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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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dem unerwarteten Anprall einer größeren Welle, stolperte und wäre gegen die Bordwand gestürzt, hätte der Kapitän nicht blitzschnell reagiert. Bevor sie wusste, was geschah, hielt er sie in seinen Armen und drückte sie an seine Brust.
    Einen unendlichen Augenblick lang schien die Welt stillzustehen. Diese starken Arme, diese breite Brust, seine Wärme, sein herber Duft … Es war Mirijam, als träfe sie mitten im Sonnenschein ein noch viel hellerer Blitz. Das Boot tanzte auf den Wellen, der Wind peitschte das Wasser und zerrte an Gewand und Schleier, der Portugiese jedoch hielt sie sicher und fest umfangen. Ein Gefühl, wie sie es sich oft erträumt hatte, breitete sich in ihr aus, dazu kam dieses Kribbeln im Bauch. Mit geschlossenen Augen lehnte sie an der Brust des Portugiesen und spürte sein Herz schlagen.
    Auf einmal jedoch schien von seinem Körper eine Glut auszugehen, eine Hitze, die ihr die Luft nahm. Verlegen befreite sich Mirijam aus seinen Armen, setzte sich auf das Sitzbrett und zog ihr Gewand eng um sich.
    » Danke sehr«, sagte sie kaum hörbar und hielt den Blick auf den Boden des Bootes gerichtet.
    » … mir ein Vergnügen.« Auch die Antwort des Kapitäns war kaum zu verstehen. Seine Stimme klang belegt und nicht volltönend wie sonst.
    Die restliche Strecke bis zur Insel legten sie schweigend zurück.
    Die Befangenheit zwischen ihnen wollte auch in den nächsten Tagen nicht weichen, im Gegenteil, sie wuchs sogar noch. Wenn sich ihre Blicke unvermutet einmal trafen, senkte Mirijam rasch ihre Augen und errötete. Wenn sie seine Stimme unverhofft aus dem Zimmer des Abu vernahm, tat ihr Herz ein paar zusätzliche Schläge, und wenn sich gar ihre Hände versehentlich berührten, war es, als fange sie an zu brennen. So war sie zwar traurig, zugleich aber auch von Herzen froh, als er nach kurzer Zeit erneut aufbrach, um seine Geschäfte in Santa Cruz zu tätigen und sich zudem um eine Salzlieferung für die Färberei zu kümmern.
    » Wenn das Salz nicht bald kommt«, meldete Hassan einige Tage darauf, » können wir keine Schnecken mehr vorbereiten. Wir geraten schon jetzt ins Stocken, obwohl wir die Reste zusammenkratzen. Der Salzvorrat reicht höchstens noch für zwei oder drei Tage.«
    » Ausgerechnet jetzt«, murmelte Mirijam. Sie hatte es ja gleich geahnt, diese Großaufträge von Kapitän Alvaréz brachten alles durcheinander. Seitdem sie diese Mengen an Stoff zu färben hatten, kam es immer wieder zu Engpässen beim Salz, es schien nie ausreichend verfügbar zu sein. Schon deshalb hatte sie Kapitän Alvaréz’ Angebot, eine Ladung Salz zu besorgen, gern angenommen. Aber wo blieb er nur? Er hatte doch versprochen, schnell zurück zu sein.
    » Wo sind die Schnecken jetzt?«, fragte sie und wischte mit dem Unterarm die Haare aus der feuchten Stirn. » Noch im unteren Becken?«
    » Ouacha, ja. Wir kühlen sie mit Meerwasser.«
    » Danke, Hassan«, wandte sie sich an ihren Vorarbeiter. » Am besten baust du mit deinen Leuten einen zusätzlichen Sonnenschutz über dem Becken, ähnlich wie die Trockenstellagen.«
    Mirijam deutete auf die Holzgestelle, auf denen demnächst weitere frisch gefärbte Seidenstoffe und Wollstränge hängen würden, um an der Luft zu trocknen und dabei ihre Farbe zu entwickeln.
    Hassan, der sie um mehr als eine Haupteslänge überragte und ihr mit einem Schritt Abstand folgte, nickte. » Wir nehmen die restlichen Holzstangen und decken alles mit Palmwedeln ab. Das müsste ausreichen.« Damit ging er. Mirijam wusste, er würde sich sogleich an die Arbeit machen, auf ihn war Verlass.
    Wenigstens waren sie mit der Kalkbrennerei auf einem guten Weg, denn endlich fanden die Berge der widerlichen Schneckenreste eine sinnvolle Verwendung. Sie beschirmte die Augen und blickte hinüber zum Festland. Hinter einer Lehmmauer am hohen Ufer des Strandes, dort, wo auch bei Sturm weder Wellen noch Gischt hinreichten, standen die vier Brennöfen, die nach Abu Alîs Anweisung erbaut worden waren, und daneben befanden sich einige tiefe Kalkgruben. An der dunklen Rauchwolke konnte sie sogar von hier aus erkennen, dass der mittlere Brennofen soeben angefeuert wurde. Dreimal sieben Tage sollten die Schneckenhäuser luftdicht verschlossen in Hitze und Dunkelheit bleiben, danach mussten sie langsam im Ofen abkühlen. Während bei dem mittleren Ofen die magische Umwandlung gerade erst begann, erkalteten die zwei anderen bereits. Diese Öfen würde man bald leeren und die frisch gebrannten

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