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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Kopf gewickelt hatten. Einer der Männer trug gar rote Lederstiefel an den Füßen. Wem er die wohl gestohlen hatte? An den Gürteln hingen Waffen, die im Feuerschein schimmerten, lange Messer, breite Dolche mit Blutrinnen oder funkelnde Krummschwerter mit scharfen Schneiden.
    Sechs von ihnen näherten sich soeben mit gezückten Messern den gefangenen Seeleuten. Während zwei Männer einen Gefangenen festhielten, schor ihm der Dritte die Haare. Nur ein schmaler Streifen in der Mitte des Kopfes blieb stehen. Natürlich versuchten einige Matrosen, sich zu wehren. Durch die Fesseln behindert, mussten sie die erniedrigende Schur aber über sich ergehen lassen. Danach packten die Piraten zu fünft einen Mann, drückten ihn in den Sand und hielten seine Füße fest. Einer von ihnen trug dicke Lederhandschuhe. Der nahm die mittlerweile rot glühende Eisenstange aus dem Feuer und zog deren Spitze zweimal über die Fußsohle des Gefangenen. Der schrie und stöhnte vor Schmerzen, während die Seeräuber schon nach dem Nächsten griffen. Ein widerlicher Gestank von verbranntem Fleisch wehte über den Strand, als die Korsaren einem nach dem anderen die Füße markierten.
    Mirijam schlug die Hände vors Gesicht. Die Schreie der Matrosen, die sich im Sand wanden, die verpestete Luft, die grausamen Piraten, das triumphierende Gelächter, ihre eigene Angst, das alles war zu viel. Übelkeit überkam sie, aber dann musste sie doch zwischen den gespreizten Fingern hindurchspähen. Im Licht der Feuer konnte sie erkennen, welches Zeichen den Männern auf den Fußsohlen eingebrannt worden war: ein Kreuz, das unauslöschliche Zeichen dafür, dass es sich bei diesem Mann um einen der verhassten Christen handelte.
    Lucia schien von dem grässlichen Schauspiel nichts mitzubekommen. Unentwegt murmelte sie leise, unverständliche Worte vor sich hin, knetete die Hände und rupfte an ihren Haaren. Dann wieder kratzte sie sich an den Beinen und drehte dazu manchmal ruckartig ihren Kopf. Sie verhielt sich wie eine Puppe, deren Fäden von einer fernen Kraft gezogen wurden.

9
    Die Marionetten schlenkerten ihre Arme und Beine herum und tanzten zu einer lautlosen Musik. Nur halblautes Gemurmel drang durch Mirijams Träume. Hatte sie geschlafen? Sie fuhr hoch, und sofort stand ihr der gestrige Tag wieder vor Augen. Piraten und Gefangenschaft! Und Verrat. Und Lucia? Sie lag zusammengerollt neben ihr, eine Hand unter der Wange, und schlief. Sicher hatten sich über Nacht ihre schwachen Nerven erholt. Wie gut, wenn sie erst wieder die Alte war. Gemeinsam würden sie sich stützen und helfen und alles überstehen.
    In Reihen standen die Korsaren am Strand und hielten die Hände zu Schalen geformt, als wollten sie das Licht der gerade aufgehenden Sonne darin auffangen. Sie verneigten sich, sanken auf die Knie und berührten mit der Stirn den Boden. Das alles sah so friedlich und feierlich aus. Ob sie miteinander beteten? Beteten solche Banditen denn überhaupt? Mirijam lauschte gebannt.
    Plötzlich kam ihr der Gedanke zu fliehen. Vielleicht war dies die richtige Gelegenheit? Keiner von den Piraten beachtete sie, es könnte also klappen, wenn sie leise und vorsichtig genug vorgingen. Sie rüttelte Lucia wach. Noch während Mirijam überlegte, wohin sie flüchten und wo sie sich verstecken könnten, setzte sich Lucia neben ihr mit einem Ruck auf. Ihre Augen flackerten, als sie suchend umherblickte. Dann hatte sie die Betenden entdeckt, und ihr Gesicht verzerrte sich.
    Mit einem Schrei sprang sie auf die Füße. Eine Hand verkrampft über dem Bauch, die andere am Hals schrie sie: » Ahh, Teufel! Heilige Mutter Gottes, alles Teufel, das ist die Hölle! Oh geliebter Jesus, Maria und Heiliger Geist, lieber Gott, steht mir bei! Ave Maria gratia plena, pater noster qui es …«
    » Pst, sei leise!« Mirijam legte Lucia die Hand über den Mund, doch in ihrer Rage schlug diese sie beiseite. Wie eine Tollwütige stand Lucia da, am ganzen Körper zitternd, mit geweiteten Augen und Speichelbläschen in den Mundwinkeln. » Fass mich nicht an!«, keifte sie. » Siehst du es denn nicht? Teufel, überall Teufel, alles voller Teufel!«
    Die Piraten hatten sich umgewandt und starrten herüber. Zwei der Männer kamen angelaufen und packten Lucia. Einer drehte ihr den Arm auf den Rücken, der andere griff nach ihrer Taille. Lucia wehrte sich nach Kräften. Sie trat um sich, spuckte und kreischte.
    » Lucia! Beruhige dich, um Himmels willen!«
    Einer der Männer, der hinter

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