Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
zufällig einen Steve Holly?«
»Wer ist das?«
»Ein so genannter Journalist.«
»Ach, der. Ich glaube, wir haben ein- oder zweimal miteinander gesprochen.«
»Hat er Sie schon mal zu Hause angerufen?«
»Was soll der Quatsch? Die Nummer kennt doch kein Mensch.«
»Umso merkwürdiger, dass sie bei dem Kerl im Büro an der Pinnwand hängt.« Sie schwieg. »Keine Ahnung, wo der Typ die Nummer herhat?«
»Wenn man unbedingt will, kann man sich jede Telefonnummer beschaffen. Aber der Typ hat von mir keine Tipps bekommen, wenn Sie darauf hinauswollen.«
»Ich will lediglich darauf hinaus, dass Sie sich vor dem Schreiberling hüten sollten, Siobhan. Der ist glatt wie ein Aal und riecht auch so.«
»Klingt ja total sympathisch. Aber ich muss jetzt Schluss machen.«
»Ja, ich auch.« Rebus beendete das Gespräch und genehmigte sich noch den zweiten Drink. Eigentlich reichte es jetzt für heute. Obwohl gleich im Fernsehen noch ein Rennen lief, und er hatte auf einen Braunen namens Long Day's Journey gesetzt. Einen konnte er vielleicht schon noch vertragen. Doch dann läutete sein Telefon erneut, und er bahnte sich seinen Weg ins Freie und blinzelte in das grelle Tageslicht.
»Ja?«, sagte er.
»Das war aber gar nicht lieb.«
»Mit wem spreche ich?«
»Steve Holly. Wir sind uns bei Bev begegnet.«
»Komisch, ich habe gerade mit jemandem über Sie gesprochen.«
»Gut, dass wir uns bei Bev mal begegnet sind, sonst hätte ich mit Margots Beschreibung gar nichts anzufangen gewusst.« Margot: die blonde Empfangsdame mit dem Kopfhörer. Tja, das Mädchen hatte ihn offenbar verpetzt... »Was meinen Sie?«
»Jetzt machen Sie sich nicht lächerlich, Rebus - der Sarg.« »Ich hatte den Eindruck, dass Sie damit fertig sind.« »Dann haben Sie die Kiste also als Beweisstück beschlagnahmt?«
»Nein, ich wollte sie nur zu Miss Dodds zurückbringen.« »Ah, natürlich. Irgendwas geht doch hier vor.« »Kluges Kerlchen. Was hier vor sich geht, ist eine polizeiliche Großfahndung, falls Sie das meinen. Und ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit. Wenn Sie also die Güte hätten...« »Bev hat gehört, dass es noch mehr Särge gibt...« »Tatsächlich? Dann muss sie aber irgendwas gründlich missverstanden haben.«
»Glaube ich nicht.« Holly wartete, doch Rebus schwieg. »Na gut«, sagte der Journalist schließlich. »Dann reden wir später noch mal.« Dann reden wir später noch mal. Genau das hatte Rebus auch zu Siobhan gesagt. Der Typ hat uns belauscht, schoss es ihm durch den Kopf. Doch das war völlig ausgeschlossen. Als die Verbindung dann plötzlich weg war, drängten sich Rebus zwei Gedanken gleichzeitig auf: Erstens hatte Holly nichts von den Telefonnummern gesagt, die Rebus aus seiner Kabine entwendet hatte. Möglich, dass er das noch gar nicht bemerkt hatte. Und zweitens musste der Kerl Rebus' Handynummer kennen, sonst hätte er ihn ja nicht in der Kneipe anrufen können. Normalerweise gab Rebus eher seine Piepser- als seine Handynummer weiter. Er überlegte, welche der beiden Nummern er Bev Dodds gegeben hatte.
Mit einer normalen Bankfiliale hatte die Balfour Bank rein gar nichts gemein. Sie hatte ihren Sitz am Charlotte Square, also in einer der elegantesten Gegenden der Neustadt. Vor dem Gebäude standen die Leute mit ihren Einkaufstüten Schlange und warteten grimmig auf Busse, die einfach nicht kommen wollten. Innen befand man sich dann plötzlich in einer völlig anderen Welt: dicke Teppiche, ein imposanter Treppenaufgang, ein riesiger Lüster und in leuchtendem Weiß gehaltene Wände. Schalter oder Warteschlangen suchte man hier vergeblich. Wer etwas zu erledigen hatte, wandte sich an einen der drei jungen gut gekleideten Mitarbeiter des Hauses, die - in gebührendem Abstand voneinander - an imposanten Schreibtischen saßen und sich diskret den Anliegen der betuchten Klientel widmeten. Andere Kunden saßen in bequemen Sesseln und blätterten in den auf niedrigen Tischen bereitliegenden Tageszeitungen oder Zeitschriften, während sie darauf warteten, in eines der Besprechungszimmer geführt zu werden. Eine höchst distinguierte Atmosphäre also: An diesem Ort wurde Geld nicht nur geachtet, sondern wie ein Götze verehrt. Siobhan kam sich vor wie in einem Tempel.
»Was hat er gesagt?«, wollte Grant Hood wissen.
Sie schob das Handy wieder in die Tasche. »Er meint, wir sollten mal mit dem Farmer sprechen.«
»Ist das seine Nummer?« Grant wies mit dem Kopf auf Siobhans Notizbuch.
»Ja.« Sie
Weitere Kostenlose Bücher