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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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fata morgana in der vor Hitze flirrenden Wüste. Sie trug ein Gewand aus grünschimmernder, feinster Baumwolle, hatte die Augen mit khôl umrandet und die Haare gebürstet, bis sie glänzten. Als Schleier diente ihr ein zartes, goldbesticktes Tuch, das sie lose über die Locken gelegt und vor das Gesicht gesteckt hatte. Nur ihre Augen blitzten hervor, der Rest blieb eine Andeutung.
    Obwohl der Kapitän heute anstelle der obligatorischen faltenreichen Schaube eine ärmellose Weste über einer leichten Hose und einem frischen Hemd trug, eine Konzession an die herrschende Hitze, schwitzte er. Wiederholt musste er sich räuspern. Eine ungewohnte Spannung lag in der Luft. Keiner schien den unbefangenen Umgangston früherer Treffen finden zu können.
    Haditha brachte frischen sherbet und eine Platte mit kandierten Datteln. Das höfliche Gespräch drehte sich eine Weile um die bevorstehende Obsternte. Endlich aber gab sich der Kapitän einen Ruck und erkundigte sich nach Alî el-Mansours Erkrankung.
    » Habt Ihr Euch am Auge verletzt?«
    » Oh nein, zum Glück nicht. Meine Tochter ist eine gute cirurgica, müsst Ihr wissen. Sie hat mir den Star gestochen, bevor es zur völligen Erblindung kam«, erklärte der Alte. » Allah war mit ihr und gab ihr eine ruhige Hand. Ich bin ihr außerordentlich dankbar.«
    » Eine Operation? Deus, so etwas könnt Ihr?«, staunte der Kapitän. » Bei Gott, Sherif, Ihr könnt wirklich stolz auf Eure Tochter sein! Ich würde lügen, wenn ich sagte, ich kennte eine zweite Frau wie Lâlla Azîza. Meine allergrößte Hochachtung!«
    Mirijam musste sich ein Lächeln verkneifen angesichts dieser seltsam gestelzten Rede. Mit gesenkten Augen saß sie auf ihrem Polster und schwieg zu den lobenden Worten. Der Kapitän konnte seine Augen nicht von ihr lösen, und unwillkürlich tastete er nach dem Ring in seinem Gürtel.
    » Ja, sie hat viele Talente«, bestätigte der Alte.
    Niemand erwiderte etwas darauf, und erneut erstarb das Gespräch. Nach einer Weile unterbrach der Alte die gespannte Stille: » Ich denke, ich sollte etwas ausruhen. Umso mehr werde ich Eure Gesellschaft heute Abend genießen können. Entschuldigt mich also, Kapitän, wir sehen uns später.«
    Stumm sahen beide dem Alten nach. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, trafen sich ihre Blicke.
    » Ihr seht heute bezaubernd aus, wunderschön«, sagte der Kapitän und lächelte voller Bewunderung.
    Mirijam schwieg. Noch nie in ihrem achtzehnjährigen Leben hatte ihr jemand ein Kompliment über ihr Aussehen gemacht. Man hatte ihre Auffassungsgabe gelobt, das gute Gedächtnis, ihren Fleiß und andere Fähigkeiten, über die sie angeblich verfügte, von Schönheit jedoch war bis jetzt nie die Rede gewesen. Ein warmes Gefühl durchströmte sie und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Ja, sie mochte den Kapitän. Gerade die etwas raue, selbstbewusste und direkte Art, die der Kapitän bevorzugte, flößte ihr Sicherheit ein. Dabei neigte sie normalerweise zu Argwohn.
    Sie spürte, wie sich der feine Schleier löste und mehr und mehr verrutschte. Damit gewährte sie dem Portugiesen einen großzügigen Blick auf ihre niedergeschlagenen Augen und geröteten Wangen.
    Das Schweigen im Raum wurde allmählich drückend. Warum sagte er nichts?
    » Kapitän Alvaréz«, begann sie schließlich, » habt Ihr die bestellten Stoffe erhalten?«
    Eigentlich hatte sie mutig sein und fragen wollen, ob er verheiratet sei, im letzten Moment jedoch hatten sich die anderen Worte ganz von allein in ihren Mund geschlichen.
    » Lâlla Azîza, ich habe, was immer Euer Herz begehrt.«
    Angesichts der ungewollten Doppeldeutigkeit seiner Worte war es nun an ihm, die Augen niederzuschlagen. Mirijam aber hatte das flüchtige Lächeln in seinen Augenwinkeln entdeckt und Mut gefasst.
    » Welche Geheimnisse befinden sich eigentlich in jener Kiste dort? Ist sie etwa wieder bis obenhin mit Goldstücken aus dem Teppichverkauf gefüllt?«
    » Oh ja, die Kiste … Nein, kein Gold, diesmal nicht. Genau genommen handelt es sich eigentlich auch nicht um Geheimnisse, sondern lediglich um einige Kleinigkeiten für Euren Haushalt. Als ich ein paar Rollen feiner Goldfäden sah, musste ich sofort an Euch denken, und so kaufte ich sie. Dann fand sich noch dieses und jenes, und plötzlich brauchte ich eine ganze Kiste für all die Nichtigkeiten.«
    Er holte die Truhe herbei, öffnete sie und zog ein Stück golddurchwirkten Samt beiseite.
    » Seht her«, sagte er. » Ein

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