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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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dass das nicht die einzige grausige Szene war, die diese Uhr aufzubieten hatte.
    »Unsere Millenniumsuhr«, erklärte Jean Burchill. Dann schaute sie auf ihre eigene Armbanduhr. »Schlägt das nächste Mal in zehn Minuten.«
    »Interessantes Design«, sagte Rebus. »Eine Leidensuhr sozusagen.«
    Sie sah ihn an. »Das fällt den meisten Leuten garnicht auf...«
    Rebus zuckte mit den Achseln. »Oben in der Vitrine stand auf einem der Schildchen zu lesen, dass die Puppen etwas mit Burke und Hare zu tun haben.«
    Sie nickte. »Ja, stimmt. Eine Art Scheinbestattung für die Opfer. Wir glauben, dass die beiden bis zu siebzehn Leichen zu Obduktionszwecken verkauft haben. Ein grauenhaftes Verbrechen: Denn ein sezierter Leichnam kann sich am Jüngsten Tag nicht aus dem Grab erheben.«
    »Es dürfte in der Tat schwierig sein, unter solchen Umständen seine Eingeweide bei sich zu behalten«, pflichtete Rebus ihr bei.
    Doch sie ignorierte ihn einfach. »Und dann hat die Polizei Burke und Hare gefasst und eingesperrt. Vor Gericht hat Hare später gegen seinen Freund ausgesagt, und nur William Burke ist am Galgen geendet. Raten Sie mal, was man hinterher mit seiner Leiche angestellt hat?«
    Das war nicht schwer zu beantworten. »Seziert?«, fragte Rebus.
    Sie nickte. »Ja, man hat seine Leiche auf demselben Weg, den er für den Transport der meisten seiner Opfer benutzt hatte, ins Old College gebracht und dort in einem Anatomiekurs verwendet. Das war im Januar 1829.«
    »Und die Särge datieren aus den frühen Dreißigerjahren.« Rebus saß nachdenklich da. Hatte er nicht mal mit jemandem zu tun gehabt, der sich damit gebrüstet hatte, ein aus Burkes Haut gefertigtes Souvenir zu besitzen? »Und was ist hinterher mit der Leiche passiert?«, fragte er.
    Jean Burchill sah ihn an. »Im Museum des Chirurgischen Instituts gibt es eine Brieftasche...«
    »... die aus Burkes Haut besteht?«
    Wieder nickte sie. »Eigentlich kann einem Burke Leid tun. Offenbar ein hochbegabter Mensch. Ein Wirtschaftsflüchtling. Und dann ist ihm der Zufall zur Hilfe gekommen, und
    er hat aus nackter Not die erste Leiche verkauft. Ein Mann, der ihm noch Geld schuldete, ist in Burkes Wohnung gestorben. Burke wusste, dass es an der Edinburgher Universität ein Problem gab: eine erfolgreiche medizinische Fakultät, der es an Leichen für die Anatomiekurse fehlte.«
    »Sind die Leute damals denn so alt geworden?«
    »Ganz im Gegenteil. Aber wie gesagt: Ein sezierter Leichnam konnte prinzipiell nicht in den Himmel kommen. Deshalb waren die Studenten auf die Leichen hingerichteter Verbrecher angewiesen. Erst die Novellierung des Anatomiegesetzes von 1832 machte den Leichenraub schließlich überflüssig...«
    Ihre Stimme erstarb. Sie starrte ins Leere und war offenbar völlig in der blutrünstigen Geschichte der Stadt Edinburgh gefangen. Auch Rebus hockte grübelnd da: Leichenräuber und Brieftaschen aus Menschenhaut, Hexerei und Hinrichtungen durch den Strang. Oben im vierten Stock waren direkt neben den Särgen verschiedene Hexenutensilien ausgestellt: eigenartige Knöchelchen, eingeschrumpfte Tierherzen, die von Nägeln durchlöchert wurden.
    »Schon ein merkwürdiger Ort.«
    Obwohl er eigentlich Edinburg meinte, blickte sie in dem großen Raum umher. »Schon als Kind habe ich mich hier wohler gefühlt als an irgendeinem anderen Ort der Stadt. Sicher finden Sie meine berufliche Tätigkeit reichlich morbide, Inspektor, aber Ihre Arbeit ist auch nicht gerade von Pappe.«
    »Wohl wahr«, stimmte er ihr zu.
    »Und die Särge finde ich gerade so faszinierend, weil niemand etwas Genaues über sie weiß. In einem Museum geht e ja vors allem um die Identifizierung und Klassifizierung von Dingen. Mag auch die Datierung oder die Herkunft oftmals zweifelhaft sein - eines wissen wir fast immer: nämlich, womit wir es zu tun haben: mit einem Sarg, einem Schlüssel, den Überresten einer römischen Begräbnisstätte.«
    »Aber bei den Puppensärgen wissen Sie nicht genau, woran Sie sind?«
    Sie lächelte. »Eben. Deshalb ist man natürlich als Museumsmensch zunächst einigermaßen frustriert.«
    »Kenn ich, das Gefühl«, sagte er. »Ungefähr so, wie wenn man mit der Ermittlungsarbeit nicht weiterkommt und am liebsten ausrasten möchte.«
    »Ja, man grübelt und grübelt, entwickelt immer neue Theorien...«
    »Oder stößt unentwegt auf neue Verdächtige.«
    Dann sahen sie einander an. »Scheint so, als ob wir doch einiges gemeinsam hätten«, sagte Jean Burchill,

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