Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
missgünstige Dschinn von ihr fernhalten sollte, machte sich Mirijam schon nach kurzer Zeit wieder auf den Heimweg. » Erwarte nichts von ihm, und du wirst überrascht werden«, hatte die schwarze Kräuterfrau auf ihre Fragen geantwortet. » Besonders in den kommenden Monaten solltest du nichts erhoffen, denn Männer und Frauen leben nun einmal in ihren eigenen Welten«, riet sie weiter. » So ist es schon seit urvordenklichen Zeiten. Nimm die glücklichen Augenblicke als das, was sie sind: kleine Geschenke des Lebens.«
Mirijam seufzte.
Miguel wandte sich dem Hafen zu. Sein Schiffszimmermann, die Seiler, Segelmacher und einige Seeleute, die an Bord geblieben waren, hatten die vergangenen Wochen dazu genutzt, die Santa Anna gründlich zu untersuchen und notwendige Reparaturen vorzunehmen. Wenigstens hatten die Portugiesen in der Festung einen ausreichenden Vorrat an abgelagerten Hölzern, Teer und Werg gehabt, Material, das sie für die Instandsetzungsarbeiten seines Schiffes brauchten. Mestre Jorge, sein Zimmermann, stand am Kai und beaufsichtigte die Arbeit der einheimischen Handwerker. Miguel vertraute ihm. Er war nicht nur ein erfahrener Seemann, mit dem er schon etliche Stürme und manch andere heikle Situation überstanden hatte. Er war zudem ein ausgezeichneter, verlässlicher Schiffszimmermann.
Miguel schaute in die Ferne und überlegte, welche Schwierigkeiten ihn möglicherweise in Antwerpen erwarteten. Er wusste, die Stadt war voll mit eingebildeten Pfeffersäcken, die mit großem Gehabe ihren Konventionen huldigten und sich Neulingen gegenüber verschlossen zeigten. Seiner Erfahrung nach waren die meisten Hindernisse allerdings schnell überwunden, sobald es für jeden etwas zu verdienen gab. Warum sollte das ausgerechnet in Antwerpen anders sein?
Und dann war da noch der Advocat, den er sich zur Brust nehmen wollte. Jeden Stein würde er umdrehen, und mit Hilfe des einen oder anderen gefüllten Beutels, in die rechten Hände gelegt, blieben Geheimnisse selten lange geheim, das wusste jeder. Sollte sich der schwere Verdacht bestätigen, dann gnade ihm Gott, diesem Jacob Cohn!
Der alte Sherif war immer noch ein schlauer Fuchs. Er hatte ihn nämlich daran erinnert, dass in Antwerpen möglicherweise alte Steuerlisten oder Inventarverzeichnisse existieren könnten. Wenn er mit schriftlichem Kram nur besser zurechtkäme, dachte er, aber notfalls musste er sich eben einen vertrauenswürdigen Partner suchen. Zunächst ging es sowieso nach Santa Cruz, dort konnte er Cornelisz fragen, ob der ihm jemanden in Antwerpen empfehlen konnte.
Tief sog er die salzige Luft ein und prüfte Wolken, Wind und Wellen. Ja, dachte er, es wurde wirklich höchste Zeit, wieder in See zu stechen. Miguel straffte die Schultern.
» Bom dia. Geht’s voran?«, fragte er seinen Zimmermann.
Jorge wiegte bedenklich den Kopf. » Sim é não, Senhor Capitão, ja und nein. Wir sind fertig, aber ich glaube, ich habe soeben Spuren vom Schiffsbohrwurm entdeckt. Seht her, hier habe ich ein Teilstück der Ruderanlage. Was meint Ihr dazu?«
Miguel besah sich den Balken, den man ausgebaut und bereits durch einen neuen ersetzt hatte. » Maldito, Ihr habt recht«, sagte er. » Nur gut, dass unsere Santa Anna unterhalb der Wasserlinie mit Blei verkleidet ist. Habt Ihr denn noch weitere Anzeichen entdeckt?«
Jorge schüttelte den Kopf. » Zum Glück nicht. Von der Mastspitze bis zum Kiel ist so weit alles in Ordnung. Aber vielleicht sollten wir die Santa Anna dennoch bald einmal trockenlegen und den Rumpf überprüfen. Einstweilen haben wir sie jedoch wieder gut in Schuss gebracht, mitsamt der Takelung und den ausgebesserten Segeln. Sie wird über das Wasser gleiten wie eine Schwalbe.«
Miguel hörte sehr wohl die unausgesprochene Frage hinter den Ausführungen des Zimmermanns: Eigentlich hielt sie hier doch nichts mehr, oder? Das Schiff war fertig, wann also würden sie endlich auslaufen und wieder auf Fahrt gehen?
Miguel räusperte sich. Jorges Erklärungen machten ihm die Entscheidung leicht. » Gut gemacht«, nickte er. » Ich bin sehr zufrieden. Also hört, Meister Jorge, ich gehe sogleich zur Kommandantur. Ruft Ihr in der Zwischenzeit die Offiziere zusammen. Insbesondere bitte ich Diego Pireiho, den Navigator, in einer Stunde in meine Kajüte. Wir laufen so bald wie möglich aus, zunächst nach Santa Cruz. Dort werden wir Ladung und Mannschaft komplettieren und die Ausrüstung und den Proviant ergänzen. Wir beginnen schon morgen mit dem
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