Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Mitteilung - samt Grants E-Mail-Adresse - an Quizmaster.
Ich bin nicht abgeneigt, das Spiel zu spielen. Liegt ganz bei Ihnen. Siobhan.
Nachdem sie die Nachricht gemailt hatte, blieb sie auf Empfang. An die nächste Handyrechnung mochte sie gar nicht denken. Schließlich war das Spiel im Augenblick die einzig halbwegs konkrete Spur, die sie verfolgen konnte. Auch wenn sie nicht wirklich vorhatte, sich auf das Spiel einzulassen, so wollte sie doch mehr darüber erfahren. Sie sah, wie G`rant auf der anderen Seite des Zimmers mit ein paar männlichen Kollegen sprach. Immer wieder blickten sie in ihre Richtung. Ach, sollen sie doch, dachte sie. Rebus saß auf dem Revier am Gayfield Square herum, und nichts passierte. Das heißt, um ihn her war alles in Aufruhr, doch vermochte die gespielte Betriebsamkeit nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die Fahndung nach Philippa Balfour bisher völlig ergebnislos verlaufen war. Der Vize hatte sich sogar persönlich blicken und von Gill Templer und Bill Pryde über den Stand der Ermittlungen informieren lassen. Dabei hatte er deutlich gemacht, dass »schnelle Fahndungserfolge« vonnöten seien. Templer und Pryde hatten die Formulierung später mehrmals wiederholt, deshalb kannte Rebus den genauen Wortlaut.
»Inspektor Rebus?« Vor ihm stand ein Uniformierter. »Die Chefin möchte Sie sprechen.«
Als er Templers Büro betrat, forderte sie ihn auf, die Tür zu schließen. In dem Raum sah es chaotisch aus, und die Luft war zum Schneiden. Außer Gill gab es noch zwei andere Beamte, die das Zimmer aus akutem Platzmangel während der übrigen beiden Schichten mit benutzten.
»Vielleicht sollten wir anfangen, die Zellen zu beschlagnahmen«, sagte sie und räumte einige Tassen von der Schreibtischplatte, ohne recht zu wissen, wohin damit. »Schlimmer als hier kann es dort auch nicht aussehen.«
»Meinetwegen brauchen Sie nicht aufzuräumen«, sagte Rebus. »Ich geh gleich wieder.«
»Wohl war.« Sie stellte die Tassen auf den Boden und stieß sofort mit dem Fuß eine davon um. Ohne die Kaffeelache neben ihrem Schreibtisch zu beachten, ließ sie sich in ihren Muhl fallen. Rebus blieb stehen, notgedrungen, es gab keinen zweiten Stuhl in dem Raum. »Und wie war's in Falls?«
»Ich hatte schnelle Fahndungserfolge.« Sie sah ihn funkelnd an. »Was heißt das?«
»Dass es sich bei der Geschichte um ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse handelt.«
Gill nickte. »Ich habe es gestern Abend in der Zeitung gelesen.«
»Die Frau, die diese Puppe tatsächlich - oder angeblich - gefunden hat, hat ausgepackt.«
»›Angeblich‹?«
Er beschied die Frage mit einem Achselzucken. »Glauben Sie etwa, dass sie selbst dahinter steckt?« Rebus schob die Hände in die Taschen. »Wer weiß?« »Ich kenne jemanden, der das vermutlich beurteilen kann. Und zwar Jean Burchill, mit der ich befreundet bin. Mit der sollten Sie sich mal unterhalten, glaube ich.« »Und wer ist die Dame?« »Arbeitet im Schottischen Nationalmuseum.« »Und sie weiß, was es mit dieser Puppe auf sich hat?« »Möglicherweise.« Gill hielt kurz inne. »Laut Jean ist diese Puppe bei weitem nicht die erste.« Rebus beichtete der Ausstellungsleiterin, dass er das Museum noch nie zuvor von innen gesehen hatte.
»In dem alten Museum bin ich früher allerdings öfter mit meiner kleinen Tochter gewesen.«
»So, so«, sagte Jean Burchill mit gespielter Empörung. »Aber das hier ist doch etwas völlig anderes, Inspektor - hier geht es schließlich um uns selbst, um unsere Geschichte und Kultur.«
»Also keine ausgestopften Tiere und Totempfähle?«
Sie lächelte. »Nicht dass ich wüsste.« Sie liefen gerade durch die Ausstellungsräume im Erdgeschoss und hatten die riesige weiß getünchte Eingangshalle bereits hinter sich gelassen. Dann blieben sie vor einem schmalen Lift stehen, und Burchill begutachtete ihren Gast mit einem raschen Blick von oben bis unten. »Gill hat mir schon öfter von Ihnen erzählt«, sagte sie. Dann öffneten sich die Lifttüren, und Rebus trat nach Burchill in den Aufzug.
»Ich hoffe, nur das Beste.« Er gab sich Mühe, locker zu erscheinen. Burchill warf ihm einen kurzen Blick zu, und der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. Trotz ihres durchaus ansehnlichen Alters erinnerte sie ihn irgendwie an ein Schulmädchen: diese Mischung aus scheuer Zurückhaltung und Lebensklugheit, Sprödigkeit und Neugier.
»Vierter Stock«, sagte sie, und als die Lifttüren wieder aufgingen, traten
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