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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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sein.

2
    Der Gang zum Labor war die ganze Nacht über hell erleuchtet. Die zwei Kameras konnten jede Bewegung sofort registrieren und die Bilder auf die Monitore des Nachtportiers übertragen. Es war praktisch unmöglich, nachts ungesehen in das Labor zu gelangen. Doch Lisa hatte auch dafür eine Lösung gefunden. Ob ihr Plan wirklich funktionierte, wusste sie allerdings nicht.
    Ganz in Schwarz gekleidet und mit einer schwarzen Mütze über dem Kopf, die gleichzeitig ihr Gesicht maskierte, stand sie hinter einer Wand und wartete. Es war zwei Uhr dreißig. Laut Zeitplan musste der Sicherheitsdienst in wenigen Minuten seinen Rundgang durch die oberen Stockwerke des Bürogebäudes beenden und beim Nachtportier erscheinen.
    Sie wagte einen kurzen Blick in den Empfangsbereich. Ein älterer Herr in Uniform saß Kaffee trinkend hinter der Rezeption und sah gelangweilt auf die zwei Monitore. Wenn gleich der Sicherheitsdienst erschien, musste es ihr gelingen, die beiden Männer für einen kurzen Moment von den Monitoren abzulenken, sie aufzuscheuchen und ihre Blicke zu zerstreuen.
    Sie umklammerte den kleinen Vogel in ihrer Jackentasche, der sich gegen ihren festen Griff zu wehren versuchte. Doch er musste sich gedulden und durfte sie bis zu seinem Einsatz nicht verraten. Deshalb drückte sie ihm mit Daumen und Zeigefinger den Schnabel zu.
    Dann endlich kam der Wachmann die Treppe herunter.
    »Oben alles okay?«, fragte ihn der Nachtportier.

    »Alles ruhig«, erwiderte er gähnend, setzte sich an die Rezeption und wollte sich gerade einen Kaffee einschenken, als Lisa die Hand aus der Tasche zog und den Vogel fliegen ließ. Orientierungslos und laut piepsend flatterte er durch den Empfangsbereich und schlug dabei wild mit den Flügeln. In einer ersten Schrecksekunde sprangen der Nachtportier und der Wachmann auf. Genau darauf hatte sie gewartet. Blitzschnell lief sie los, den langen Gang entlang zum Labor, schob dort die Magnetkarte in das Lesegerät, gab den Zahlencode ein und huschte geräuschlos durch die Stahltür hindurch. Dann versteckte sie sich hinter einem der hohen Regale und wartete. Hatte man sie bemerkt? Kam jemand? Doch es blieb alles still. Sie hatte es geschafft.
    Eine blaue, beinah gespenstisch wirkende Beleuchtung an der Decke des Labors ließ sie ihre Umgebung erkennen. In dem Regal vor ihr standen Unmengen von Glasfläschchen, und an der Wand gegenüber war ein Arbeitstisch mit einem Computer. Jemand hatte wohl vergessen ihn auszuschalten, denn die Kontrollleuchte blinkte. Er befand sich im Stand-by-Modus. Besser hätte sie es nicht antreffen können.
    Bis zum nächsten Rundgang des Sicherheitsdienstes blieben ihr genau zwei Stunden und zwanzig Minuten. Sie durfte keine Zeit verlieren, denn sie wusste zwar, wonach sie suchte, aber sie wusste nicht, wo sie es finden konnte.
    Sie überprüfte ihre Ausrüstung. Ein USB-Stick, eine Mini-Digitalkamera und eine kleine Taschenlampe, die sie gerade einschalten wollte, als sie plötzlich etwas hörte.
Sofort war sie in Verteidigungsstellung. Jeder Muskel ihres Körpers spannte sich an, ihr Geist war wachsam und hoch konzentriert. Sie war darauf gefasst, dass im nächsten Moment der Wachmann hereinkam. Aber nichts dergleichen geschah. Die Tür öffnete sich nicht, das Licht ging nicht an, nur dieses Geräusch war wieder da. Dann erkannte sie, dass sich das Computerschränkchen unter dem Arbeitstisch bewegte. Wie von Geisterhand geführt, rollte es langsam vor, bis es auf einmal stehen blieb und ein Kopf dahinter hervorlugte.
    Es war also noch jemand im Labor! Sie presste sich enger an das Regal heran, während der andere Einbrecher ungeschickt aus seinem Versteck kroch. Er versicherte sich, dass die Luft rein war, setzte sich an den Arbeitstisch und aktivierte den Computer. Er schien schon daran gearbeitet zu haben, bevor sie gekommen war, denn er öffnete gezielt eine Datei, legte eine CD ins Laufwerk und kopierte die Daten. Danach schrieb er eine E-Mail. In diesem Moment wurde plötzlich die Stahltür aufgerissen. Das Licht ging an, und Harry höchstpersönlich stand im Labor.
    »Guten Morgen, Herr Schuster«, sagte Harry, während er mit seinem Adlerblick sofort die Situation erfasste. Er sah den betriebsbereiten Computer, einen Aktenordner, den offenen Aktenschrank und fragte: »Was machen Sie denn um diese Zeit hier im Labor? Konnten Sie nicht schlafen? Oder fangen Sie immer so früh an zu arbeiten?«
    Bedrohlich baute Harry sich vor dem schmächtigen Martin

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