Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
baraka und hielt den bösen Blick fern. Mirijam hatte man üppig mit Rosenwasser besprengt, mit Juwelen geschmückt und in einen schneeweißen, seidenen Kaftan und einen Spitzenschleier gekleidet, wie es für eine Braut angemessen war.
Zum Glück ließ es das milde Winterwetter zu, dass die große Feier im Freien stattfinden konnte. Draußen in Hof und Garten wurde gegessen, getrunken und zur Musik von Trommeln und Pfeifen getanzt, Männer und Frauen in getrennten Höfen. Sie aber saß währenddessen allein mit Haditha hier auf dem Brautbett und schlug die Zeit mit einem Brettspiel tot. So hatte sie sich das nicht vorgestellt!
Wo blieb Miguel? Er durfte mit den Männern feiern, durfte mit ihnen essen und tanzen und ihre Glückwünsche entgegennehmen, während sie unsichtbar bleiben musste. Dabei sehnte sie sich nach ihm! Seitdem er zurückgekommen war und wie ein Sturm durch die Hochzeitsvorbereitungen brauste, wollte sie nur noch mit ihm beisammen sein.
» Eure Freundinnen, Schwestern, Tanten und, nicht zu vergessen, Eure Mutter sollten jetzt bei Euch sein«, stichelte die schwarze Sklavin beiläufig und ohne ihre Augen von dem Spielbrett zu heben. » Sie hätten bereits gestern Nacht mit Euch das Hennafest feiern sollen, hätten lachen und scherzen und singen oder vielleicht auch weinen sollen. Es ist nicht recht, dass Ihr allein seid. Und darauf soll der Segen des Allmächtigen liegen?« Sie schnaubte.
Irritiert hob Mirijam den Kopf. Warum sagte Haditha so etwas? Sie wusste doch genau, dass sie außer Abu Alî niemanden hatte. Schon seit langem spürte Mirijam eine unterschwellige Feindseligkeit bei ihrer Dienerin. Sie zeigte neuerdings sogar manchmal einen unterschwelligen Widerstand gegen Mirijam und ihre Anordnungen. Dabei verwendete sie kaum Worte, eher ließ sie Körperhaltung und Mimik sprechen. Während sich Mirijam bemühte, ihren Dienern und Arbeitern gegenüber freundlich, großzügig und gerecht aufzutreten und sich auch um deren Wohlbefinden zu kümmern, benahm sich Haditha immer unfreundlicher. War sie unzufrieden?
Erst gestern hatte Mirijam anlässlich der Hochzeit allen Arbeitern und Hausbediensteten Geldgeschenke überreicht und sie mit neuen Kleidern ausgestattet, Haditha zum Beispiel mit einem neuen Gewand aus rotem Samt mit weiten, seidenen Hosen. Es stand ihr gut, und sie trug es voll Anmut und Würde. Weshalb also verhielt sie sich so feindselig?
» Es ist zweifellos Allahs Wille, dass meine gesamte Familie allein aus Sherif Alî besteht«, entgegnete Mirijam kühl. » Wir sollten den Beschluss des Allwissenden nicht anzweifeln. Und nun hole mir bitte frischen sherbet aus der Küche. Wenn du willst, kannst du danach zusammen mit den anderen essen und feiern.«
Haditha schnaubte erneut, wie immer, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. » La! Es schickt sich nicht, eine Frau in ihrer Brautnacht allein zu lassen«, entgegnete sie knapp. » Die Dschinn könnten über sie herfallen.«
Kopfschüttelnd sah Mirijam der Dienerin nach, die aufreizend langsam den Raum verließ. Doch ihre Worte konnten sie nicht treffen. Ab jetzt gab es Miguel in ihrem Leben, und mit ihm an ihrer Seite würde sie sich nie mehr allein fühlen. Bei dem Gedanken an den lauten, lustigen und lebensfrohen Miguel lächelte Mirijam. Wie ein frischer Seewind fegte er durch ihr Leben. Er liebte und bewunderte sie und hatte geschworen, dass das bis an sein Lebensende so bleiben würde. » Mit Rosenblättern werde ich jeden deiner Wege bestreuen, auf dass du bei jedem Schritt von betörenden Düften umgeben bist!«, so hatte er ihr erst gestern versprochen und sein Gelübde mit dem Schlagen des Kreuzzeichens vor der Brust besiegelt. Mirijam zupfte an ihrem Schleier und seufzte.
Draußen im Garten feierten Gäste aus der Zitadelle, die Arbeiter sowie die Seeleute der Santa Anna gemeinsam mit Miguel und Abu Alî. Der Klang von Trommeln und Kastagnetten sowie der beschwörende Gesang der gnaoua, mit dem sie Allahs Segen erflehten, drang zu ihr herein, und sie wiegte sich im Takt. Duftende Schwaden von Zimt, Nelken und gebratenem Fleisch zogen durch Haus und Innenhöfe. Weihrauch und Sandelholz wurde in allen Räumen verbrannt, und in diesem Zimmer glomm in einem tönernen Gefäß ein Büschel wilder Gartenraute, deren Rauch sie vor dem bösen Blick schützen sollte. Den Gästen wurden die Hände mit aromatisierten Wässern gewaschen und parfümiert. Man hatte wirklich an alles gedacht, um das Glück zu sichern und
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