Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
war. Hier fühlte sie sich sicher, und hier traute sie sich auch das klare Urteil zu, dass sie ihre Kräfte wieder mal auf eine völlig sinnlose Recherche verschwendete.
Allerdings musste sie Gill Templer noch beweisen, dass sie mit dieser Vermutung richtig lag.
Also hatte sie einfach losgelegt und zunächst mal das Polizeirevier in Fort William angerufen und dort mit einem seh hilfsbereiten Sergeant Donald Maclay gesprochen, der sich noch gut an den Fall erinnern konnte.
»Ja, das war oben auf dem Ben Dorchory«, hatte er gesagt »Die Leiche muss schon einige Monate dort gelegen haben Ziemlich weitab vom Schuss, wenn ich das trotz der unglücklichen Umstände mal so sagen darf. Dann ist eines Tages zufällig ein junger Bursche dort vorbeigekommen. Gut möglich dass die Leiche sonst noch jahrelang unentdeckt geblieben wäre. Wir haben sofort die üblichen Ermittlungen eingeleitet. Weder ein Ausweisdokument noch sonst etwas in den Taschen.«
»Nicht mal Geld?«
»Wenigstens haben wir nichts gefunden. Mit den Etiketten an den Kleidern - Jacke, Hemd und so weiter - konnten wir auch nichts anfangen. Schließlich haben wir noch alle Pensionen und Hotels in der Umgebung angerufen und die Vermisstenkartei überprüft.«
»Und was war mit der Waffe?«
»Was soll damit gewesen sein?«
»Fingerabdrücke?«
»Nach so langer Zeit? Nein, haben wir nicht gefunden.«
»Aber haben Sie überhaupt danach gesucht?«
»Ja, ja...«
Wylie schrieb fleißig mit, kürzte die meisten Wörter ab. »Und wie sieht es mit Schmauchspuren aus?«
»Wie bitte?«
»Auf der Haut. Die Kugel ist doch in seinen Kopf eingedrungen.«
»Ja, richtig. Der Pathologe hat aber an der Kopfhaut weder Verbrennungen noch andere verwertbare Spuren festgestellt.«
»Ist das nicht ein bisschen merkwürdig?«
»Nicht, wenn ein Schuss den halben Kopf wegpustet und alle möglichen Viecher an der Leiche herumnagen.«
hörte auf zu schreiben. »Verstehe«, sagte sie.
»Von einer Leiche kann man in diesem Fall ohnehin kaum sprechen, eher von einer Vogelscheuche. Die Haut war zäh wie Pergament. Auf dem Hügel dort geht ein teuflischer Wind.«
»Also haben Sie einen Mord von vornherein ausgeschlossen?«
»Wir haben uns am Obduktionsbefund orientiert.«
»Wäre es möglich, dass Sie mir die Akte zukommen lassen?«
»Wenn Sie einen schriftlichen Antrag stellen, kein Problem.«
»Danke.« Sie spielte nachdenklich mit dem Kuli. »Wie weit lag die Waffe noch mal von der Leiche entfernt?«
»Vielleicht sechs, sieben Meter.«
»Und Sie glauben, dass ein Tier sie verschleppt hat?«
»Ja. Entweder ein Tier, oder es war eine Art Reflex. Wenn man sich eine Kugel in den Kopf schießt, gibt es natürlich einen kräftigen Rückschlag.«
»Hm. Das stimmt schon.« Sie hielt kurz inne. »Und sonst?«
»Also, zum Schluss haben wir noch versucht, das Gesicht per Computer zu rekonstruieren und haben das Phantombild dann veröffentlicht.«
»Und?«
»Hat nicht viel gebracht. Wir waren von Anfang an der Meinung, dass er viel älter sein muss, ungefähr Anfang vierzig, und so sah er auf dem Bild auch aus. Keine Ahnung, wie die Deutschen davon erfahren haben.«
»Sie meinen die Eltern?«
»Richtig. Der Sohn der Leute war damals schon seit fast einem Jahr verschwunden... Dann kam dieser Anruf aus Hamburg, mit dem wir nichts Rechtes anzufangen wussten. Kurz darauf sind die beiden dann mit einem Übersetzer hier auf dem Revier erschienen. Also haben wir ihnen die Kleider gezeigt, und sie haben ein paar Sachen wiedererkannt: die Jacke und die Armbanduhr.«
»Sie klingen nicht sehr überzeugt.«
»Bin ich ehrlich gestanden auch nicht. Die beiden haben ihren Sohn doch damals mindestens schon ein Jahr lang gesucht. Die waren fix und fertig. Und diese Jacke war ein völlig beliebiger grüner Fummel. Und die Uhr war auch so ein Nullachtfünfzehn-Modell.«
»Dann meinen Sie also, die Eltern haben sich das alles bloß eingeredet, weil sie es unbedingt glauben wollten^»»Ja, sie wollten unbedingt, dass der Tote ihr Sohn ist, obwohl der erst zwanzig gewesen war. Sogar die medizinischen Experten waren sich einig, dass der Tote mindestens doppelt so alt gewesen sein musste. Und dann hat die verdammte Presse plötzlich angefangen, die Version der Eltern zu verbreiten.«
»Und woher kommt diese Geschichte mit dem Rollenspiel im Internet?«
»Augenblick mal.« Sie hörte, wie Maclay den Hörer weglegte und jemandem etwas erklärte. »Direkt hinter den Fischkörben gibt es eine
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