Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Rebus über den Rand seiner Brille hinweg an. »Möchten Sie auch wissen, ob s ämtliche Kisten von ein und derselben Person stammen?«
Wieder nickte Rebus.
»Diese Arbeit hier ist etwas gröber«, sagte Patullo und hielt den Glasgower Sarg empor. »Auch das Holz ist verschieden. Die anderen sind aus Kiefer, der hier ist aus Balsa. Aber die Fugen sind identisch und die Maße ebenfalls.«
»Dann hat sie also ein und dieselbe Person angefertigt?«
»Wenn ich nicht mein Leben darauf wetten muss - ja.« Dann nahm Patullo einen anderen Sarg in die Hand. »Der hier hat allerdings andere Proportionen. Und auch die Fugen sind nicht so sorgfältig gearbeitet. Entweder ist das Stück in großer Eile gemacht worden, oder es stammt von jemand anderem.«
Rebus betrachtete den Sarg. Es handelte sich um das Exemplar aus Falls.
»Dann stammen die Särge also mindestens von zwei verschiedenen Personen?«, fragte Wylie. Als Patullo nickte, atmete sie hörbar aus und verdrehte die Augen. Zwei Verdächtige: Das bedeutete zum einen doppelt so viel Arbeit und verringerte zum anderen die Chance, dass sie am Ende überhaupt etwas erreichen würden.
»Also eine Kopie?«, fragte Rebus.
»Kann ich nicht genau sagen«, entgegnete Patullo.
»Da wir gerade beim Thema sind...« Jean Burchill ließ die Hand in ihrer Umhängetasche verschwinden, brachte eine Schachtel zum Vorschein und öffnete sie. In dem Behältnis befand sich, in weiches Papier eingeschlagen, einer der Särge vom Arthur's Seat. Rebus hatte Jean gebeten, eines der Exponate mitzubringen, und jetzt bedeutete sie ihm mit einem vielsagenden Blick, worauf sie ihn bereits in dem Cafe hingewiesen hatte: dass sie ihren Job aufs Spiel setzte. Falls nämlich herauskam, dass sie ein Exponat aus dem Museum entfernt hatte, oder falls der Sarg beschädigt wurde, musste sie mit ihrer fristlosen Kündigung rechnen. Rebus signalisierte ihr durch seinen Gesichtsausdruck, dass er sie verstanden hatte. Dann stand sie auf und legte den Sarg auf den Schreibtisch.
»Ein hoch empfindliches Stück«, sagte sie zu Patullo. Auch Devlin war jetzt aufgestanden, und Wylie hatte sich ebenfalls erhoben, damit sie besser sehen konnte.
»Großer Gott«, flüsterte Devlin, »gehe ich recht in der Annahme...?«
Jean nickte bloß. Patullo rührte den Sarg nicht an, er beugte sich vielmehr so tief herab, dass er das Exponat direkt vor Augen hatte.
»Unsere Frage lautet nun«, sagte Rebus, »ob die Särge die Sie soeben in Augenschein genommen haben, nach diesem Modell gefertigt sein könnten.«
Patullo rieb sich die Wange. »Bei dem Sarg hier handelt es sich um ein sehr schlichtes Modell. Gut gemacht, zweifellos, aber die Seitenwände sind deutlich steiler angesetzt. Auf jeden Fall haben wir es hier nicht mit der heute üblichen Sargform zu tun. Der Deckel ist mit Eisenbeschlägen verziert.« Wieder rieb er sich die Wange, richtete sich auf und stützte
sich mit einer Hand auf die Schreibtischkante. »Nein, meiner Ansicht nach sind die übrigen Särge keine Kopien dieser Arbeit. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Ich habe noch nie eines der Exponate außerhalb des Museums gesehen«, sagte Devlin und nahm Patullos Platz ein. Dann blickte er mit strahlenden Augen zu Jean Burchill. »Wissen Sie, ich habe nämlich eine Theorie darüber, wer die Särge gemacht hat.«
Jean hob eine Augenbraue. »Und, was glauben Sie, wer es gewesen ist?«
Devlin sah Rebus an. »Erinnern Sie sich noch an das Porträt, das ich Ihnen gezeigt habe? Dr. Kennet Lovell?« Als Rebus nickte, wandte Devlin sich wieder in Jeans Richtung. »Der Anatom, der damals Burke seziert hat. Meiner Meinung nach hat er wegen dieser Geschichte später unter Schuldgefühlen gelitten.«
Jean schien interessiert. »Hatte er denn Leichen von Burke gekauft?«
Devlin schüttelte den Kopf. »Jedenfalls gibt es dafür keinen historischen Beleg. Aber wie die meisten Anatomen seiner Zeit dürfte er etliche Leichen erstanden haben, ohne sich im Einzelnen nach deren Herkunft zu erkundigen. Die Sache ist nämlich die«, sagte Devlin und benetzte sich mit der Zunge die Lippen, »Dr. Lovell war begeisterter Amateurtischler.«
»Professor Devlin besitzt einen Tisch, den Lovell gemacht hat«, setzte Rebus Jean ins Bild.
»Lovell war ein anständiger Mann«, fuhr Devlin fort, »und ein guter Christ.«
»Dann hat er also die Särge zum Andenken an jene Toten geschreinert, die er selbst seziert hatte?«, fragte Jean.
Devlin zuckte mit den Achseln und blickte
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