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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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nicht gemeint.« Siobhan suchte nach einer diplomatischen Formulierung. »Das war damals kurz nach der Eröffnung. Der Mann, der mich eingeladen hatte... na ja - jedenfalls war es ein ziemlich unerfreulicher Abend. Deshalb bin ich nie mehr dort gewesen.«
    »Verständlich«, sagte Harriet Brough, als ob sich durch den Verweis auf das andere Geschlecht jedes Missgeschick im Leben erklären ließe.
    »Na«, sagte Gill, »wenigstens sind wir heute ganz unter uns: nur Frauen. Es gibt also keinen Grund zu Beunruhigung.«
    »Es sei denn, wir gehen später noch in einen Nachtclub«, sagte Diana Metcalf mit unternehmungslustig funkelnden Augen.
    Gill sah Siobhan an. »Haben Sie inzwischen diese E-Mail weggeschickt?«, fragte sie.
    Jean Burchill machte mit der Zunge ein missbilligendes Geräusch. »Bitte nichts Berufliches heute Abend.«
    Die Staatsanwältinnen pflichteten ihr lautstark bei. Trotzdem teilte Siobhan Gill durch ein Nicken mit, dass sie die Mail verschickt hatte. Ob allerdings jemand darauf hereinfallen würde, war eine andere Frage. Jedenfalls war sie zu der Einladung erst so spät erschienen, weil sie vorher noch Philippas E-Mails studiert hatte, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, welche Art Sprache und welches Vokabular das junge Mädchen verwendete. Anschließend hatte sie mehr als ein Dutzend Entwürfe verfasst und sich schließlich dafür entschieden, in einem ganz einfachen Stil zu schreiben. Allerdings gab es unter Philippas E-Mails auch einige, die eher an langatmige klatschsüchtige Briefe erinnerten. Und wenn sie ihre bisherigen Mails an Quizmaster nun in diesem Stil verfasst hatte? Wie würde er oder sie dann auf eine völlig untypisch knapp gehaltene Antwort reagieren? Hab da ein Problem. Wir sollten miteinander reden. Flipside. Und dann eine Telefonnummer, und zwar Siobhans Handynummer.
    »Ich hab heute Abend im Fernsehen die Pressekonferenz gesehen«, sagte Diana Metcalf.
    Jean Burchill stöhnte. »Bitte - Diana, wir wollten doch nicht über berufliche Dinge reden«, sagte sie.
    Metcalf blickte sie mit ihren großen dunklen Augen an. »Das ist doch nichts Berufliches, Jean. Über die Geschichte zerreißt sich doch die ganze Stadt das Maul.« Dann sah sie Gill an. »Ich glaube nicht, dass der Freund es gewesen ist - du etwa?«
    Gill zuckte bloß mit den Achseln.
    »Siehst du?«, sagte Burchill. »Gill möchte nicht darüber reden.«
    »Dann schon eher der Vater«, sagte Harriet Brough. »Mein Bruder war mit ihm zusammen auf der Schule. Ein eiskalter Bursche.« Aus dem Selbstbewusstsein und der Autorität, mit der sie sprach, ließ sich unmittelbar auf ihren familiären Hintergrund schließen. Wahrscheinlich hatte sie schon im Kindergarten gewusst, dass sie später mal Jura studieren wollte, vermutete S iobhan. »Und wo war die Mutter?«, wollte Brough jetzt von Gill wissen.
    »Fühlt sich durch die Situation offenbar überfordert«, antwortete Gill. »Jedenfalls hatten wir sie eingeladen.«
    »Einen schlechteren Eindruck als die beiden Männer hätte sie sicher auch nicht gemacht«, erklärte Brough und entnahm einem der Schälchen vor sich auf dem Tisch ein paar Cashewnüsse.
    Gill wirkte plötzlich müde. Deshalb beschloss Siobhan, das Thema zu wechseln, und fragte Jean Burchill, was genau ihre Aufgabe im Museum sei.
    »Ich bin dort als Ausstellungsleiterin tätig. Meine Spezialgebiete sind das achtzehnte und neunzehnte Jahrhundert«, erklärte Burchill.
    »Ihr eigentliches Spezialgebiet«, mischte Harriet Brough sich ein, »ist der Tod.«
    Burchill lächelte. »Ja, ganz recht. Ich habe zum Beispiel die Exponate in der Abteilung ›Glauben und...‹«
    Wieder fiel Brough ihr ins Wort und sah Siobhan an. »Genau genommen sammelt sie nämlich alte Särge und Bilder von toten viktorianischen Babys. Mir wird immer ganz mulmig, wenn ich mal zufällig a ihre Etage gerate. In welchem Stockwerk
    uf bist du noch mal?«
    »Im vierten«, sagte Burchill leise. Nach Siobhans Empfinden war sie sehr hübsch. Zierlich und schlank: mit glattem braunem Haar und Pagenschnitt. Sie hatte Grübchen und schön gezeichnete Wangen, deren zartrosa Schimmer sogar im gedämpften Licht des Palmenhofes zu erkennen war. Auf Make-up konnte sie offenbar verzichten. Sie trug einen taupefarbenen Hosenanzug, einen grauen Kaschmirpullover und dazu ein rostbraunes Kaschmirtuch, das an der Schulter mit einer Rennie-Mackintosh-Brosche befestigt war. Auch sie war etwa Ende vierzig. Plötzlich wurde Siobhan bewusst, dass sie

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