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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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ruhiger und ihre Zunge klebte nicht mehr. Erleuchtete Schaufenster zogen an ihr vorbei, Menschen mit Einkaufstüten, Autos, ein Mann mit Kinderwagen, ein Kind mit einem weiß-schwarz getupften Hund, ein Mädchen mit Rucksack… Das normale Leben.
    Ich könnte ewig so fahren, dachte sie. Hier in der Straßenbahn fühlte sie sich sicher. Schade, dass sie hier drin nicht wohnen konnte. Vor der leeren, stillen Wohnung graute ihr. Ich könnte Tim anrufen. Wenn er da ist, fühle ich mich auch sicher. Aber kann ich das von ihm verlangen? Schließlich ist nichts passiert, ja, es hat nicht mal den geringsten Hinweis darauf gegeben, dass etwas passieren würde. Und außerdem ist er erst gestern Nacht da gewesen.
    Aber da war diese Sehnsucht in ihr, nach Wärme und Nähe und einem Menschen, vor dem sie keine Geheimnisse haben musste. Eine Ewigkeit, so kam es ihr vor, dachte sie darüber nach. Schließlich rief sie ihn an.
    Es war kein Problem für ihn und er sagte, dass er gleich in der Wohnung wäre. Das beruhigte sie.
    Das mit dem Job war eine schlechte Idee. Ich gehe nicht mehr hin, beschloss sie und starrte auf ihr bleiches Gesicht, das sich im Fensterglas spiegelte.
    »Stephen? He, Kumpel?«, hörte er Vans Stimme aus dem Wohnzimmer. Er hatte es gerade noch zur Toilette geschafft.
    »Ist schon wieder okay«, sagte er, als er zurückkam und sich auf die Couch setzte. »Nur, bitte«, er deutete auf die Pappschachtel mit den Pizzaresten, »weg damit.«
    Dean legte sie hinter den Sessel und Van warf Stephen einen besorgten Blick zu. »Bist du sicher, dass du alles wissen willst, was die Klatschpresse hier schreibt?«, fragte Van ihn.
    »Fang an!«, sagte Stephen.
    Van räusperte sich. »Also gut, ich lese vor, passt auf:
    ›Mädchen entkommt Vergewaltiger
    Sydney
    Gestern wurde in den frühen Morgenstunden auf dem Gelände des Lagerhauses an der McLaughlan Avenue ein Mädchen von einem Streifenwagen aufgegriffen. Die fünfzehnjährige Tess M. war halb bekleidet und in einem Schockzustand. Laut ihrer Aussage war sie mit Freundinnen in mehreren Bars in der Oxford Street unterwegs gewesen und hatte sich gerade verabschiedet, als ein junger Mann auf sie zukam. Sie berichtete, dass er ihren Namen kannte und behauptete, ihre Mutter habe ihn geschickt, um sie abzuholen, da angeblich die Taxifahrer streikten. Er gab sich als streikbrechender Taxifahrer aus und sie folgte ihm schließlich zu seinem Wagen, einem dunkelroten Holden, der, wie sich später herausstellte, gestohlen war. Als er eine andere Route als die zu ihr nach Hause nahm, wurde sie argwöhnisch, doch da fuhr der Mann bereits zur Lagerhalle.
    Dort stellte er den Motor ab und zwang sie zu sexuellen Handlungen. Danach legte er ihr einen Gürtel um den Hals und würgte sie. »Er wollte mich umbringen!«, sagte Tess bei der Polizei aus. Ihr gelang die Flucht, nachdem sie ihrem Peiniger mit einem Springmesser eine Verletzung zugefügt hatte. Sie lief auf die McLaughlan Ave, wo sie von einem Streifenwagen aufgegriffen wurde.
    Als die Polizisten zur Lagerhalle fuhren, war der Täter mit dem Wagen jedoch bereits verschwunden. Am Morgen darauf wurde er von einem Polizisten auf einem Parkplatz an der Kidman Road gefunden.
    Laut bisherigem Kenntnisstand wird der vierundzwanzigjährige Troy H. verdächtigt, der vor drei Tagen aus dem Gefängnis in Queensland geflohen ist. Troy H. war wegen fünffacher Vergewaltigung und dreifachen Mordes zu einer Gefängnisstrafe von fünfundzwanzig Jahren verurteilt worden. Troy H. ist bewaffnet und äußerst brutal. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.‹«
    Stephen fühlte wieder ein Würgen in der Kehle.
    »Ich scroll mal runter«, sagte Van und sah gespannt auf den Bildschirm. »Hier!«
    Stephen blickte in ein sympathisches Gesicht. Die Augen sahen aus, als wollten sie dem Betrachter gleich zuzwinkern, ein Mundwinkel hob sich leicht nach oben, sodass es wie ein Grinsen wirkte. Sah so ein Verbrecher aus? Zunächst konnte Stephen kaum eine Ähnlichkeit zu dem Gesicht erkennen, das ihm die Polizei gezeigt hatte und das ihm bekannt vorgekommen war. Doch je länger er sich in den Anblick vertiefte, umso mehr veränderte sich das Gesicht. Das angedeutete Augenzwinkern konnte genauso gut ein verschlagenes Augenzusammenkneifen werden und der grinsende Mund bekam etwas Grausames. Und erst jetzt fiel Stephen auch die scharfe Narbe auf, die sich vom Mund bis hinunter zum Kinn zog.
    »Das war der Typ vor eurem Haus«, stellte Van fest,

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