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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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gesagt, unterwegs haben sie Wrackteile gefunden, Bretter und so. Und Leichen, die wo im Meer trieben. Alles vom letzten Konvoi, mit dem auch die Meisjes weg sind. Tja, ist nun wohl alles hin und kaputt und Matsch und Tod.«
    Überbringer einer derartigen Sensationsnachricht zu sein war dem Schankjungen nicht oft vergönnt, umso enttäuschter war er, als der junge Kaufmannssohn nach einem Moment des Schreckens laut auflachte.
    » Pah, und das glaubst du? Dann kannst du nicht gesehen haben, mit welcher Bewaffnung die Palomina als Eskorte für die Handelsschiffe ausgerüstet war! Korsaren, wer’s glaubt!«
    » Aber …«
    » Du solltest nicht alles glauben, was ein Seemann beim Schnaps erzählt!«, unterbrach ihn Cornelisz. » Falls sie tatsächlich in ein Gefecht verwickelt gewesen sein sollten, wohlgemerkt, ich sage: falls – also, selbst in einem solchen Fall wäre ihnen die Palomina doch einfach davongesegelt, das sag ich dir. Abgehauen, verstehst du? Und abgesehen davon hätten wir im Kontor ja wohl als Erste von einem derartigen Unglück hören müssen, und uns hat niemand etwas über ein Seegefecht oder einen Überfall berichtet. Du solltest dich wirklich nicht von jedem Großmaul auf den Arm nehmen lassen!«
    Damit wandte er sich um und setzte seinen Weg fort. An der nächsten Ecke jedoch, als der Schankkellner ihn nicht mehr sehen konnte, nahm er die Beine in die Hand. Diese Schiffe aus Livorno und ihre ungeheuerliche Nachricht: Wenn irgendjemand etwas Genaues darüber wusste, so war es sein Vater.

20
    In der Nacht war das Wetter umgeschlagen. An den Kais tanzten die Schiffe aus Livorno auf dem unruhigen Wasser und zerrten an den Seilen, mit denen man sie vertäut hatte. Sie neigten sich unter dem aus dicken Wolken trommelnden Eisregen, und auf den Hafenmauern, Kais und Plätzen bildeten sich Pfützen, die an den Rändern alsbald zu gefrieren begannen. Der kalte Nordwest kämpfte mit dem Frühling.
    In einer der engen Gassen, die von den Lagerhäusern am Hafen in die Stadt führten, bewegte sich ein schwarze Gestalt. Das spärliche Licht, das zwischen den Wolken auf die Stadt fiel, wurde von den Schatten im Gassengewirr fast vollständig verschluckt. Der Mann im langen Reisemantel, den Kragen hochgeschlagen, schien sich allerdings auszukennen. Und obwohl er nicht den direkten Weg einschlug, sondern eher die engen Gässchen bevorzugte und zudem den Kopf gesenkt hielt, hastete Capitano Mario Natoli, Kommandant der kleinen Flotte aus Livorno, zielstrebig voran. Seine Sinne waren hellwach. Kurzzeitig war er angesichts des eisigen Regens versucht gewesen, seinen Bootsmann mit der heiklen Aufgabe zu betrauen, bei näherer Überlegung hatte er jedoch Abstand davon genommen. Kälte und Regen hin oder her, er musste sich selbst einen Eindruck verschaffen, es stand einfach zu viel auf dem Spiel.
    Der Weg führte an halb verfallenen Schuppen und Lagerhäusern vorüber, die von rankenden Pflanzen beinahe zu Boden gedrückt wurden. Diese und weitere baufällige Häuser, Ruinen und Buden würden bald, sehr bald sogar, verschwinden, dachte er, sein Agent hatte ihm glaubhaft versichert, sie würden demnächst der Hafenerweiterung Platz machen. Antwerpen blühte auf, das erzählte man sich an allen Küsten und in allen Häfen. Dabei handelte es sich keineswegs um irgendwelche unausgegorenen Träume, Produkt profitgieriger Spekulationen, oder gar um das übliche weinselige Gefasel der Matrosen. Madonna, er hatte Zahlen gesehen! Zunächst allerdings kam es darauf an, diesen neuen Handelsherrn einschätzen zu lernen, und darauf, dabei das eigene Gesicht nicht preiszugeben. Keinesfalls durfte er als Kapitän erkannt werden, dio, no, bloß das nicht. Besser, er vergaß keinen Augenblick, sich wie ein beliebiger Matrose zu verhalten, der Advocat stand in dem Ruf, äußerst vorsichtig und misstrauisch zu sein. Aber Chair-ed-Din, der schlaue Taktierer, sollte ihm nicht umsonst sein Vertrauen geschenkt haben. Schließlich hatte er sich die Zeit genommen, ihn persönlich auf dieses Treffen vorzubereiten. » Ich habe ihn zwar schon jetzt in der Hand, aber das soll er nicht merken, noch nicht. Ihr wisst, was seine Lieferungen für die Armee des Sultans bedeuten könnten? Es geht um viel! Seid also auf der Hut.«
    Er würde ihm Ehre machen. Eigentlich konnte aber sowieso nichts schiefgehen. Und hatte er diesen so genannten Advocaten erst einmal in Sicherheit gewiegt, so konnten sie in aller Ruhe ihre Geschäfte machen und irgendwann,

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