Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
sie mit ihren Ermittlungen einen solchen Punkt erreicht hatten, zweifelte allerdings daran, dass er Wylie zum Mitziehen überreden konnte.
Und das konnte er ihr noch nicht mal zum Vorwurf machen.
»Würden Sie die Berichte noch ein letztes Mal für mich durchsehen?«, fragte er Devlin.
»Natürlich, gerne«, sagte der alte Mann und nickte.
»Und vielleicht noch einmal mit den Pathologen sprechen, die damals mit beiden Fällen befasst waren. Manchmal haben diese Leute nämlich ein erstaunlich gutes Gedächtnis...«
»Aber selbstverständlich.«
Rebus sah Ellen Wylie an. »Und Sie erstatten am besten Hauptkommissarin Templer Bericht. Erläutern Sie ihr, was wir alles unternommen haben. Und dann können Sie sich sicher bei der Fahndung nützlich machen.«
Wylie richtete sich im Sitzen auf. »Soll das heißen, dass Sie weitermachen?«
Rebus lächelte müde. »Ich bin kurz davor aufzugeben. Nur noch ein paar Tage.«
»Und was versprechen Sie sich davon?«
»Ich möchte mich selbst davon überzeugen, dass ich mich mit meinen Vermutungen getäuscht habe.«
Der Blick, mit dem ihn Jean von der anderen Seite des Tisches aus bedachte, bekundete, dass sie ihn nur zu gerne getröstet, ihm die Hand gedrückt, ein paar nette Worte mit ihm gesprochen hätte. Doch er war froh, dass sie nicht allein am Tisch saßen. Denn sonst hätte er vielleicht irgendeinen Schwachsinn erzählt und womöglich behauptet, dass er auf diese Art von Trost gut verzichten könnte.
Es sei denn, dass Trost und Vergessen ein und dasselbe waren. Tagsüber zu trinken, das war was Besonderes. Denn in der Kneipe hörte die Zeit und damit zugleich die Außenwelt auf zu existieren. Solange man in der Kneipe war, fühlte man sich unsterblich und alterslos. Und wenn man dann aus dem Halbdunkel wieder ins gleißende Tageslicht hinausstolperte und dort all die geschäftigen Leute sah, dann legte sich ein merkwürdiger Glanz auf die Welt. Und das ging nun schon seit hunderten von Jahren so: dass die Menschen sich mit Fusel Löcher ins Bewusstsein brannten. Aber heute war Rebus nur auf zwei Drinks hereingekommen. Nach zwei Gläsern hatte er nämlich gerade noch genug Disziplin, um mit dem Trinken wieder aufzuhören. Drei oder vier Gläser dagegen, und er wäre ganz sicher bis zur Sperrstunde oder buchstäblich bis zum Umfallen geblieben. Aber zwei, das war eine überschaubare Größe.
Wodka mit frisch gepresstem Orangensaft: nicht unbedingt sein Lieblingsdrink, aber er hinterließ zumindest keine Fahne. Wenn er sich zwei davon genehmigte, konnte er anschließend einfach wieder ins Büro gehen, und niemand würde was merken. Nur er selbst..., ihm selbst würde die Welt in einem etwas milderen Licht erscheinen. Als sein Handy klingelte, war sein erster Impuls, nicht zu reagieren, doch das Gepiepe störte die anderen Gäste, also drückte er auf Empfang.
»Hallo?«
»Lassen Sie mich mal raten«, sagte die Stimme. Es war Siobhan.
»Also, damit das klar ist: Ich bin nicht in der Kneipe.« Woraufhin der junge Typ am Spielautomaten einen Volltreff er landete und ein ganzer Eimer Münzen geräuschvoll in den Schacht rauschte.
»Wie bitte?«
»Ich habe hier einen beruflichen Termin.«
»Ihre Ausreden werden auch nicht besser.«
»Was wollen Sie eigentlich?«
»Ich muss unbedingt mit einem Freimaurer sprechen.«
Rebus hatte sich verhört. »Mit einem Maurer?«
»Ich meine einen Freimaurer. Sie wissen schon, einen von den Leuten, die sich so merkwürdig die Hand geben und die Hosenbeine hochrollen.«
»Sorry, als die in der Schule dran waren, hab ich gefehlt.«
»Aber Sie werden doch ein paar Freimaurer kennen?«
Er dachte kurz nach. »Worum geht es denn eigentlich?«
Sie berichtete ihm von dem neuesten Rätsel.
»Ich muss mal überlegen«, sagte er. »Was ist denn mit dem Farmer?«
»Ist der einer?«
»Nach dem Händedruck zu urteilen schon.«
»Glauben Sie, dass es ihn stört, wenn ich ihn mal anrufe?«
»Ganz im Gegenteil.« Es entstand eine kurze Pause. »Und jetzt wollen Sie wahrscheinlich seine Privatnummer von mir wissen. Kleinen Moment.« Er kramte sein Notizbuch hervor und nannte ihr die Nummer.
»Danke, John.«
»Und wie geht's sonst so?«
»Schon okay.«
Rebus spürte eine gewisse Zurückhaltung. »Alles in Ordnung mit Grant?«
»Ja ja.«
Rebus beäugte die Flaschen in dem Regal hinter der Bar. »Steht er zufällig neben Ihnen?«
»Genau.«
»Verstehe. Dann reden wir später noch mal. Ach so, Moment.«
»Was?«
»Kennen Sie
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