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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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kleinen Teil ihrer Angst nahmen? Und nichts gegen den tiefen, einsamen Abgrund in ihr ausrichten konnten.
    Als sie allein war, ließ sie sich auf die verschlissene Ledercouch sinken und schloss die Augen. Warum konnte nicht alle Anspannung der letzten Tage einfach von ihr abfallen? Sie hatten ihr doch versichert, dass ihr hier nichts passieren konnte.
    Sara kannte die Antwort. Es lag nicht nur daran, dass er frei dort draußen herumlief. Es war nicht nur die Angst, die sie quälte. Es war ihre Einsamkeit. Niemand war bei ihr, um das gemeinsam mit ihr durchzustehen. Sie war allein.
    Sie ließ den Gedanken an Stephen einfach zu. Rief sich sein Gesicht vor Augen. Sah sein Lachen, das dem von Tim ein wenig ähnelte. Genauso sorglos, genauso aufmunternd, genauso… liebevoll. Hat Tim mich nicht auch ein bisschen liebevoll angesehen?
    Quatsch!, schalt sie sich ärgerlich. Wunschdenken! Das hast du dir eingebildet!
    Sie hatte ihn zwar nicht gefragt, aber sie hatte den Goldring an seiner Hand gesehen. Natürlich wartete seine Frau zu Hause auf ihn, deshalb hat er es so eilig gehabt wegzukommen. Sonst hätte er doch auch noch länger bleiben können. Wir hätten ein bisschen gequatscht, vielleicht zusammen ferngesehen oder die DVD-Sammlung durchgeschaut. Vielleicht interessiert er sich ja für Filme oder für Bücher oder für Reisen…?
    Sara seufzte. Sie hatte jegliches Interesse an normalen Dingen verloren. Weil ihr ganzes Leben nur um eine Sache kreiste. Sie dachte wieder an die Wohnung in Sydney, an Stephen…
    Er hatte es nicht verdient, so verlassen zu werden, so plötzlich, so ohne Erklärung, so ohne Abschied… Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihn mit den paar Zeilen abzuspeisen?
    Lieber Stephen, schrieb sie in Gedanken einen neuen Brief an ihn.
    Hasst du mich? Quälst du dich schon mit der Frage, was du falsch gemacht hast? Hast du den Abschiedsbrief, diesen blöden Wisch, schon zerrissen? Grübelst du darüber nach, was ich dir damit sagen wollte?
    Ach, Stephen, manchmal hast du es tatsächlich geschafft, mich mit deiner guten Laune und deiner Unbeschwertheit anzustecken. Und weißt du, was? Ich hab mich bei dir aufgehoben gefühlt. Du hast mich oft nicht verstanden, ja, nicht verstehen können – wieso auch? Ich habe dir ja nie erklärt, warum ich mich so verhalten habe, oft so in mich gekehrt, so verschlossen und ängstlich war. Du hast nichts falsch gemacht, es lag an mir.
    Ich durfte dir nicht die Wahrheit über mich sagen. Die Wahrheit könnte tödlich für mich sein – aber wie hätte ich dir das erklären sollen? Du weißt nicht, wie es ist, wenn man gezwungen wird, sein altes Leben zu vergessen.
    Er hat es geschworen, die Worte mit den Lippen geformt, im Gerichtssaal, ich wollte nicht hinsehen, aber etwas zwang mich, es doch zu tun. Ich krieg dich, Puppe! Ich krieg dich!
    Zuerst hab ich nur Angst gehabt vor dem Tag in fünfundzwanzig Jahren, wenn er wieder freigelassen würde. Aber dann kamen die Drohungen per Telefon, per Post und einen Monat nach der Verurteilung habe ich meinen Hund Dexter tot aufgefunden. Er war vergiftet worden. Jemand hatte ihm eine Wurst mit Rattengift gefüttert.
    Da haben sie mir einen neuen Namen gegeben. Einen neuen Pass. Eine neue Geschichte. Meine Freunde existierten nicht mehr, offiziell verreiste ich nach Europa – und meldete mich nicht mehr. Die Geschichte einer treulosen Tomate.
    Kannst du dir vorstellen, wie es ist, keine Freunde mehr zu haben? Mit der besten Freundin nie wieder lachen zu dürfen?
    Sie nie wieder anrufen, nie mehr mit ihr in Kontakt treten zu dürfen? Doch es gab keine andere Möglichkeit, haben sie gesagt. Denn was, wenn einer seiner Kumpane meine beste Freundin bedroht hätte, damit sie ihm meine neue Adresse verrät? Das Risiko durfte man nicht eingehen. Es hätte meinen Tod bedeuten können.
    Ich hab Angst gehabt. Ich wollte es dir sagen – auch wenn es verboten ist –, aber dann hast du die Sache mit deinem Vater erzählt und da wusste ich, dass ich alles zwischen uns kaputt machen würde. Also hab ich nichts gesagt.
    Du hättest mich zu Recht als Lügnerin und Heuchlerin bezeichnet. Mit jedem Tag wiegen die Lügen schwerer, das kannst du mir glauben. Sie drücken mich nieder und machen mich traurig. Noch nicht einmal weinen kann ich mehr.
    Kannst du dir vorstellen, dass ich früher immer total lustig war? Dass ich wie ein Wasserfall geredet habe? Dass ich wie andere in meinem Alter mit Freundinnen shoppen ging? Ja, dass ich sogar surfen

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