Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
Sie legte den Teller beiseite. Warum gab er so bereitwillig Auskunft auf ihre neugierigen Fragen?
» Ja. Nein. Also, ich bin nicht so häufig zu Hause, wie ich es gerne wäre«, antwortete er. » Aber ich habe ein Ehepaar, Moktar und Budur, die das Haus und mich versorgen. Sie kümmern sich um alles, denn ich habe, wie Ihr vielleicht bereits wisst, keine Familie. Ich war auch noch nie verheiratet. Ja, so ist es, noch nie verheiratet.«
Jetzt begannen Mirijams Hände zu schwitzen, und ihr Herz klopfte lauter. Hatte er ihr soeben ein Stichwort gegeben? Falls ja, wie sollte sie darauf reagieren? Oder war es nicht vielmehr so, dass er konkreter werden musste? Ach, wenn sie doch mehr über derartige Dinge wüsste! Nervös zupften ihre Finger an einem Seidenkissen.
» Ich könnte mir vorstellen«, sagte der Kapitän mit belegter Stimme und räusperte sich, » dass Euch Santa Cruz gefällt, Lâlla Azîza. Es ist eine laute, quirlige Stadt voller Menschen, enger Gassen und bunter Souqs.« Er räusperte sich erneut, dann fuhr er mit fester Stimme fort. » Es gibt dort wahrhaftig alles Erdenkliche zu kaufen, von Mahagoniholz für den Schiffsbau über Kakao, Zucker und Gewürze für den Haushalt bis hin zu Pelzen, Lederwaren, Jagdfalken, Weihrauch und Ambra. Einfach alles, was man braucht. Darüber hinaus erhält man natürlich auch Dinge, die man nicht braucht, aber gern haben möchte, hiervon wird sogar besonders viel angeboten. In der Stadt tummeln sich Seeleute und Händler aus der ganzen Welt sowie Angehörige sämtlicher Handwerke. Und es gibt natürlich den großen Hafen, in dem stets Schiffe von überallher liegen.«
» Vielleicht habt Ihr recht«, antwortete Mirijam nachdenklich. Während seiner Schilderung hatte sie sich wieder gefangen. » Vielleicht würde ich das wirklich gern einmal sehen, aber …« Sie verstummte.
Auch Alvaréz schwieg. Auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen.
Endlich gab er sich einen Ruck. » Ich hoffe, Ihr werdet mir meine Offenheit verzeihen, Lâlla Azîza. Die Sache ist nämlich die …« Er nestelte ein Tuch aus dem Gürtel. » Que difícil! Also, es ist so, dass ich darüber nachdenke, nicht länger allein zu bleiben in meinem Haus.« Er zögerte, dann straffte er die Schultern. » Ich denke daran«, fuhr er schließlich hastig fort, als müsse er seinen ganzen Mut zusammennehmen, » wie soll ich es sagen? Ich denke daran, mich zu verheiraten.« Langsam faltete er das Tuch auseinander. » Und jedes Mal, wenn mir dieser Gedanke kommt, fallt Ihr mir ein.«
Ein Ring mit einem roten Stein rollte aus dem Tuch auf den Tisch, und ein Lichtstrahl brachte den Stein zum Glühen.
Erst als ihr Hocker mit einem lauten Poltern umstürzte, bemerkte er, dass Mirijam aufgesprungen war. Augenblicklich erhob er sich ebenfalls und trat einen Schritt auf sie zu.
» Habe ich Euch erschreckt? Bitte, bitte verzeiht! Was bin ich doch für ein Tölpel, ich hätte vermutlich zuerst mit Eurem Vater sprechen sollen.« Er fuhr sich über die Stirn. » Aber es ist so, dass ich mir nichts auf der Welt mehr wünsche, als Euch zu heiraten und Euer Ehemann zu sein. Diesen Wunsch spürte ich schon, als ich Euch das allererste Mal sah. Ihr seid so schön, so klug, so sanft, gewandt und tüchtig. Ihr seid bewundernswert in all Eurem Tun und in Eurem Wesen, und ich kann ohne Euch nicht sein. Ich bitte Euch, schenkt mir Eure Hand fürs Leben!«
Mit diesen Worten sank er vor Mirijam auf die Knie.
Mit seinem teuflisch roten Ring hatte er sie zutiefst erschreckt, dabei konnte er ja nicht wissen, dass sie Angst vor allem Roten hatte, dachte sie. Sie versuchte, sich zu fassen. Wahrscheinlich hatte er niemals etwas ernster gemeint als diese schönen Worte. Mirijam schaute ihm in die Augen. Was sie dort las, brachte ihr Herz endgültig aus dem Takt und machte ihre Knie weich. War das Liebe? Sie spürte, wie ihre inneren Schutzwälle bröckelten. Ihre Hände sehnten sich plötzlich danach, seine Wangen, sein Kinn und seine Haare zu berühren, und aus dem Bauch stiegen Wärme und Lachen herauf.
Sein Blick hing an Mirijams Gesicht, während die Finger auf der Suche nach dem Ring blind über den Tisch tasteten. Als er ihr schließlich die offene Hand entgegenstreckte, stutzte sie. Dann aber tanzte plötzlich ein Lachen in Mirijams Augen.
» Was soll ich dazu sagen, Kapitän Alvaréz?«, fragte sie, und die Grübchen in ihren Wangen vertieften sich. » Ihr habt wahrhaft glänzende Argumente.« Damit deutete sie auf die
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