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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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ihrer Bitte Nachdruck zu verleihen, verpasste sie ihm unterm Tisch einen sanften Tritt gegen das Schienbein.
    Er seufzte leise. Ausgerechnet jetzt, da sein Vater ein Friedensangebot machte - und anders konnte man die Tatsache, dass er Lisa in aller Öffentlichkeit als Schwiegertochter vorstellen wollte, nicht nennen -, sollte Michael ihm widersprechen.
    Er suchte nach Worten und sagte zögernd: »Nun lass Lisa doch erst einmal richtig bei uns ankommen. Im Moment stürzt so viel Neues auf sie ein, und es gibt auch noch etliches zu erledigen.«

    Seine Mutter kam ihm spontan zu Hilfe. »Es gibt wirklich viel zu tun, Rudolf. Wir müssen den Anbau renovieren und einrichten. Und natürlich die Hochzeit vorbereiten. Da kommt einiges auf uns zu. Habt ihr zwei euch eigentlich schon ein Datum überlegt?«
    Michael verneinte und hoffte inständig, dass seine Mutter das Thema Hochzeitsfeier nicht weiter forcierte. Ansonsten blieb ihm nichts anderes übrig, als hier und jetzt zu gestehen, dass es keine Feier geben werde. Das hätte er lieber erst mit ihr allein besprochen.
    Aber Hilde fuhr bereits im munteren Plauderton fort: »Wir sollten dringend eine Gästeliste erstellen, Kinder. Schließlich müssen die Einladungen sehr schnell verschickt werden, damit die Gäste den Termin einplanen können. An welches Datum habt ihr gedacht? Ein Wochenende im Mai vielleicht? Oder Anfang Juni? Das wäre doch hübsch … Was hast du denn, Michael? Ist dir nicht gut?«
    Er räusperte sich verhalten. Nun musste er es ihnen sagen.
    »Also für unsere Hochzeit …«, stotterte er, »… hatten wir eigentlich andere Pläne.«
    Wie auf Kommando ließen seine Eltern das Besteck sinken und starrten ihn entgeistert an. Diese Blicke machten es ihm noch schwerer. Doch es half nichts. Er fasste sich ein Herz.
    »Lisa und ich … Wir haben beschlossen, in der Karibik zu heiraten.«
    »Wie bitte?«, brummte Rudolf.
    Hilde hingegen fand die Idee entzückend. »Das ist doch toll. Dann komme ich endlich auch einmal dorthin.
Die Karibik war ja schon immer mein größter Traum.«
    Gequält sah Michael seine Mutter an. Ihr zu erklären, dass sie bei der Hochzeit ihres einzigen Sohnes nicht dabei sein würde, fiel ihm wirklich nicht leicht. Doch er wollte nichts verheimlichen.
    »Lisa und ich würden gern allein heiraten«, sagte er. Nun war es heraus. Das Drama konnte seinen Lauf nehmen.
    Zunächst jedoch herrschte am Tisch eisiges Schweigen, bis Hilde bekümmert fragte: »Du willst uns bei deiner Hochzeit nicht dabeihaben?«
    Michael atmete tief durch. Und während er verzweifelt nach Erklärungen und Entschuldigungen suchte, schlug sein Vater heftig mit der Faust auf den Tisch. Hochrot im Gesicht, sprang Rudolf von seinem Stuhl auf und schrie: »Das werdet ihr nicht tun! In der Karibik kann heiraten, wer will. Du bist der zukünftige Geschäftsführer von MediCare und hast eine gesellschaftliche Verpflichtung. Deshalb heiratet ihr hier, und zwar mit allen wichtigen Leuten, die wir kennen. Habt ihr mich verstanden?«
    Danach stürmte er wutentbrannt aus dem Esszimmer und knallte die Tür mit einer solchen Wucht zu, dass das Geschirr auf dem Tisch klapperte.
    Hilde, die erschrocken zusammengezuckt war, schob ihren halb vollen Teller beiseite und kämpfte mit den Tränen. Trotzdem rang sie sich ein Lächeln ab und fragte: »Möchte jemand noch Dessert?«
    »Nein, danke«, antwortete Michael frustriert. »Mir ist der Appetit vergangen.«

    »Nun sei ihm nicht böse«, versuchte sie zu beschwichtigen. »Du kennst Papa doch. Er beruhigt sich wieder, und dann reden wir über alles.«
    Verständnislos schüttelte Michael den Kopf. Warum musste seine Mutter nur immer so tun, als sei alles in bester Ordnung?
    »Da gibt es nichts zu reden«, sagte er und griff nach Lisas Hand. Nach diesem Auftritt stand sein Entschluss endgültig fest. Er wollte sich von seinem Vater nicht länger herumkommandieren lassen, noch dazu vor seiner zukünftigen Frau. Verärgert verließ er mit Lisa das Esszimmer, auch wenn es ihm leidtat, seine Mutter jetzt alleinzulassen. Doch die falsche Harmonie dieser Familie ertrug er nicht länger.

    »Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, uns ein eigenes Haus zu suchen«, sagte Michael, als sie unten am Seeufer standen.
    Überrascht sah Lisa ihn an. »Du willst das Anwesen deiner Eltern verlassen? Das solltest du in Ruhe überdenken. Du bist im Moment verärgert und darfst schon allein deshalb keine Entscheidungen treffen.«
    Ihre Worte

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