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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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regelmäßig an und komme regelmäßig vorbei.«
    Sie wäre also allein. Den ganzen Tag allein. Ohne Beschäftigung. Allein…
    »Ja.«
    »Was ja?«, fragte er und sah verwundert zu ihr herüber.
    »Ich hab Hunger.«
    Er lachte und sie musste sogar auch ein bisschen lachen.
    Sie ließ ihn am Drive In für sich einen Big Mac, Pommes und eine große Cola bestellen. Er nahm für sich das Gleiche.
    Es gefiel ihr, dass sie im Auto zusammen aßen. Gern hätte sie ihm etwas Lustiges erzählt, weil er so nett aussah, wenn er lachte. Aber ihr wollte einfach nichts einfallen. Ich hab schon lang nicht mehr richtig gelacht, dachte sie, obwohl sie für Stephen oft so getan hatte, als müsste sie über seine Witze oder die der anderen lachen, wenn sie zusammen ausgingen.
    Tim erzählte ihr von seinen Brüdern, wie er mit ihnen früher an Essenswettkämpfen teilgenommen hatte. Wer schaffte die meisten hart gekochten Eier? Die meisten Würstchen oder die meisten Chips. »Ich hab achtzehn Tüten geschafft und gewonnen. Und dann gab’s einen Preis: eine Riesenpackung Chips!« Er lachte. »Ich hab seitdem keine Tüte mehr angerührt. Wirklich!«
    Sie lachte und da merkte sie, dass er sie betrachtete und verstummte.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Ach nichts«, sie zuckte die Schultern. Und dann kam sie wieder, diese Traurigkeit, die sie niederdrückte, tief hinunter in eine dunkle, einsame Schlucht.
    »Glaub mir, es wird alles gut, bestimmt!« Er knüllte den Müll zusammen und stopfte alles in die McDonald’s- Tüte. Wie gern sie ihm geglaubt hätte. Aber sie wusste, dass es nicht stimmte.

11
    Das Apartment befand sich im zweiten und zugleich obersten Stockwerk eines modernen, schmucklosen Hauses in einer ruhigen Wohngegend. So einer, in der sie früher auch gewohnt hatte. Das Haus hatte man wohl vor Jahren in Pistaziengrün angestrichen, inzwischen war es jedoch verwaschen und verblasst. Fünf weitere Parteien wohnten hier, aber zurzeit standen außer ihrer Wohnung im zweiten Stock noch zwei weitere leer, erklärte Tim und schulterte ihre Tasche. Sie folgte ihm über die Waschbetonplatten durch den kleinen Vorgarten mit den niedrigen Büschen hin zur Haustür. Als er aufschloss, schlug ihr der Geruch nach chinesischem Essen entgegen und sofort rebellierten ihre Magennerven.
    »Alles okay?«, fragte Tim und sah sie besorgt an.
    »Der Geruch…«
    »Ja?«
    »Wenn es in der Wohnung auch so riecht…« In seinem Auto hatte es auch so gerochen. Auf der Rückbank hatten leere Essensschachteln vom Chinesen gelegen und auch im Kofferraum war dieser Geruch gewesen. Nie, niemals würde sie ihn vergessen. »Es ist…«
    Er nickte und sah sie verständnisvoll an. »Schon gut. Wir checken das.« Er ging voran, nahm zwei Stufen auf einmal. Sie würde den Geruch nicht aushalten. Unmöglich…
    Er zog den Schlüsselbund aus der Hosentasche, schloss die Tür auf und knipste das Licht an. Vorsichtig setzte sie einen Fuß über die Schwelle und schloss danach gleich die Tür. »Und?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. Nein, es roch zum Glück bloß nach einer schon länger nicht mehr bewohnten Wohnung. Nach Staub und alter Luft.
    »Gut, dann können wir ja den Palast besichtigen!« Er machte lächelnd eine einladende Geste.
    Die Wohnung bestand aus einem Schlaf- und einem Wohnzimmer mit Küche. Das Bad befand sich gleich an der Eingangstür. Die Couch war aus Leder und abgesessen, die Tapeten altmodisch und auf dem beigen Teppich waren genug Flecken, dass man ihn längst hätte ersetzen müssen. Aber offenbar wohnte ja selten jemand hier. Und diejenigen, die hier wohnten, hatten wohl andere Sorgen.
    »Zugegeben. Es ist nicht gerade gemütlich«, Tim seufzte. »Leider haben wir im Moment nichts anderes gekriegt. Aber…«
    ». . . es ist ja nur vorübergehend«, beendete sie seinen Satz.
    Er lächelte dankbar. »Und es gibt einen Balkon.«
    Sara hasste Balkone, aber das würde sie jetzt nicht sagen.
    Tim lief noch einmal die Treppe hinunter zum Auto und kam mit dem Aufzug zurück. Er stellte die Einkäufe in der Küche ab. Dann verabschiedete er sich und speicherte seine Nummer in das geheime Handy ein. »Du kannst mich jederzeit anrufen. Auf der Eins. Entweder bin ich sofort dran oder ein Kollege. Ist das okay? Fühlst du dich damit sicher?«
    »Ja«, hatte sie aus Höflichkeit geantwortet und weil er so bemüht und so nett war. Und wie hätte sie ihm auch erklären können, dass verriegelte Türen, anonyme Wohnungen und Notrufhandys nur einen

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