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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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für einen Wasserfall.
    »Aber ich möchte mir doch nicht auf Ihre Kosten die Gegend hier anschauen«, sagte Rebus lächelnd.
    »Bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig.«
    »Wieso?«
    »Weil die Frau dort den Sarg gefunden hat.« Die Stimme des Mannes klang fast empört. »Herrgott, was hat man Ihnen denn in Edinburgh nur erzählt?« Rebus fuhr vom Dorf aus auf einem schmalen Feldweg hügelaufwärts. Anfangs glaubte er, dass die Piste entweder einfach mitten in der Landschaft aufhören oder aber in einen Privatweg einmünden würde. Doch dann wurde der Weg wieder etwas breiter, und Rebus brachte den Saab auf dem Randstreifen zum Stehen. Seitlich des Weges sah er jetzt das Gatter, von dem der Landmann gesprochen hatte. In typischer Großstadtmanier schloss Rebus den Wagen ab, stieg über das Gatter und stand auf einer Weide mit ein paar Kühen, die seiner Person etwa dasselbe Interesse entgegenbrachten wie zuvor der Landarbeiter. Er konnte sie riechen und hörte, wie sie leise schnaubten und mit dem Maul frisches Gras abrupften. Rebus marschierte zu einigen nicht weit entfernt stehenden Bäumen hinüber und gab unterwegs darauf Acht, dass er nicht versehentlich in einen Kuhfladen trat. Die Bäume folgten einem Bachlauf, der zu dem Wasserfall führte. Und genau dort hatte Beverly Dodds am Morgen zuvor einen winzigen Sarg mit einer Puppe gefunden. Als Rebus den Wasserfall erreichte, dem Falls seinen Namen verdankte, musste er laut lachen, denn das Wasser stürzte an dieser Stelle kaum einen Meter in die Tiefe.
    »Nicht gerade die Niagarafälle«, sagte er. Dann ließ er sich neben dem Wasserfall in die Hocke nieder. Obwohl er nicht genau wusste, wo die Frau den Sarg gefunden hatte, sah er sich ein wenig an der Stelle um, die sich bei den Einheimischen anscheinend großer Beliebtheit erfreute. Dafür sprachen wenigstens etliche Bierdosen und Verpackungen, die ringsum am Boden lagen. Dann richtete er sich wieder auf und inspizierte die Umgebung: wirklich malerisch und weit und breit keine menschliche Behausung. Also hatte vermutlich niemand gesehen, wer die Puppe dort deponiert hatte, falls sie nicht einfach mit der Strömung hier angelandet war. Weiter oben war nichts Auffälliges zu erkennen, bis auf den Bach, der sich durch die hügelige Landschaft schlängelte. Vermutlich nichts als Gestrüpp dort oben. Auf Rebus' Karte war der Bach nicht einmal verzeichnet, und Häuser gab es hangaufwärts sicher auch keine, nur eine fast unberührte Hügellandschaft, in der man tagelang unherwandern konnte, ohne auch nur einem Menschen zu begegnen. Er überlegte, wo genau das Haus der Balfours liegen mochte, schüttelte dann aber den Kopf. Was ging ihn das an? Schließlich hatte Gill Templer ihn gewiss nicht in diese Einöde geschickt, weil sie sich davon neue Erkenntnisse versprochen hatte, sie wollte ihm bloß zeigen, wo der Hammer hing.
    Wieder ging er in die Hocke und tauchte die Hand ins Wasser. Es war kalt und klar. Er hob die hohle Hand und beobachtete, wie das Wasser durch seine Finger rann.
    »Ich an Ihrer Stelle würde lieber nichts davon trinken«, rief eine Stimme. Als er aufblickte, sah er eine Frau, die gerade zwischen den Bäumen hervortrat. Ihre dürre Gestalt wurde von einem wallenden Musselinkleid verhüllt. Da die Sonne hinter ihr am Himmel stand, zeichneten sich unter dem Kleid die Umrisse ihres Körpers ab. Als sie näher kam, strich sie sich das lange, gekräuselte Blondhaar aus dem Gesicht. »Wegen der Landwirtschaft«, erklärte sie, »verstehen Sie... Die Bauern leiten doch ihren ganzen chemischen Dreck in das Grundwasser ein: Phosphate und was weiß ich sonst noch alles.« Die Vorstellung ließ sie offenbar erschaudern.
    »Ich trinke nie klares Wasser«, sagte Rebus und trocknete sich die Hand am Ärmel ab, während er sich erhob. »Sind Sie zufällig Miss Dodds?«
    »Die Leute hier nennen mich Bev.« Sie streckte ihm an einem knochigen Arm eine ebenso dürre Hand entgegen. Wie Hühnerknochen, dachte Rebus und gab sich Mühe, nicht allzu kräftig zu drücken.
    »Inspektor Rebus«, sagte er. »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«
    »Ich hab Ihren Wagen vom Fenster aus gesehen. Und als Sie dann diesen Weg hinaufgefahren sind, habe ich mir gleich so was gedacht.« Sie stand kerzengerade da, wippte auf den Zehen und war sichtlich stolz, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Irgendetwas an der Frau erinnerte Rebus an einen Teenager, obwohl ihr Gesicht eine andere Sprache sprach: Lachfalten um die Augen und

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