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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nicht bi ist. Da kommt einem doch der Kaffee hoch, aber das ist eben der Quark, auf den Eva reinfällt. Ich meine, sie würde sogar verfaulte Heringe kaufen, wenn irgend so ein Clown, der gesellschaftlich höher steht, ihr sagte, das wäre das Raffinierteste, was man essen könnte. Erzählt mir was von Leichtgläubigkeit!«
    »Es ist halt so, daß Eva einfach zu viel Energie hat«, sagte Betty. »Du solltest sie mal zu überreden versuchen, daß sie 'n Ganztagsjob annimmt.«
    »'n Ganztagsjob?« sagte Wilt. »Sie hat mehr Ganztagsjobs gehabt als ich warme Mahlzeiten. Natürlich, das besagt heutzutage nicht viel. Was ich kriege, ist immer bloß ein kaltes Abendbrot und ein Zettel, auf dem steht, daß sie zum Töpfern oder zur Transzendentalen Meditation oder etwas ähnlich Halbgarem gegangen ist. Und überhaupt ist Evas Vorstellung von einem Job, gleich die ganze Fabrik zu übernehmen. Erinnert ihr euch an Potters, diese Maschinenbaufirma, die vor ein paar Jahren nach einem Streik pleite ging? Also, wenn ihr mich fragt, war das Evas Schuld. Sie hatte so'n Job bei einer Beratungsfirma, die die Rentabilität untersuchte, und die schickten Eva in die Fabrik, und sofort darauf hörte man, daß sie streiken wollten.«
    Sie redeten noch eine Stunde weiter, bis Braintrees ihn aufforderten, zum Schlafen dazubleiben. Aber Wilt wollte nicht. »Ich hab morgen einiges zu erledigen.«
    »Und das wäre?«
    »Zum Beispiel den Hund füttern.«
    »Du kannst doch jederzeit rüberfahren und das tun. Clem wird über Nacht schon nicht verhungern.«
    Aber Wilt steckte zu tief im Selbstmitleid, um sich überreden zu lassen, und außerdem machte er sich noch immer wegen der Puppe Gedanken. Er könnte nochmal versuchen, das Ding aus dem Loch zu holen. Er fuhr heim und ging in einem Kuddelmuddel aus Laken und Decken zu Bett. Er hatte es am Morgen nicht gemacht. »Der arme, alte Henry«, sagte Betty, als Peter und sie nach oben gingen. »Er sah ja ziemlich grauslich aus.«
    »Er sagte, er hatte 'ne Panne und mußte das Rad wechseln.«
    »Ich meinte nicht seine Sachen. Sein Gesichtsausdruck hat mir Angst gemacht. Meinst du nicht auch, er ist kurz vorm Zusammenklappen ?«
    Peter Braintree schüttelte den Kopf. »Du sähst auch so aus, wenn du zehn Jahre jeden Tag deines Lebens Gasinstallateure III und Gipser II hättest und dir dann deine Frau wegliefe«, sagte er.
    »Warum lassen sie ihn nicht was Besseres unterrichten?«
    »Warum? Weil die Berufsschule unbedingt 'ne Berufsfachschule werden soll, und sie dauernd neue Leistungskurse einrichten und nur Leute mit -'m Doktor als Lehrer einstellen, für die sich dann keine Schüler melden, und also sind sie vollgepfropft mit Spezialisten wie Dr. Fitzpatrick, der alles weiß, was man über die Kinderarbeit in vier Baumwollspinnereien in Manchester im Jahre 1837 wissen kann, und sonst gar nichts. Stell den vor eine Klasse Lehrlinge, die einen Tag für die Schule frei gekriegt haben, und es war der Teufel los. Ich muß sowieso einmal die Woche in seine FortgeschrittenenKlassen rein und denen sagen, sie sollten gefälligst die Schnauze halten. Henry dagegen wirkt sanft, aber er wird mit Rowdies fertig. Er ist sehr gut in seinem Job. Das ist seine Schwierigkeit, und außerdem ist er kein Arschlecker, und das ist an der Schule dein Tod. Wenn du niemandem den Arsch leckst, kommst du nicht vorwärts.«
    »Weißt du«, sagte Betty, »der Unterricht dort hat Schreckliches mit deiner Ausdrucksweise angerichtet.«
    »Er hat Schreckliches mit meiner Lebensauffassung angerichtet, von meiner Ausdrucksweise ganz zu schweigen«, sagte Braintree. »Es langt, daß ein Mann zum Trinker wird.«
    »Bei Henry sieht's ganz so aus. Er stank nach Gin aus dem Mund.«
    »Er kommt schon drüber weg.«
    Aber das tat Wilt nicht. Er wachte am Morgen mit dem Gefühl auf, irgendwas laufe verkehrt, von Eva mal ganz abgesehen. Diese verfluchte Puppe. Er lag im Bett und versuchte, darüber nachzudenken, wie er das Ding beseitigen könne, ehe die Arbeiter am Montagmorgen auf die Baustelle kamen, aber außer daß er eine Kanne Benzin in das Loch gießen und anzünden könnte, was bei näherer Überlegung der allerbeste Weg schien, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß er eine Plastikpuppe in den Kleidern seiner Frau da reingeschmissen hatte, fiel ihm nichts Brauchbares ein. Er mußte halt auf sein Glück vertrauen.
    Als die Sonntagszeitung kam, stand er auf, ging runter und las sie neben seinem Müsli. Dann fütterte er den Hund und

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