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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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dies und das. Als Jean schließlich aufgelegt hatte, blickte sie um sich. Im Grunde genommen war ihr »Büro« nur ein kleiner abgeteilter Raum, dessen ganze Ausstattung aus einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Aktenschrank und einem Bücherregal bestand. Sie hatte ein paar Postkarten an die Tür geheftet, darunter auch eine aus dem Museumsshop: die Särge von Arthur's Seat. Das Sekretariat war direkt vor ihrer Tür in einem größeren Zimmer untergebracht, doch die anderen Mitarbeiter waren längst nach Hause gegangen. Nur die Reinigungskräfte und ein Wachmann waren noch irgendwo im Gebäude unterwegs. Jean war abends schon öfters allein durch das Museum gegangen und hatte bisher nie Angst gehabt. Das alte Museum mit den ausgestopften Tieren hatte sogar fast beruhigend auf sie gewirkt. Sie wusste, dass das Restaurant im obersten Stock brechend voll sein musste, schließlich war Freitagabend. Aber das Lokal hatte einen eigenen Aufzug, und es gab dort jemanden, der an der Lifttür dafür sorgte, dass die Gäste sich nicht in die Museumsräume verirrten.
    Ihr fiel wieder ihre erste Begegnung mit Siobhan ein, die gesagt hatte, dass sie mal einen »ziemlich unerfreulichen Abend« in dem Restaurant verbracht hatte. Das Essen konnte, trotz der gesalzenen Preise, wohl nicht der Grund dafür gewesen sein. Nach 22.00 Uhr war es in dem Restaurant sogar preiswerter. Mal sehen, ob später noch ein Platz frei war. Sie fühlte ihren Bauch. Und morgen Mittag schon wieder essen gehen... Am besten, sie ließ das Essen heute Abend ausfallen. Außerdem wusste sie nicht einmal, ob sie überhaupt bis zehn Uhr im Büro bleiben würde. Wenigstens hatten ihre Recherchen bisher kaum etwas Neues über das Leben von Kennet Lovell ans Licht gebracht.
    Kennet: Anfangs hatte sie gedacht, dass der Name falsch geschrieben sei, doch dann war sie immer wieder auf dieselbe Schreibweise gestoßen. Kennet, nicht Kenneth. 1807 in Coylton, Ayrshire, geboren. Das hieß, dass er zu der Zeit, als Burke hingerichtet worden war, gerade mal einundzwanzig gewesen war. Seine Eltern bewirtschafteten einen Hof, auf dem Robert Burns' Vater eine Zeit lang gearbeitet hatte. Seine Bildung verdankte Lovell dem Dorfgeistlichen Reverend Kirkoatrick, der ihn privat unterrichtet hatte.
    Vorn im Sekretariat gab es einen Wasserkocher. Jean stand auf und trat aus ihrem Zimmer. Ließ die Tür offen, sodass sie einen langen Schatten warf. Das Licht nebenan machte sie erst gar nicht an. Schaltete den Kocher ein und spülte unter dem Wasserhahn eine Tasse aus. Teebeutel, Milchpulver. Sie lehnte sich im Halbdunkeln gegen die Arbeitsplatte, die Arme vor der Brust verschränkt. Durch die Tür sah sie die Fotokopien auf ihrem Schreibtisch, das gesamte Material, das sie bisher über Dr. Kennet Lovell zusammengetragen hatte, der bei der Obduktion eines Mörders assistiert, dabei geholfen hatte, William Burke die Haut abzuziehen. Die Voruntersuchung der Leiche hatte ein Dr. Monro vorgenommen, in Anwesenheit ausgewählter Zuschauer, darunter auch der eines Phrenologen und eines Bildhauers sowie der des Philosophen Sir William Hamilton und des Chirurgen Robert Listen. Im Anschluss daran war Burke im völlig überfüllten A natomiehörsaal der Universität öffentlich obduziert worden: wissensdurstige Studenten, die den Seziertisch umdrängten, aber auch sensationsgeile Gaffer, während viele Leute, die keine Eintrittskarte mehr bekommen hatten, von außen gegen die Tür hämmerten und sich ein heftiges Gerangel mit der Polizei lieferten.
    So viel hatte sie bisher aus Büchern über Burke und Hare und über die Geschichte der Medizin in Schottland in Erfahrung gebracht. Dabei hatten sich der Edinburgh Room in der Zentralbibliothek, aber auch ein Kontakt in der Nationalbibliothek wieder mal als äußerst hilfreich erwiesen. In beiden Institutionen hatte man ihr freundlicherweise wichtige historische Abhandlungen fotokopiert. Und dann war sie noch in der Surgeon's Hall gewesen und hatte sich dort in der Bibliothek und in den Computerdateien umgesehen. Rebus hatte sie von diesen Aktivitäten nichts erzählt. Und sie wusste auch genau warum: weil sie besorgt war. Sie hatte nämlich das Gefühl, dass Rebus sich mit den Särgen von Arthur's Seat ver spekuliert hatte und von der Idee nicht wieder loskam, weil er unbedingt Ergebnisse brauchte. In diesem Punkt hatte Professor Devlin jedenfalls Recht: Man durfte sich in nichts hineinsteigern. Die Burke-Lovell-Affäre war Geschichte, im Vergleich

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