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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Kommode im Schlafzimmer. HERZliche Grüße. Jemand, der es nicht gut mit Ihnen meint.
     
    Howela ging zurück ins Schlafzimmer und sah unter die Kommode. Er fischte seine fehlende Socke hervor, zog sie an und trat zum Fenster. Niklas musste mit Fernglas auf einem der Flachdächer gegenüber gelegen und seinen Freund Rafael im Gefängnis in Frankfurt per Handy instruiert haben. Vielleicht war er sogar noch da. Howela zog den Vorhang zu. Clarissa stand schräg hinter ihm. Sie wagte nicht, zum Fenster zu gehen. Stattdessen setzte sie sich aufs Bett.
    »Ich kriege ihn«, sagte Howela.
    »Und dann?« Clarissas Stimme klang ungewohnt kraftlos.
    »Dann übergebe ich ihn der Polizei, so wie Sie das von Anfang an geplant hatten. Wir alle gehen unseren staatsbürgerlichen Pflichten entsprechend zur Vernehmung und sagen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, oder?« Howela war genervt. Genervt von diesem Niklas und seinem gut funktionierenden Netzwerk. Und genervt von Clarissa, die plötzlich einen auf hilfloses Weibchen machte und ihm im entscheidenden Moment die Bürde der Verantwortung aufdrücken wollte. Damit sie hinterher ihre manikürten Hände in Unschuld waschen konnte. Abgesehen von der Vögelei mit Clarissa war es wirklich ein Scheißjob.
    Clarissa begriff, dass Howela das Spiel nicht mitspielte und von ihr erwartete, die Entscheidung selbst zu treffen. »Nein. Natürlich nicht«, sagte sie ruhig.
    »Würde mir auch schwerfallen. Schließlich kenne ich die Wahrheit nicht. Ich würde vorschlagen, dass du die Karten jetzt endlich auf den Tisch packst.« Es war das erste Mal, dass Howela seine Auftraggeberin bewusst duzte. Sie musste endlich begreifen, dass sie im gleichen Boot saßen und gemeinsam untergingen, wenn etwas schieflief.
    »Du sollst ihn mir bringen. Und zwar bitte schön möglichst schnell und bevor die Polizei ihn in die Finger bekommt. Der Rest geht dich nichts an.«
    »Ist das dein hervorragender Plan? Ich schleppe den kleinen Racker, sobald ich ihn aufgetrieben habe, zu Frau Doktor Wedekind, die ihm mit pädagogisch erhobenem Zeigefinger die Leviten liest und ihm erklärt, dass er keine bösen Sachen mehr machen darf. Und dann ist alles gut. So vielleicht, Madame?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Hm, lass mich überlegen … Was bleibt noch an Optionen? Gehe ich recht in der Annahme, dass ich ihn töten soll?« Howelas Blick auf Clarissa war höhnisch. Zum ersten Mal musste sie sich kleinmachen vor ihm. Ganz klein.
    »Wenn ich mit ihm gesprochen habe. Es gibt da noch ein paar offene Fragen.« Clarissa war plötzlich müde, obwohl der Tag erst begonnen hatte. »Dann ja. Dann töten Sie ihn.«

Haltern am See.
    Christian und Anna hatten einigermaßen gut geschlafen und nahmen gegen neun Uhr ihr Frühstück auf der Terrasse des Hotels Seehof ein. Der Himmel war bewölkt, aber die Temperatur mit schon knapp zwanzig Grad angenehm. Als sie mit dem Frühstück fast fertig waren, kam Weyrich auf einen Kaffee vorbei. Entmutigt berichtete er von der ergebnislosen Fahndung nach Jennys Entführer. Sie hatten die Scheune gefunden und sein mutmaßliches Fahrzeug, einen Mietwagen aus Düsseldorf, in dem ein billiges Prepaid-Handy lag. Alles wurde zurzeit akribisch untersucht. Nur vom Täter bislang keine Spur. Er musste die Straßensperren zu Fuß umgangen haben. Christian war nicht sonderlich überrascht, verstand jedoch den Frust seines Kollegen. Weyrich nahm sich Zeit für seinen Kaffee. Er genoss den ersten ruhigen Moment seit anderthalb Tagen und das Aufschieben des nun anstehenden, endlosen Papierkrams auf dem Revier. Schließlich verabschiedete er sich von Christian und Anna. Die beiden wollten nach Berlin weiterfahren, nachdem sie noch einmal mit Jenny und ihren Eltern gesprochen hatten. Jenny hatte nicht im Krankenhaus bleiben müssen. Der behandelnde Arzt hätte sie zwar gerne für eine Nacht zur Beobachtung dabehalten, doch Jenny wollte unbedingt nach Hause. In Anbetracht der Umstände gab der Arzt nach.
    Im Hause Jacob war relative Ruhe eingekehrt. Frau Jacob hatte ihren Mann überredet, zur Arbeit zu gehen. Jessica war zur Schule. Barbara Jacob führte ihre Besucher ins Wohnzimmer. Jenny saß auf dem Boden, begrüßte Christian und Anna freundlich und malte weiter an ihren Bildern.
    »Ihre große Tochter nutzt die Situation nicht, um ein, zwei Tage die Schule zu schwänzen?«, meinte Christian.
    »Da kennen Sie Jessica schlecht. Sie steht gerne im Mittelpunkt. Heute wird sie der Hit in der Schule

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