Puppenrache
eindringlich.
Stephen schluckte noch einmal und gab sich dann einen Ruck. »Ich… hab nicht gefragt.«
»Wie?« Seine beiden Kumpel starrten ihn ungläubig an.
»Ich… ich war so geschockt… ich wollte nur weg… nur weg…«, stammelte Stephen und sah auf den Boden. Er fühlte sich so elend.
Van fuhr sich übers Gesicht. »Mann, aber so ganz krieg ich das noch nicht zusammen. Der Typ bricht aus dem Knast aus und steht vor eurem Haus und fragt nach Sara…«
Stephen merkte, wie der Boden unter seinen Füßen schwankte. Das durfte alles nicht wahr sein.
»Mann, Stephen, dann ist doch wohl klar, dass sich Sara das nicht nur eingebildet hat, dass sie verfolgt wird! Es war der Typ aus dem Klub!« Van schnaubte wieder. »Er ist hinter ihr her! Warum auch immer!«
»Mann…« Dean schüttelte fassungslos den Kopf.
Stephen ballte die Fäuste vor Wut. »Dieses Schwein! Er hat Sara gekannt! Und als er sie nicht gekriegt hat… ist ihm vielleicht dieses andere Mädchen über den Weg gelaufen!«
Van nickte langsam. »Ja…«
Stephen starrte einen kurzen Augenblick gedankenverloren aufs Meer hinaus, ehe er sich umwandte und Van direkt in die Augen sah. »Du musst zur Polizei! Und zwar sofort.«
An der Haltestelle warteten an diesem Abend zwei Mädchen, der Mann im Anzug, der wieder telefonierte, und der junge Typ mit dem iPod. Als er sie sah, lächelte er sie an. Sara nickte ihm nur zu und sah dann demonstrativ die Straße hinunter.
»Hoffentlich keine Verspätung«, sagte er dennoch und lächelte etwas unsicher.
Sie nickte wieder.
Er nahm die Stöpsel aus den Ohren. »Manchmal steht man hier echt lang rum, ehe die nächste Bahn kommt.«
»Hm.« Was soll das, will er mir jetzt hier unbedingt ein Gespräch aufzwingen?, dachte Sara genervt.
Er schwieg, steckte sich die Stöpsel aber nicht wieder in die Ohren. »Ich bin erst hierher gezogen.« Er kratzte sich im Nacken.
»Hm«, machte sie wieder. Wann kapiert er endlich, dass ich mich nicht unterhalten will?
»Hab einen Job gekriegt. Lagerarbeit. Kartons packen und so«, redete er weiter.
Sie nickte mehrmals, erwiderte aber immer noch nichts. Langsam müsste er es doch merken.
»Und, was machst du?«, wollte er wissen.
Er merkte es offensichtlich nicht.
Ihre Hand zeigte nachlässig über ihre Schulter. »Supermarkt.«
Unwillkürlich drehte sie sich um, als müsste sie sich vergewissern, dass der Supermarkt noch existierte. Die Schaufenster leuchteten.
»Und, guter Job?«, fragte er.
»Hat gute und schlechte Seiten«, sagte sie gleichgültig.
»Ich hab mal für ein paar Wochen in den Ferien die Regale aufgefüllt«, sagte er. »Am zweiten Tag konnte ich schon keine Cornflakes mehr sehen.« Er lächelte und wurde ein bisschen rot.
»Bin an der Kasse«, erklärte sie unbeeindruckt von seiner nicht gerade besonders lustigen und ausgefeilten Anekdote.
»Da musst du gut rechnen können.«
»Nö. Steht immer genau drauf, was ich rausgeben muss. Keine Kunst.«
»Verstehe«, murmelte er.
Botschaft angekommen, dachte sie erleichtert und wandte sich wieder der Straße zu. Dicht an dicht krochen die Autos über die vierspurige Fahrbahn. In den meisten Autos saß nur der Fahrer. Manche telefonierten, andere starrten bloß geradeaus. Sara wippte ungeduldig auf den Ballen vor und zurück.
Endlich kam die Straßenbahn. Ohne ihn weiter zu beachten, stieg sie ein und setzte sich neben einen älteren, Zeitung lesenden Mann. Der Typ ging weiter und setzte sich auf einen Platz im hinteren Teil des Wagens.
Obwohl sie genervt von ihm gewesen war, tat ihr ihre unwirsche Art gerade doch irgendwie leid. Er hat dich angesprochen, na und? Ich muss entspannter werden, sagte sie sich selbst.
Beim Aussteigen hielt sie sich also zurück, um nicht gleich kopfüber loszurennen.
»Warte!«, rief er ihr dann auch tatsächlich hinterher.
Sie blieb stehen. Das hatte sie nun davon.
»Ich heiße Chris.«
»Becky«, log sie und wollte weiter.
»Wohnst du hier in der Gegend, Becky?«
Eine Alarmglocke schrillte in ihrem Kopf. »Wieso?«
»Sorry, ich wollte…«
»Was?«, fragte sie nicht besonders freundlich.
»Ich hab gedacht, wenn du willst, also… ich meine, wenn du nichts Besseres vorhast, könnten wir was trinken gehen.«
Sie starrte ihn an. Panik keimte in ihr auf. Nein, wollte sie sagen, doch da redete er schon weiter.
»Wir könnten ein bisschen… quatschen.« Auf seinem Hals waren nun rote Flecken zu sehen. Er war ganz schön nervös.
Sara steckte die Hände in die
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