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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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vorbestimmt. Gott war ungerecht. Dafür hasste sie ihn. Und sie hasste ihn auch, weil er sie am Leben gelassen hatte, zurückgelassen mit all dem Schmerz, der sich nun Tag für Tag und Nacht für Nacht durch ihre Seele fraß.
    Es wurde dunkel um sie herum. So dunkel wie damals. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Das Herz in ihrer Brust schlug so hart, dass sie keine Luft mehr bekam. Genau wie damals. Sie versuchte, gleichmäßig zu atmen. Nur nicht zittern, nur nicht schreien, nur nicht weinen.
    Plötzlich spürte sie zwei starke Arme, die sich schützend um sie legten. Sanft zog Michael sie an sich heran und hielt sie fest. Das gab ihr ein Gefühl von Sicherheit. Am liebsten hätte sie ihn gebeten, sie nie mehr loszulassen.

    Sie begann sich zu beruhigen. Sie musste atmen. Und sie durfte auf keinen Fall weinen. Bloß nicht weinen. Große Mädchen weinen nicht!

3
    Mit gemischten Gefühlen war Michael mit Lisa hinunter zum Abendessen gegangen. Er traute seinem Vater nicht und hoffte inständig, dass er sich Lisa gegenüber fair benehmen würde. Zwar war Rudolf beim ersten Kennenlernen von ihr sehr beeindruckt gewesen, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nichts von Michaels Heiratsabsichten gewusst. Inzwischen hatte Michael seine Eltern über seine Pläne informiert, zweifelte aber, ob sein Vater damit wirklich einverstanden war. Schließlich entsprach Lisa keineswegs den Vorstellungen, die er von seiner zukünftigen Schwiegertochter hatte.
    Seine Befürchtungen erwiesen sich jedoch als unbegründet. Rudolf zeigte sich von seiner besten Seite und war so charmant wie schon lange nicht mehr. Er lud Lisa sogar ein, ihn auf die Eröffnung einer Gemäldeausstellung zu begleiten. Michael glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen.
    Doch Rudolf war begeistert von dieser Idee.
    »Es wird Ihnen gefallen«, sagte er zu Lisa. Er sprach sie noch mit Sie an, während Hilde ihr bereits das Du angeboten hatte. »Es werden Werke von Gauguin, Cézanne, van Gogh und auch einiges von Picasso gezeigt. Aber nichts, was sonst in irgendwelchen Museen hängt. Nur
Bilder aus Privatsammlungen, die bisher kaum jemand zu Gesicht bekam. Das wird spannend. Ganz besonders freue ich mich auf ein Gemälde von Juan Gris. Mögen Sie Gris?«
    Lisa zögerte mit der Antwort.
    »Er scheint nicht Ihr Fall zu sein«, grinste Rudolf. »Aber einiges von ihm ist sehr gut. Ein Sammler aus der Schweiz stellt Stillleben mit Karaffe zur Verfügung. Ich bin gespannt, es im Original zu sehen. Kennen Sie es? Nein? Aber bestimmt kennen Sie das Porträt, das er von Picasso gemalt hat.«
    »Ja, das kenne ich«, sagte Lisa. »Aber ich mag es nicht. Picasso wirkt darauf wie ein unförmiger Klotz.«
    Rudolf lachte herzhaft. »Soll ich Ihnen mal etwas verraten? Ich mag es auch nicht. Es ist einfach scheußlich. Picasso wirkt total phlegmatisch. Dabei war er voller Energie und Tatendrang. Und ich darf das sagen, schließlich habe ich ihn persönlich kennengelernt, an der Côte d’Azur, das war im Jahre …«
    Weiter kam er nicht, denn Hilde unterbrach ihn abrupt. Sie hatte keine Lust, zum tausendsten Mal diese Geschichte zu hören. Deshalb sagte sie, an Lisa gewandt: »Auch mein Mann wurde gefragt, ob er für die Ausstellung einen seiner Picassos zur Verfügung stellt. Am liebsten wäre ihnen Jacqueline mit Hut gewesen, aber Rudolf hat es abgelehnt. Der Oberbürgermeister war darüber sehr enttäuscht.«
    »Warum haben Sie abgelehnt?«, fragte Lisa erstaunt.
    Bevor Rudolf allerdings Luft holen konnte, ergriff Hilde wieder das Wort. »Weil er Angst hat, dass die Bilder
gestohlen werden. Oder dass er am Ende eine Fälschung zurückbekommt. So etwas soll ja alles schon vorgekommen sein.«
    »Ist es auch«, knurrte Rudolf und warf seiner Frau einen bösen Blick zu. Dann sagte er zu Michael: »Diese Ausstellungseröffnung ist für dich die ideale Gelegenheit, deine zukünftige Frau zu präsentieren. Immerhin werden ein paar wichtige Leute dort sein.«
    »Ich soll da auch mit?«, rief Michael überrascht.
    »Was hast du denn geglaubt?«, herrschte sein Vater ihn an. »Dachtest du, ich wollte mit ihr alleine dorthin gehen? Am Ende heißt es noch, ich hätte eine junge Geliebte. Von wegen. Wir gehen alle zusammen. Deine Mutter, Lisa und du auch.«
    Typisch, dachte Michael grimmig. Sein Vater sprach ein Machtwort, und alle hatten sich daran zu halten. Nur Lisa schien das nicht vorzuhaben und bat Michael mit einem unmissverständlichen Blick, sie aus dieser Situation zu befreien. Um

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