Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Weise geschlossen, wie sie damals über Sie gesprochen hat.«
»Gesprochen hat?«
Sie lächelte. »Es ist wirklich lange her, nicht wahr?«
»Prähistorisch«, musste er einräumen. »Und was ist mit Ihnen?«
»Als prähistorisch würde ich mich noch nicht bezeichnen.«
Er lächelte. »Ich wollte sagen, erzählen Sie mir was von sich.«
»Ich bin in Elgin geboren, meine Eltern waren beide Lehrer. Studiert habe ich an der Universität Glasgow. Mich in Archäologie versucht. Dann habe ich an der Universität Durham promoviert. Danach hatte ich einige Auslandsstipendien - in den USA und in Kanada - und habe mich dort mit den Einwanderungswellen im 19. Jahrhundert befasst. Später war ich dann als Ausstellungsleiterin in Vancouver tätig und bin schließlich nach Schottland zurückgegangen, als sich die Gelegenheit dazu bot. Nach meiner Rückkehr habe ich fast zwölf Jahre im alten Museum gearbeitet, und jetzt bin ich seit einiger Zeit im neuen tätig.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ja, das war's so in etwa.«
»Und woher kennen Sie Gill?«
»Wir waren ein paar Jahre zusammen in der Schule - ganz dicke Freundinnen. Haben uns dann allerdings eine Weile aus den Augen verloren.«
»Sie waren nie verheiratet?«
Sie blickte auf ihren Teller. »Doch eine Zeit lang, in Kanada. Er ist jung gestorben.«
»Oh, das tut mir Leid.«
»Bill hat sich zu Tode getrunken, obwohl seine Familie das nie hat wahrhaben wollen. Ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb ich nach Schottland zurückgekommen bin.«
»Weil er gestorben ist?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ich dort geblieben wäre, hätte ich an der Ausschmückung der Legende mitwirken müssen, an der seine Familie gestrickt hat.«
Rebus wusste ungefähr, was sie meinte.
»Und Sie haben eine Tochter?«, sagte sie plötzlich und wechselte etwas überstürzt das Thema.
»Ja, Samantha. Sie ist... jetzt auch schon über zwanzig.«
Jean lachte. »Aber Sie wissen nicht genau wie alt?«
Er versuchte zu lächeln. »Nein, doch. Eigentlich wollte ich sagen, dass sie behindert ist, aber das dürfte Sie kaum interessieren.«
»Oh.« Sie saß einen Augenblick schweigend da und sah ihn an. »Scheint so, als ob das für Sie eine große Rolle spielt, sonst wäre es Ihnen nicht als Erstes eingefallen.«
»Richtig. Allerdings kommt sie Gott sei Dank allmählich wieder auf die Beine und kann sogar schon wieder ganz gut laufen, wenn sie sich auf einen dieser Wagen stützt, wie alte Leute sie verwenden.«
»Das ist gut«, sagte sie.
Er nickte und schwieg, weil er nicht die ganze Geschichte vor ihr ausbreiten wollte, aber sie verzichtete ohnehin auf weitere Nachfragen.
»Wie ist die Suppe?«
»Gut.«
Sie saßen ein, zwei Minuten schweigend da, dann erkundigte Jean sich nach der Alltagsroutine eines Polizisten. Ihre Fragen waren jetzt wieder von der Art, wie man sie an einen neuen Bekannten richtet. Normalerweise sprach Rebus nicht gern über seinen Job, da er nicht glaubte, dass andere Leute sich wirklich dafür interessierten. Und selbst wenn das ausnahmsweise einmal der Fall sein sollte, so wollten sie die ungeschönte Wahrheit meist nicht hören: nichts von Selbstmorden und Autopsien, von kleinlichen Zerwürfnissen und Impulshandlungen, die zu den schlimmsten Verbrechen führten. Nichts von Familiendramen, Messerstechereien, missratenen Samstagabenden, professionellen Schlägertypen und Süchtigen. Und wenn er über diese Dinge sprach, hatte er außerdem immer Angst, dass man aus seiner Stimme die Leidenschaft heraushören konnte, mit der er an seinem Job hing. Auch wenn ihm die Methoden und Ermittlungsergebnisse bisweilen nicht in den Kram passten, die Arbeit selbst faszinierte ihn bis auf den heutigen Tag ungemein. Ein Mensch wie Jean Burchill, so sein Eindruck, vermochte das alles zu durchschauen und hinter der Fassade, die er präsentierte, noch ganz andere Dinge zu entdecken. Sie würde sehr rasch bemerken, dass es vor allem seine voyeuristischen Neigungen und seine Feigheit waren, die ihm bei seinem Job so zupass kamen. Schließlich beschäftigte er sich vor allem deswegen bis ins Kleinste mit dem Leben und den Problemen anderer Leute, damit er sich mit seinen eigenen Schwächen und Fehlern nicht befassen musste.
»Wollen Sie das Ding etwa rauchen?« Jean klang amüsiert. Rebus blickte auf seine Hände und sah, dass er eine Zigarette zwischen den Fingern hielt. Er lachte kurz auf, kramte die Packung aus der Tasche und schob die Zigarette wieder hinein.
»Ich hab
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