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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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dabei, wie er Passanten beäugte oder nach bekannten Gesichtern Ausschau hielt: Kollegen oder stadtbekannten Kriminellen. Dabei wusste er nicht mal genau, welche der beiden er am meisten fürchtete.
    »Kannst du dich eigentlich überhaupt nicht entspannen?«, fragte Jean irgendwann.
    »Dabei habe ich gedacht, dass ich wenigstens ganz gut so tue, als ob.«
    »Ist mir schon im Konzert aufgefallen, dass du ständig an was anderes gedacht hast.«
    »Bringt der Job mit sich.«
    »Nein, das nehme ich dir nicht ab. Gill kann zum Beispiel sehr gut abschalten und die meisten deiner Kollegen sicher auch.«
    »Vielleicht nicht so viele, wie du glaubst.« Er dachte an Siobhan, stellte sich vor, wie sie zu Hause saß und den Laptop anstarrte, sah Ellen Wylie vor sich, die irgendwo ihre Wut in sich hineinfraß, und Grant Hood, dessen ganzes Bett mit Papieren übersät war, während er verzweifelt versuchte, s ich immer neue Namen und Gesichter einzuprägen. Und der Farmer, was der wohl gerade machte? In seiner blitzeblanken wohnung irgendwelche Flächen mit dem Staubtuch bearbeiten? Natürlich gab es einige - Hi-Ho Silvers, Joe Dickie - die erst gar nicht in die Gänge kamen, wenn sie zur Arbeit er schienen,.es aber trotzdem verstanden, abends wieder abzuschalten. Andere, zum Beispiel Bill Pryde und Bobby Hogan arbeiteten zwar hart, hängten ihren Job aber abends im Büro an den Haken und brachten das Kunststück fertig, ihr Berufsund Privatleben strikt zu trennen.
    Und dann war da noch Rebus selbst, der nun schon so lange ganz in seinem Job aufging und sich damit die Auseinandersetzung mit einigen sehr persönlichen Wahrheiten ersparte.
    Jean unterbrach ihn mit einer Frage in seiner Grübelei. »Gibt es auf dem Weg zu dir einen Laden, der jetzt noch offen hat?«
    »Nicht nur einen. Wieso?«
    »Das Frühstück: Eine innere Stimme sagt mir, dass es in deinem Kühlschrank ziemlich trostlos aussieht.« Montag früh saß Ellen Wylie wieder an ihrem eigenen Schreibtisch im »West End«, wie das Revier in der Torphichen Street im Kollegenkreis genannt wurde. Sie war zu der Überzeugung gelangt, dass sie angesichts der allgemeinen Platznot ihr Arbeitspensum dort noch am ehesten erledigen konnte. Ein paar Messerstechereien, ein Raubüberfall, drei Familiendramen und ein Fall von Brandstiftung, das waren die Themen, mit denen ihre Kollegen beschäftigt waren. Wann immer einer von ihnen an ihrem Schreibtisch vorbeikam, musste sie was zu der Balfour-Geschichte sagen. Am meisten Angst hatte sie davor, dass Reynolds und Shug Davidson - ein Furcht erregendes Duo - wegen ihres Fernsehauftritts voller Harne über sie herfallen würden, doch die beiden taten nichts dergleichen. Vielleicht hatten sie einfach Mitleid mit ihr, doch das wahrscheinlichere Motiv war Solidarität. Selbst in einer kleinen Großstadt wie Edinburgh rivalisierten nämlich die verschiedenen Reviere miteinander. Wenn Detective Ellen Wylie angelegentlich der Ermittlungen im Mordfall Philipp Balfour eine Tracht Prügel bezog, dann fühlte sich das gesamte »West End« gedeckelt.
    »Reumütig heimgekehrt?«, fragte Shug Davidson.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich gehe einer Spur nach. Das kann ich hier genauso gut.«
    »Aber hier bist du doch von der großen Treibjagd völlig abgeschnitten.«
    »Der was?«
    Er lächelte. »Dem großen Ding, der Superfahndung, dem Zentrum des Universums.«
    »Dafür bin ich mitten im West End«, sagte sie. »Das reicht mir völlig.« Was ihr von Davidson ein Zwinkern und von Reynolds eine Runde Applaus einbrachte. Sie lächelte: Sie war wieder zu Hause.
    Das ganze Wochenende hatte sie sich darüber geärgert, wie man sie übergangen und aus dem Pressejob herausgedrängt und in jene zwielichtige Zone abgeschoben hatte, in der Inspektor John Rebus arbeitete. Und dann auch noch dieser Fall: ein Jahre zurückliegender Selbstmord eines jungen Touristen. Noch ein Affront.
    Also hatte sie einen Entschluss gefasst: Wenn man sie dort nicht haben wollte, würde sie sich in der St. Leonard's Street eben nicht mehr blicken lassen. Herzlich willkommen im heimischen West End. Auf dem Weg zur Arbeit hatte sie noch schnell ihre Notizen zusammengeklaubt. Sie lagen vor ihr auf dem Schreibtisch, den sie im Übrigen nicht mit einem halben Dutzend Kollegen zu teilen brauchte. Auch das Telefon läutete nicht pausenlos, und weit und breit kein Bill Pryde, der in der St. Leonard's Street ständig nikotinkaugummikauend mit seinem komischen Klemmbrett an ihr vorbeigerannt

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