das sein Ende.
    Eine Stunde später lag er noch immer wach im Bett, hellwach, und rang mit dem Problem Eva, seines eigenen Charakters und wie er ihn ändern könne, damit er selbst ihn achten würde. Und was achtete er? Unter der Bettdecke ballte Wilt die Fäuste.
    »Entschlossenheit«, murmelte er, »die Fähigkeit, ohne Bedenken zu handeln, Mut.« Eine seltsame Litanei alter Tugenden. Aber wie konnte er sie sich heute noch erwerben? Wie hatte man Männer wie ihn zu Eisenfressern und berufsmäßigen Killern verwandelt? Durch Erziehung. Wilt lag im Dunkeln und dachte darüber nach, wie er sich zu dem erziehen könne, was er zweifellos nicht war. Als er einschlief, hatte er beschlossen, das Unmögliche zu versuchen.
    Um sieben klingelte der Wecker. Wilt stand auf, ging ins Bad und starrte sich im Spiegel ins Gesicht. Er war ein harter Mann, ein Mann ohne Gefühle. Hart, zielstrebig, kaltblütig und konsequent. Ein Mann, der keine Fehler machte. Er ging hinunter und aß sein Müsli und trank seine Tasse Kaffee. Eva war also nicht nach Hause gekommen. Sie war die Nacht bei Pringsheims geblieben. Na, das war doch was. Es machte ihm die Sache leichter. Bloß daß sie immer noch den Wagen und die Schlüssel hatte. Aber bestimmt ginge er nicht rüber und holte sich das Auto. Er ging zum Kreisel runter und erwischte den Bus zur Schule. Er hatte Maurer I in Raum 456. Als er reinkam, redeten sie gerade übers Studenten-Verkloppen.
    »Da war da dieser Student, geschniegelt wie 'n Kellner, ne? »Hättest du vielleicht die Gutes sagt er, »hättest du vielleicht die Güte, mir aus dem Weg zu gehen ?« Genau so, und dabei hab ich mir doch bloß in dem Schaufenster die Bücher angekuckt ...«
    »Die Bücher?« fragte Wilt ungläubig. »Um elf nachts hast du dir Bücher angesehen? Das glaube ich nicht.«
    »Magazine und Cowboybücher«, sagte der Maurer. »In 'm Ramschladen in der Finch Street.«
    »Die harn Pornohefte«, erklärte ein anderer, Wilt nickte. Das klang schon anders.
    »Und da sage ich: »Was für 'ne Güte soll ich haben?«« fuhr der Maurer fort, »und da sagt der: »Mir aus dem Weg zu gehn.« Ihm aus dem Weg. Als wenn die Scheiß Straße ihm gehört hätte.«
    »Was hast du da gesagt?« fragte Wilt.
    »Gesagt? Ich hab überhaupt nichts gesagt. Ich hab doch keine Worte an den verschwendet.«
    »Also was hast du gemacht?«
    »Jaa, ich hab ihm "n Tritt in den Arsch verpaßt. Hab ihm tüchtig welche verkachelt und aus. Dann bin ich verduftet. Jetzt gibt's wenigstens einen Scheiß Studenten, der einem nicht einfach sagt, man soll ihm aus 'm Weg gehn.«
    Die Klasse nickte beifällig.
    »Die sind alle verdammt gleich, diese Studenten«, sagte ein anderer Maurer. »Glauben, weil se Geld ham und auf die Uni gehn, könn se dich rumkommandiern. Die könnten alle mal 'ne richtige Tracht Prügel vertragen. Täte ihnen verdammt gut.«
    Will überlegte, wie sich wohl die Ausbildung zum Schläger als Studienfach an der Universität machte. Nach seinen Erfahrungen der letzten Nacht sprach ganz bestimmt einiges dafür. Der Hälfte der Leute auf der Pringsheim-Party hätte er gar zu gerne einen Tritt in den Hintern verpaßt.
    »Also findet keiner von euch, daß da was verkehrt ist, wenn ihr einen Studenten vermöbelt, wenn er euch über den Weg läuft?« fragte er.
    »Verkehrt?« sagten die Maurer wie aus einem

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