Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
Vom Netzwerk:
dazu!. Dabei strotzte er derart vor Lebensfreude und Kraft, dass Mirijam verlegen ihre Augen senkte.
    Obwohl er etliche neue Stoffballen mitgebracht hatte, ließ Mirijam die Arbeit ruhen. Sie liehen sich Pferde von den Bauern der Oase und unternahmen Ausritte am Strand, oder sie brachten ganze Nachmittage im Oasengarten zu, wo sie im kühlen Schatten der Palmen saßen, plauderten und kleine Vögel beobachteten, die munter zwischen den Blättern flatterten und lauthals sangen. Und seitdem er einmal beim Überqueren eines Wassergrabens nach ihrer Hand gegriffen hatte, um ihr behilflich zu sein, gingen sie Hand in Hand, wenn sie sich unbeobachtet wussten.
    In dieser Zeit gab es keinen Morgen, an dem Mirijam nicht mit einem Lächeln erwachte.
    Einmal allerdings, während eines Spaziergangs in der Oase, trübte eine Verstimmung die Leichtigkeit dieser Tage. Mirijam sprang vor Miguel einen der kleinen Dämme entlang und verbarg sich hinter einer Palme. Der Kapitän tat, als suche er sie und könne ihr Versteck nicht finden, bis er auf einmal blitzschnell zugriff. In gespieltem Schrecken schrie Mirijam auf. Sie lachte und versuchte, sich zu befreien und zu entkommen. Doch Miguel ließ nicht locker. Halb im Spaß hielt er sie an den Oberarmen fest. Seine Augen glitzerten, als er sie gegen den Stamm einer Palme drängte. » Meine Perle«, stammelte er, » meine Liebe und meine Wonne, du bist so schön, so rein … Eu amo você, ich liebe dich!«
    Plötzlich wurde seine Stimme dunkel und rau, und sein Atem ging heftig, als er versuchte, sie zu küssen und mit der Zunge ihren Mund zu öffnen. Er stöhnte, drängte sie gegen den Baum und presste sich an ihren Leib, bis sie sich nicht mehr rühren konnte.
    Mirijams Fröhlichkeit war wie weggeblasen. Angst stieg in ihr auf, würgende, lähmende Angst. Ihr Atem stockte. Alles in ihr verkrampfte und verhärtete sich, Arme, Nacken, Bauch, alles. Nein, schrie sie stumm, nicht!
    Plötzlich jedoch strömte das Leben mit mächtigem Rauschen in den Ohren in sie zurück, und ihre Brust weitete sich. Keiner sollte das mit ihr tun dürfen, niemals wieder! Sie stemmte die Hände gegen seine Brust, um sich aus der Umklammerung zu befreien. Sie versuchte, unter seinen Armen wegzutauchen oder wenigstens ihren Kopf zu drehen. Miguel ließ sich jedoch nicht beiseiteschieben, er war zu stark. Lachte er etwa über ihre Gegenwehr? Merkte er nicht, dass es für sie längst kein Spiel mehr war? Seine Zunge zwang sich in ihren Mund.
    Mirijam riss ihre Hand hoch und schlug ihn mit aller Kraft ins Gesicht. Als Miguel sie entgeistert ansah, schlug sie ihn gleich noch einmal.
    Jetzt endlich ließ er los und trat einen Schritt zurück. Er wurde erst blass, dann schamrot. » Desculpe me! Deus, ich habe das nicht … Maldito, was habe ich getan? Verzeih mir, ich bitte dich. Ich flehe dich an, verzeih mir …«
    Mirijam schnaubte. Dann rannte sie mit wehendem Gewand nach Hause und verriegelte die Haustür.
    Am nächsten Morgen bat er erneut um Vergebung. » Ein Rüpel bin ich, ein ungehobelter Grobian. Ich habe dich gar nicht verdient. Die ganze Nacht habe ich überlegt, was ich … Ich kann dich nur von Herzen bitten, mir zu verzeihen.« Sein Verhalten schien ihm aufrichtig leidzutun. Mit gesenktem Blick stand er vor ihr, knetete seine Kappe und machte den Eindruck, als würde er am liebsten im Boden versinken.
    Doch Mirijam hatte nicht vergeblich die halbe Nacht wach gelegen. Natürlich wusste sie längst, zwischen Männern und Frauen gab es Kräfte, von denen sie bis jetzt noch nicht einmal eine Ahnung hatte. Die Dichter erzählten davon – von den Liebesgefühlen, den dunklen Versuchungen und mystischen Geheimnissen. In Liedern wurde darüber gesungen, aber etwas Konkretes sagten sie nicht. Dabei wussten selbst ihre Weberinnen offensichtlich, worum es ging, wenn sie miteinander tuschelten, lachten oder in Andeutungen sprachen. Auch wenn das alles für sie also Neuland war, eines wusste sie immerhin: Es war fundamental wichtig für jede Ehe.
    » Schick mich zur Strafe zu den Kalköfen«, bat Miguel in diesem Moment. » Ich werde den Ofen befeuern und den frisch gebrannten Kalk mit extra dünnen Ruten zu dem feinsten Brei, den die Welt je gesehen hat, schlagen, wenn du mir nur verzeihst.«
    » Schließ die Augen und rühr dich nicht«, befahl Mirijam stattdessen. » Nicht bewegen, ja?«
    Miguel schloss die Augen.
    Mirijam reckte sich, legte die Hände um sein Gesicht und hauchte einen Kuss auf seinen Mund.

Weitere Kostenlose Bücher