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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Augen und erschauerte. Sie hatten diese verfluchte Bumspuppe gefunden.
    Auf der Baustelle draußen knallten die Mißverständnisse aufeinander.
    »Was ist los? Ich schütte so schnell, wie ich kann«, schrie der Fahrer, der die wilden Zeichen des Poliers falsch verstand. Er zog den Hebel noch weiter raus, und die Betonflut stieg. Im nächsten Moment war ihm klar, daß er irgendeinen Fehler gemacht hatte. Der Polier riß an der Führerhaustür und schrie Zeter und Mordio.
    »Halt, um Gottes willen, halt«, schrie er. »Eine Frau ist in dem Loch unten!«
    »Eine was?« fragte der Fahrer und stellte den Motor ab.
    »Eine Frau, verdammte Scheiße, da, sieh dir an, was du verflucht nochmal gemacht hast. Ich sage dir, halt, ich sage dir, keinen Beton mehr, und du machst weiter. Du hast einfach so zwanzig Tonnen flüssigen Beton auf sie gekippt.« Der Fahrer stieg aus seinem Führerhaus und ging zu der Schütte, von der noch die letzten Zementbröckchen gemächlich in das Loch rutschten. »Eine Frau?« sagte er. »Was? Da unten? Was macht sie da?«
    Der Polier starrte ihn wie besessen an. »Macht?« brüllte er, »was meinst du, was sie da macht? Was würdest du denn machen, wenn gerade zwanzig Tonnen flüssiger Beton auf dich drauf geplumpst wären? Elend ersaufen tätste.«
    Der Fahrer kratzte sich am Kopf. »Ja, also, ich habe ja nicht gewußt, daß sie da unten ist. Wie sollte ich denn das wissen? Hättste mir sagen sollen.«
    »Dir sagen?« kreischte der Polier. »Habe ich dir doch gesagt. Ich hab dir gesagt, du sollst aufhören. Du hast nicht zugehört.«
    »Ich dachte, du wolltest, daß ich schneller schütte. Ich könnt nicht hören, was du gesagt hast.«
    »Also, alle anderen Arschlöcher konnten«, zeterte der Polier.
    Wilt in Raum 593 allerdings auch. Er hatte erregt aus dem Fenster gestarrt, während die Panik sich ausbreitete. Neben ihm hatte KFZ III jedes Interesse an »Shane« verloren. Sie klebten dichtgedrängt am Fenster und glotzten.
    »Bist du ganz sicher?« fragte der Fahrer.
    »Sicher? »'türlich bin ich sicher«, schrie der Polier. »Frag Barney.«
    Der andere Arbeiter, offensichtlich Barney, nickte. »Sie war da unten, klar. Kann ich beeiden. Ganz zusammengekrumpelt war sie. Sie streckte eine Hand in die Luft hoch und ihre Beine waren ... «
    »Ogottogott«, sagte der Fahrer, sichtlich erschüttert. »Zum Teufel, was machen wir denn jetzt?« - Das war die Frage, die Wilt schon die ganze Zeit quälte. Die Polizei rufen, vermutlich. Der Polier bestätigte ihm seine Ansicht.
    »Die Bullen holen, 'n Krankenwagen holen. Die Feuerwehr holen und 'ne Pumpe holen. Um Gottes willen, holt 'ne Pumpe.«
    »Pumpe taugt nix«, sagte der Fahrer, »du kannst den Beton da nie rauspumpen, nie im Leben. Sowieso würde's nix nützen. Sie ist doch inzwischen tot. Totgequetscht. Ersäuft doch nicht mit zwanzig Tonnen Beton drauf. Warum hat sie bloß nix gesagt?«
    »Hätte das was geändert, wenn sie was gesagt hätte«, fragte der Polier heiser. »Du hättest trotzdem weitergeschüttet.«
    »Also, wie ist sie da überhaupt runtergekommen?« fragte der Fahrer, um das Thema zu wechseln.
    »Woher soll ich verflucht nochmal das'n wissen? Sie muß reingefallen sein ... » »Und wohl die Bretter wieder drübergezogen haben«, sagte Barney, der offenbar praktisch denken konnte. »Sie ist verdammt nochmal umgebracht worden.«
    »Das wissen wir doch alle«, kreischte der Polier. »Von Chris hier. Ich habe ihm gesagt, er soll nicht mehr weiterschütten. Ihr habt's gehört. Jeder 'ne halbe Meile weit muß es gehört haben, bloß Chris nicht. Nein, er muß weitermachen . . .«
    »Sie ist ermordet worden, ehe sie ins Loch geschmissen wurde«, sagte Barney. »Die Holzabdeckung war nicht dagewesen, wenn sie selber reingefallen war.«
    Der Polier wischte sich das Gesicht mit einem Taschentuch und sah auf das Bretterviereck. »Das stimmt«, murmelte er. »Keiner kann sagen, wir hätten keine ordentlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Du hast recht. Sie muß ermordet worden sein. O mein Gott!«
    »Lustmord, höchstwahrscheinlich«, sagte Barney. »Erst vergewaltigt, dann erwürgt. Das, oder es war die Geliebte von jemand. Denkt an meine Worte. Sie war völlig zusammengekrumpelt, und diese Hand .. . Diese Hand vergeß ich nie, und wenn ich hundert werde.«
    Der Polier starrte ihn kreidebleich an. Er schien außerstande mitzuteilen, was er empfand. Wilt auch. Er ging wieder an sein Pult und saß da, den Kopf in die Hände gestützt,

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