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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hatten erstaunt ihr Gespräch unterbrochen.
    »Die ist völlig überfordert«, ließ Silvers verlauten.
    »Was meint sie denn mit morgen?«, fragte Rebus, doch Silvers sah ihn nur achselzuckend an.
    »Völlig überfordert«, wiederholte er.
    Vielleicht hatte er Recht.
    Rebus setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und dachte über Silvers' Formulierung nach: Es gab verschiedene Arten von »Überforderung«. Eines wusste er allerdings ganz genau, dass er selbst im Augenblick völlig überfordert war. Jean Burchill hatte sich fast den ganzen Tag darum bemüht, die Korrespondenz zwischen Kennet Lovell und Reverend Kirkpatrick aufzuspüren. Sie hatte mit Leuten in Alloway und Ayr gesprochen, dem Gemeindepfarrer, einem Lokalhistoriker, einem Kirkpatrick-Nachkommen. Sie hatte über eine Stunde mit der Mitchell-Bibliothek in Glasgow telefoniert. Sie war vom Museum aus zur nahe gelegenen Nationalbibliothek hinübergegangen und von dort aus zur Faculty of Advocates, dem schottischen Anwaltsverein. Auf dem Rückweg war sie die Chambers Street entlanggegangen und hatte noch in der Surgeons' Hall vorbeigeschaut. In dem Museum hatte sie lange das Porträt betrachtet, das J. Scott Jauncey von Kennet Lovell gemalt hatte. Lovell war als junger Mann auffallend attraktiv gewesen. Häufig hinterließ der Porträtist ja unauffällige Hinweise auf den Charakter der dargestellten Person: Beruf, Vorlieben, Familie... Doch hier handelte es sich um ein einfaches Brustbild. Der schlichte schwarze Hintergrund kontrastierte mit den leuchtenden Gelb- und Rosatönen, in denen Lovells Gesicht gehalten war. Auf den übrigen Porträts, die in der Surgeons' Hall hingen, hatten die dargestellten Koryphäen meist ein Fachbuch oder ein Blatt Papier oder einen Federkiel vor sich liegen. Auf einigen der Bilder standen sie vor einem Bücherschrank oder waren zusammen mit einschlägigen Gegenständen dargestellt: einem Schädel oder Oberschenkelknochen oder einer anatomischen Zeichnung. Deshalb fühlte Jean sich durch die auffallende Schlichtheit des Lovell-Porträts irgendwie beunruhigt. Entweder hatte dem Maler die Ausführung des Bildes wenig Freude gemacht, oder aber Lovell hatte größtmögliche Diskretion verlangt. Sie dachte an Reverend Kirkpatrick, stellte sich vor, dass er das Honorar des Künstlers bezahlt und dann als Gegenleistung dieses langweilige Bild erhalten hatte. Sie überlegte, ob es sich um ein idealisiertes Porträt handelte, sozusagen eine großformatige Postkarte, die Lovell lediglich zu Werbezwecken verwendet hatte. Der junge Mann auf dem Bildnis war kaum älter als zwanzig und hatte bereits bei der Burke-Obduktion assistiert. Einer zeitgenössischen Quelle zufolge war dabei »das Blut in Strömen geflossen. Am Ende der Anatomiestunde erinnerte der Hörsaal an ein Schlachthaus, und der Seziertisch und der Fußboden waren mit Blut besudelt.« Als Jean diese Schilderung zum ersten Mal gelesen hatte, war ihr beinahe übel geworden. Da wäre sie doch fast lieber eines von Burkes Opfern gewesen: erst mit Alkohol betäubt und dann erstickt. Wieder starrte Jean in Kennet Lovells Augen. Die schwarzen Pupillen schienen trotz des Grauens, das sie gesehen hatten, geheimnisvoll zu leuchten.
    Oder vielleicht gerade deswegen?, schoss es ihr durch den Kopf.
    Da der zuständige Kurator auf ihre Fragen keine Antworten wusste, hatte sie um ein Gespräch mit dem Dekan des Colleges ersucht. Doch Major Bruce Cawdor, der sie überaus leutselig und hilfsbereit empfing, hatte dem, was Jean schon wusste, auch nicht viel hinzuzufügen.
    »Sieht ganz so aus, als ob wir keine schriftlichen Aufzeichnungen darüber haben, wie das Lovell-Porträt in den Besitz des Colleges gelangt ist«, eröffnete er ihr in seinem Büro. »Ich würde meinen, es handelt sich um ein Geschenk, dessen Sinn es war, die Erbschaftssteuer zu vermindern.«
    Er war eine distinguierte Erscheinung: Klein, aber gut gekleidet, mit gesunder Gesichtsfarbe. Er hatte ihr Tee angeboten, genau genommen Darjeeling, wobei jede Tasse mit einem eigenen silbernen Tee-Ei serviert wurde.
    »Im Übrigen würde mich noch Lovells Korrespondenz interessieren.«
    »Das ergeht uns hier nicht anders.«
    »Das heißt, Sie haben gar nichts?« Sie war überrascht.
    Der Dekan schüttelte den Kopf. »Entweder war dieser Dr. Lovell außerordentlich schreibfaul, oder seine Briefe sind verloren gegangen oder aber in einer unbekannten Sammlung gelandet.« Er seufzte. »Sehr bedauerlich. Wir wissen zum Beispiel kaum

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