Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
sein, das lässt sie sich nicht entgehen. Zumal es da einen Jungen gibt, von dem sie sich sehr wünscht, dass er mal an ihren Lippen hängt. Das wird er heute tun – zumindest im übertragenen Sinne.« Frau Jacob lachte. Sie schien wie ausgewechselt. Die Angst war von ihr abgefallen. Das Glück, ihre kleine Tochter unversehrt wiederbekommen zu haben, ließ sie strahlen.
    »Ich wollte mit Ihnen noch einmal über Jenny sprechen«, begann Anna.
    Jenny hob den Kopf: »Über mich?«
    Anna nickte: »Weil du so ein kluges Mädchen bist. Ich finde dich nämlich ganz prima.«
    »Ich kann Sie auch gut leiden«, erwiderte Jenny das Kompliment sehr ernsthaft und vertiefte sich wieder in ihre Zeichnung von einem Tyrannosaurus Rex.
    »Kann sie bei dem Gespräch dabei sein?«, fragte Frau Jacob so leise, dass Jenny es nicht hören konnte.
    Bevor Anna eine abschlägige Antwort geben konnte, bückte sich Christian zu Jenny: »Zeigst du mir mal dein Zimmer? Dann male ich dir eine Schlange, die einen Elefanten verschluckt hat.«
    »Echt? Kannst du das?« Sofort erhob sich Jenny, nahm ihren Zeichenblock und zerrte Christian an der Hand in den Flur die Treppe hoch.
    Frau Jacob holte Kaffee aus der Küche und goss zwei Tassen ein. Die beiden Frauen setzten sich aufs Sofa. »Es ist erstaunlich, dass Jenny nach diesem Erlebnis keinerlei Scheu vor Fremden hat«, fand Anna.
    »Ich danke Gott dafür. Dass ich sie wiederhabe. Dass der Mann ihr nichts getan hat. Ich habe lange mit Jenny gesprochen. Er hat sie nur an den Füßen angefasst, als er ihr die Fesseln löste. Was er gemacht hat, als sie bewusstlos war, weiß sie natürlich nicht. Aber im Krankenhaus haben sie gesagt, dass alles … in Ordnung ist.« Die Augen von Frau Jacob verschleierten sich für einen Moment. Anna wusste, was sie meinte.
    »Wenn er ihr etwas getan hätte, wäre sie weitaus verstörter. Selbst ein so besonderes Mädchen wie Jenny.«
    Die Mutter lächelte stolz: »Ihnen ist auch aufgefallen, dass Jenny sehr besonders ist?«
    »Deswegen wollte ich Sie um Erlaubnis bitten, den ein oder anderen Test mit ihr machen zu dürfen. Wie Sie wissen, bin ich Psychologin. Es ist rein berufliche Neugier, hat also nichts direkt mit den polizeilichen Ermittlungen zu tun.«
    »Ein Intelligenztest?«
    Anna nickte. »Und einen Persönlichkeitstest.«
    »Das können Sie sich sparen. Beides wurde vor einem Jahr gemacht. Am Anfang war Jenny richtig gut in der Schule, aber im letzten Jahr ließen ihre Leistungen erheblich nach. Als ich sie deswegen gefragt habe, hat sie gemeint, sie langweilt sich.« Frau Jacob lachte. »Ich weiß, viele Eltern halten ihre Kinder für hochbegabt. Das ist gerade in Mode. Es reicht schon, wenn das Kind aus Weinkorken einen Kerzenständer bastelt. Aber bei Jenny hatte ich wirklich Grund zu der Annahme, dass da was dran sein könnte.«
    »Was hat der Test ergeben?«
    »Einen IQ von 136.« Frau Jacob stand auf und holte einige Papiere aus dem Wohnzimmerschrank. Sie zeigte Anna sowohl den Intelligenz- wie auch das Ergebnis des Persönlichkeitstests.
    Anna sah sich beides beeindruckt an. »Ist Jessica auch hochbegabt?«
    »Nein. Sie ist zwar ein kluges Mädchen und sehr ehrgeizig, aber ihr IQ bewegt sich nur knapp über dem Durchschnitt. Sie wollte damals natürlich auch gleich getestet werden, wohl in der Hoffnung, in der Schule damit angeben zu können. Subtil versteht sich. So hat sie sich zumindest ausgedrückt.«
    Anna lächelte: »Keine blöde Idee.«
    »Wenn’s klappt.«
    »Darf ich Sie fragen, ob Jenny ihre Begabung eher von Ihrer Seite geerbt hat oder von Ihrem Vater? Was vermuten Sie?«
    Frau Jacobs lachte amüsiert: »Also, von mir bestimmt nicht!«
    Anna formulierte die nächste Frage vorsichtig: »Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen zu nahetrete … Aber ich hatte gestern den Eindruck, als hätte Ihr Mann kein sonderlich inniges Verhältnis zu Jenny. Dabei würde man doch vermuten, dass auch er stolz auf sie ist.«
    Frau Jacob wurde plötzlich ernst: »Ich will offen zu Ihnen sein. Aber erwähnen Sie das bitte weder meinem Mann noch Jessica gegenüber. Mein Mann ist bei dem Thema sehr empfindlich. Und Jessica weiß nichts davon. Ebenso wenig wie Jenny. Werner, also mein Mann, hatte vor zwölf Jahren einen Unfall. Seitdem ist er zeugungsunfähig. Ich wollte aber unbedingt noch ein Kind. Also habe ich mich künstlich befruchten lassen. Mit einer anonymen Samenspende. Werner ist nicht der biologische Vater von Jenny. Er kümmert sich genau so aufmerksam um

Weitere Kostenlose Bücher