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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Lacour, 30 Jahre, Konferenzdolmetscherin beim Europaparlament. Sie kam heute Morgen nicht zur Arbeit, obwohl es irgendetwas irre Wichtiges zu übersetzen gab. Da Mademoiselle Lacour extrem zuverlässig und ehrgeizig ist und niemals auch nur eine Millisekunde zu spät kommt, hat sich ein Kollege, mit dem sie alle zwei Tage nach der Arbeit eine Kleinigkeit essen ging, Sorgen gemacht. Das Übliche: anrufen, zu Hause nachsehen, Concierge, niemand da. Anruf bei Mama, Anruf bei Polizei. Mama kommt mit Papa. Leiche identifiziert.« Plötzlich sah Herd verlegen zu Petra: »Sie müssen entschuldigen, ich habe ganz vergessen, dass Sie …«
    Petra schüttelte den Kopf: »Ist okay. Tun Sie bitte so, als wäre ich nicht da. Offiziell bin ich das ja auch nicht.«
    »Also keine alleinerziehende Mutter wie in den anderen Fällen?«, fragte Christian nach.
    »Wie auch bei Sarah Kopper nicht. Das Mosaiksteinchen können wir uns wohl komplett abschminken. Der Concierge von dem Kutscherhäuschen gibt Folgendes über den Mieter an: Name Fréderic Rouge-Joue, Alter schwer zu schätzen, Ende zwanzig, Anfang dreißig. Haare Straßenköter bis braun, trug bei dem einzigen Gespräch Baseballcap und Sonnenbrille und war ein unsympathisches Arschloch. Der Concierge ist sicher, dass es sich um einen Franzosen gehandelt hat. Er sprach völlig akzentfrei. Und das kann keiner, der kein Franzose ist. Sagt zumindest der Concierge.«
    »Blödsinn! Mich halten auch immer alle für waschecht. Die Franzosen, die Spanier, die Engländer, die Amis, wenn du willst, spreche ich dir das übelste Texanisch, und mein Türkisch ist auch nicht schlecht …«, meinte Karen.
    Herd zuckte mit den Schultern. »Deshalb müssen wir ja auch umgekehrt nicht davon ausgehen, dass wir es mit einem Deutschen zu tun haben. Bloß, weil niemand einen Akzent bei ihm bemerkt hat.«
    »Weiter im Text, bitte!« Christian wollte jetzt Fakten hören, keine Spekulationen.
    »Der Concierge war nicht sicher bei dem Phantombild. Dafür aber der Kellner in dem Café, wo Sandrine Lacour täglich ihre Mittagspause verbracht hat. Am Mittwoch kam sie wie immer ohne Begleitung, kurz darauf saß jedoch ein anderer Gast bei ihr am Tisch. Definitiv unser Mann, nur mit brünetten Haaren und Dreitagebart. Er fiel dem schwulen Kellner auf, weil er sehr gut aussah und weil Sandrine mittags sonst immer allein saß und sich auch niemals ansprechen ließ. Er hatte den Eindruck, dass die beiden sich erst kennenlernten.«
    »Dann hat er sich ja nicht viel Zeit gelassen mit ihr«, sinnierte Christian.
    »Sie sollten sich in den Straßburger Restaurants umhören. Meine Tochter hat er immerhin zweimal zum Essen ausgeführt, bevor er sie …«, Petra brach ab.
    »Das habe ich Montaigne bereits gesagt. Sie sind dabei«, bestätigte Herd.
    »Was wissen wir über den Todeszeitpunkt?«, wandte sich Christian an Karen.
    »Gestern Morgen zwischen acht und neun Uhr etwa. Er hat sie am Mittwoch aufgerissen, am Freitagabend zu sich eingeladen und am Samstagmorgen getötet.« Karen sah Petra an: »Wollen Sie nicht lieber mal draußen eine rauchen? So für ein paar Minuten?«
    »Gewiss nicht. Nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, ich bin, wie schon erwähnt, gar nicht da.«
    »Nun gut.«
    Karen wartete kurz, da das Essen gebracht wurde. Dann fasste sie die Ergebnisse der Obduktion zusammen: »Wie gehabt. Keine Anzeichen für sexuelle Gewalt, obwohl Verkehr stattgefunden haben könnte. Keine Spuren. Die Leiche wurde äußerst gründlich gewaschen, Fingernägel gesäubert, auch eine Vaginalspülung wurde durchgeführt. Rasur, Ausblutung und Konservierung wie sonst.«
    Christian wusste, dass Karen nur so knapp formulierte, um Petra Rahnberg trotz ihrer zur Schau gestellten Härte zu schonen. Sonst war Karen immer weitaus drastischer in ihren Beschreibungen der Todesumstände.
    »Ich verstehe nur nicht, warum er sie ausbluten lässt. Das ist bei der Art der Konservierung gar nicht notwendig. Aber vielleicht findet er es angenehmer. Bei der OP.«
    »Frau Kretschmer, hören Sie bitte mit Ihrer Rücksichtnahme auf. Mit der OP meinen Sie die Entnahme des Herzens. Also sagen Sie es auch.« Petra schien fast beleidigt.
    »Okay. Sandrine Lacour hat kein Narkosemittel bekommen wie Mira Weininger und Catrin Rahnberg. Er hat sie bei lebendigem Leib ausbluten lassen. Der Aortenbogen wurde an der linken Halsschlagader geöffnet, zusätzlich mit Längsschnitten die Pulsadern. Er hat ihr eine hohe Dosis eines gerinnungshemmenden Mittels

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