Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
sein Verhalten bewies, dass Costello vorauszudenken verstand...

2
    Es war einer dieser kühlen, dämmerigen Tage, die es in Schottland in mindestens drei Jahreszeiten geben kann: der Himmel, ein schiefergraues Dach, dazu ein Wind, den Rebus' Vater »snell« genannt hätte. Rebus' Vater hatte früher bisweilen erzählt, wie er als junger Mensch an einem bitterkalten Wintermorgen in Lochgelly in einen Lebensmittelladen getreten war. Der Besitzer hatte vor dem Elektroheizer gestanden. Rebus' Vater hatte auf die Kühltheke gezeigt und gefragt: »Ist das Euer Ayrshire-Speck?« Woraufhin der Lebensmittelhändler erwidert hatte: »Nein, das sind meine Hände, die ich wärme.« Rebus' Vater hatte geschworen, dass die Geschichte wahr sei, und sein damals vielleicht sieben-, achtjähriger Sohn hatte ihm natürlich geglaubt. Inzwischen war Rebus allerdings davon überzeugt, dass sein Vater die Geschichte nur irgendwo aufgeschnappt und für seine eigenen Zwecke zurechtgebogen hatte.
    »Erste Mal, dass ich Sie sehe lächeln«, sagte Rebus' barista, als sie ihm einen doppelten caffèlatte machte. Caffèlatte, barista, das waren ihre Worte. Als sie das erste Mal von ihrem Job erzählte, sprach sie es wie »barrister«, Rechtsanwalt aus, sodass ein verwirrter Rebus fragte, ob sie in der Bar denn schwarz arbeite. Die Kaffeebar befand sich am Rand des Meadow-Parks in einem umgebauten Polizeihäuschen. Rebus machte morgens auf dem Weg zur Arbeit meist bei ihr Station. Er bestellte einen »Milchkaffee«, und sie korrigierte ihn immer: caffèlatte. Dann fügte er noch hinzu: »einen doppelten«, was gar nicht nötig war, da sie wusste, was er wollte, aber er mochte die Atmosphäre dieser Wörter.
    »Lächeln ist doch nicht verboten«, sagte er, während sie Milchschaum auf den Kaffee löffelte.
    »Das müssten Sie besser wissen als ich.«
    »Und Ihr Chef müsste es noch besser wissen als wir beide zusammen«, sagte er, reichte ihr eine Banknote, ließ das Wechselgeld in dem bereitstehenden Schälchen liegen und fuhr dann weiter Richtung St. Leonard's. Nein, sie konnte nicht wissen, dass er Polizist war. Das müssten Sie besser wissen... Ach, das war nur Geplänkel gewesen. Seine Bemerkung wiederum hatte er gemacht, weil der Besitzer der Kaffeebar-Kette einmal Anwalt gewesen war. Aber das hatte sie offenbar nicht verstanden.
    Vor dem Revier blieb Rebus noch ein paar Minuten im Auto sitzen, schlürfte seinen Kaffee und rauchte eine Zigarette. Auf der Rückseite des Gebäudes standen bereits einige Kleinbusse bereit, um die Festgenommenen der Nacht zum Gericht zu bringen. War erst ein paar Tage her, seit Rebus zuletzt vor Gericht ausgesagt hatte. Allerdings hatte er seither vergessen, sich nach dem Ausgang des Verfahrens zu erkundigen. Dann ging die Eingangstür auf, und er erwartete eigentlich, dass die Uniformierten erschienen, die die Delinquenten zu den Autos begleiteten, doch stattdessen trat Siobhan Clarke ins Freie. Als sie seinen Wagen sah, kam sie lächelnd näher und schüttelte den Kopf über sein unvermeidliches Morgenritual. Rebus ließ das Fenster herunter.
    »Vor der Exekution nahm der Verurteilte zum letzten Mal ein herzhaftes Frühstück zu sich«, sagte sie.
    »Und Ihnen auch einen schönen Morgen.«
    »Die Chefin möchte Sie sehen.«
    »Ach ja - die Chefin. Hat sie ja gleich den richtigen Spürhund losgeschickt.«
    Siobhan lächelte schweigend in sich hinein, während Rebus aus dem Wagen stieg. Dann gingen beide über den Parkplatz.
    »Übrigens - wie geht es Ihrem Kater denn so? Ist es Ihnen
    wenigstens gelungen, ein paar unangenehme Gedanken zu ertränken?«
    Als sie ihm die Tür aufhielt, kam er sich vor wie ein Wild, das sehenden Auges in die Falle tappt. Die Fotos und die Kaffeemaschine des Farmers waren bereits verschwunden, und oben auf dem Aktenschrank standen ein paar Glückwunschkarten. Ansonsten war der Raum völlig unverändert - inklusive der Papiere im Posteingangskasten und des einsamen Kaktus auf der Fensterbank. Gill Templer fühlte sich in Watsons Stuhl sichtlich unwohl. Der Mann hatte das Sitzmöbel mit seinem massigen Körper derart verformt, dass sie mit ihren zierlicheren Proportionen fast darin versank.
    »Bitte, setzen Sie sich, John.« Und als er gerade im Begriff war, Platz zu nehmen: »Und erklären Sie mir doch mal bitte, was da gestern Abend los gewesen ist.« Sie stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte und legte die Finger zusammen. Genauso hatte auch der Farmer häufig dagesessen,

Weitere Kostenlose Bücher