Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
oder sie - muss bei jedem dieser Provider ein Konto eingerichtet haben. Wenigstens nehme ich das an. Normalerweise verlangen die Anbieter nämlich selbst bei einem Schnupperangebot wenigstens ein paar Angaben: Kreditkartenoder Kontonummer und so was.«
»Damit sie sofort an die Kohle herankommen, wenn es mit der Schnupperei vorbei ist?«
Bain nickte. »Jeder hinterlässt Spuren«, sagte er leise und starrte auf die Blätter vor sich auf dem Schreibtisch. »Obwohl die meisten glauben, dass ihnen das nicht passiert.«
»Es ist wie bei der Spurensicherung: Ein Haar, einen Hautpartikel oder so was findet man immer.«
»Genau.« Wieder lächelte Bain.
»Dann müssen wir seine persönlichen Daten also bei den Providern abfragen?«
»Falls die überhaupt mit uns sprechen.«
»Es geht hier immerhin um Mord«, sagte Siobhan. »Die müssen mit uns kooperieren.«
Er sah sie an. »Es gibt gewisse Kanäle, Siobhan.«
»Kanäle?«
»Ja, in London beim Nachrichtendienst existiert eine Abteilung für Netzwerkfahndung, die auf Hightechkriminalität spezialisiert ist. Die Kollegen bemühen sich zum Beispiel, Leute aufzuspüren, die im Internet nach Kinderpornografie und solchen Sachen suchen. Sie können sich nicht vorstellen, was es alles gibt: Festplatten, die in anderen Festplatten versteckt sind, Bildschirmschoner, hinter denen sich pornografische Bilder verbergen...«
»Und diese Netzwerkfahndung müssen wir um Erlaubnis bitten?«
Bain schüttelte den Kopf. »Nein, die müssen uns helfen.« Er sah auf die Uhr. »Aber heute können wir da leider nichts mehr machen.«
»Wieso?«
»Weil auch in London heute Freitag ist.« Er sah sie an. »Darf ich Sie auf einen Drink einladen?«
Einerseits wollte sie ja nicht und hatte sogar ein paar gute Ausreden parat. Andererseits konnte sie auch nicht gut Nein sagen, und so landeten sie in Maltings auf der anderen Straßenseite. Als sie dort an der Bar standen, stellte er seine Aktentasche wieder neben sich auf den Boden.
»Was haben Sie eigentlich in der Tasche?«, fragte sie.
»Was glauben Sie?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Laptop, Handy, technische Geräte, Disketten... Keine Ahnung.«
»Genau den Eindruck soll das Teil erwecken.« Er wuchtete die Tasche auf die Bar und wollte sie schon öffnen, überlegte
es sich aber wieder anders und schüttelte den Kopf. »Nein, sagte er. »Da müssen wir uns noch etwas besser kennen Dann stellte er die Tasche erneut neben sich auf den Boden
»Haben Sie etwa Geheimnisse vor mir?«, fragte Siobhan »Fängt ja gut an - und so was nennt man dann Kollegialität«
Beide lächelten, als die Getränke serviert wurden: eine Flasche Becks für sie und ein frisch gezapftes Ale für ihn. Alle Tische waren besetzt.
»Und wie ist es so in der St. Leonard's Street?«, wollte Bain wissen.
»Wie auf jedem Revier, nehm ich mal an.«
»Aber nicht jedes Revier hat einen John Rebus.«
Sie sah ihn an. »Wie meinen Sie das?«
Er zuckte mit den Achseln. »Claverhouse hat gesagt, dass sie Rebus' Schülerin sind.«
»Schülerin!« Trotz der lauten Musik blickten einige Köpfe in ihre Richtung. »So eine Frechheit!«
»Regen Sie sich nicht auf«, sagte Bain. »Claverhouse hat das nur so gesagt.«
»Dann richten Sie Claverhouse bitte aus, dass er mich mal...«
Bain fing an zu lachen.
»Was ist daran so witzig?«, fragte sie. Doch dann fing sie selbst an zu lachen.
Nach zwei weiteren Getränken ließ Bain verlauten, dass er hungrig sei, und ob man sich nicht bei Howie's nach einem freien Tisch umsehen könnte. Einerseits wollte sie ja nicht -hatte nach dem Bier gar keinen Hunger mehr -, andererseits konnte sie auch nicht gut Nein sagen. Obwohl es schon spät war, saß Jean Burchill noch im Museum an ihrem Schreibtisch. Seit Professor Devlin Dr. Kennet Lovell erwähnt hatte, war Jean von dem Thema fasziniert. Deshalb hatte sie selbst einige Recherchen angestellt, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Theorie des alten Pathologen Hand und Fuß hatte oder nicht. Sie wusste zwar, Hass sie sich die Sache hätte leichter machen können, wenn sie direkt zu Devlin gegangen wäre, doch irgendetwas hinderte sie daran. Es kam ihr vor, als ob der Mann noch immer nach Formaldehyd roch, und sein Händedruck erinnerte sie an das kalte tote Fleisch, das er so oft berührt hatte. Sie selbst hatte wenn, dann nur mit Leuten zu tun, die schon lange tot waren, und das auch nur in Form von Verweisen in Büchern oder in Zusammenhang mit Grabbeigaben bei
Weitere Kostenlose Bücher