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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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legte die zusammengelegten Hände an eine Wange und hob fragend die Brauen.
    » Wo du schlafen wirst? Am besten hier in der Küche«, entschied die Signora.
    Im Schutz der Dunkelheit holte Mirijam ihren kostbarsten Besitz aus dem Versteck unter der Holzkohle hervor. Bis jetzt hatte sie noch nicht den Mut gefunden, das Päckchen mit den Briefen zu öffnen. Die Anweisung ihrer Mutter lautete, sie solle sie als Braut lesen oder wenn sie in Not sei. War sie denn nicht in Not? Worauf wartete sie also? Das wusste sie selbst nicht. Sie wickelte es in ein sauberes Tuch, legte es unter ihre Schlafmatte in der Küche und bettete den Kopf darauf.
    In dieser Nacht träumte sie von Vaters vollen Lagerhäusern und von den Säcken und Ballen mit den geheimnisvollen Aufschriften, die dort gestapelt waren.

19
    Antwerpen 1521
    Am Nachmittag hatten zwei vollbeladene Galeonen, Kauffahrer aus Livorno, am Kai festgemacht, und als die Nacht über Antwerpen hereinbrach, lief das Gerücht bereits im Hafen um. Schauerleute hatten die Neuigkeit von Bord der italienischen Schiffe getragen und sie mitsamt der Ladung an Land gebracht. Nach den Leuten in den Lagern erreichte sie die Hafenarbeiter, Schiffsausrüster und Disponenten, und nun rumorte es bereits in der halben Stadt.
    Ein zäher Tag, angefüllt mit lästigen und unwichtigen Arbeiten und dem erneuten Abschreiben bereits kopierter Listen neigte sich dem Ende zu. Nicht nur für Cornelisz, den Lehrjungen, auch für die altgedienten Kanzleischreiber gab es seit langem keine wichtigen oder gar dringenden Aufgaben zu erledigen. An allen Pulten machte sich Langeweile breit. Schon seit Monaten war kein Schiff der van-de-Meulen-Handelscompanie mehr in den Hafen eingelaufen und hatte Waren herangeschafft, die von den Schreibern hätten begutachtet, verwaltet und auf den Weg zu Kunden oder Auftraggebern gebracht werden müssen. Es gab weder neue Konten oder Rechnungen anzulegen, noch musste eine Schiffsladung überprüft werden, selbst in den Lagerräumen herrschte Leere. Es war, als hielte das gesamte Handelshaus nach dem Tod des alten Andrees van de Meulen immer noch den Atem an.
    Der neue Herr beschreite eigene Wege, hieß es, und er setze auf neue Ideen, um lukrative Geschäftsbeziehungen aufzubauen, die dem Haus van de Meulen schon bald eine Spitzenposition unter den Antwerpener Handelshäusern sichern würde. Davon merkte man bis jetzt allerdings nichts, und um welche Wege es sich dabei handeln mochte, hatte sich Cornelisz bisher auch nicht erschlossen. Vielleicht waren es geheime Geschäfte, von denen er in seiner untergeordneten Stellung als Lehrling ausgeschlossen blieb? Jedenfalls brachten sie derzeit weder Arbeit ins Kontor noch Waren in die Lagerschuppen.
    Wenn Cornelisz den Kopf hob, konnte er Advocat Cohn, seinen eigenen Lehrherren, am Fenster des Kontors stehen sehen. Stundenlang starrte der hagere, leicht gebeugte Mann regungslos auf Markt und Hafen. Lediglich die unruhigen Hände, die an Ärmeln oder Wams zupften, verliehen der schwarz gekleideten Gestalt etwas Leben, vor allem wenn die farbigen Steine an seinem Ring im Licht aufblitzten.
    Am Tag, nachdem man Andrees van de Meulen unter großer Anteilnahme der Antwerpener Bürger zu Grabe getragen hatte, hatte der jüdische Notar die Geschäfte des Hauses übernommen. Er hatte dem Rat der Stadt eine Fülle von Verfügungen vorgelegt, allesamt beglaubigt und mit den Zeichen der Zeugen versehen. Die Papiere kündeten vom Willen des Verstorbenen, der Advocat solle als Verwalter des Erbes fungieren, bis die Töchter verheiratet seien und ihre Ehemänner in ihrem Namen über das Vermögen verfügen könnten. Angesichts der Höhe dieses Vermögens handelte es sich um die umfassendste Prokura, die je in den Annalen der Stadt verzeichnet worden war.
    Natürlich hatte es allerhand Geraune und Getratsche in der Stadt gegeben, der Advocat galt vielen nach wie vor als lästiger Fremdling und Außenseiter. Doch das sei nichts als missgünstiges Gerede von notorischen Neidern und Nörglern oder, schlimmer noch, von Anhängern der neuen Religion, meinte Cornelisz’ Vater. Die Reformierten seien in Gelddingen besonders streng und nähmen alles auf Punkt und Komma genau, und schon aus diesem Grunde lehnten sie schnell etwas ab, das nicht ihren fest gefügten Vorstellungen entsprach.
    Der Advocat hatte sich in dieser heiklen Situation klug verhalten, indem er schnellstens einige wohltätige Stiftungen im Namen des Verstorbenen auf den Weg

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