Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Augen gesehen .
» Auf ein Wort«, unterbrach der Fremde seine Gedanken. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und kam mit leichtem Hinken auf Saïd zu. In seinem wettergegerbten Gesicht glänzten blaue Augen. Er deutete eine Verbeugung an und streckte beide Hände aus. » Gestattet, dass ich mich vorstelle. Ich bin Miguel de Álvarez, Kapitän und Handelsherr aus Santa Cruz de Aguér oder Agadir, wie es seit neuestem genannt wird. Und wie ist Euer Name? Ihr stammt aus dem berühmten Sijilmassa, wie ich hörte?«
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Álvarez – nie würde er diesen Namen vergessen. Konnte dieser Mann wirklich Sarahs Vater sein? Tatsächlich hatte er ähnliche Augen wie sie … Aber was tat er ausgerechnet hier? Saïd wandte den Blick ab, seine Hand tastete unter dem Gewand nach dem Beutel, den er seit Monaten um den Hals trug. Vor ungefähr einem Jahr war sie aus ihrem Elternhaus geflohen, hatte sich auf die Reise über das Meer gemacht, um an seinem anderen Ufer ihr Glück zu finden. Hatte sie es bis Venedig geschafft? Wie lebte sie, ging es ihr gut? Vielleicht hatte ihr Vater Nachrichten? Eigentlich wollte er nicht mehr an sie denken, weder an die blauen Augen noch an das Lachen oder an ihren Eigensinn. Besonders gut gelang ihm das jedoch nicht, sogar im Gegenteil.
Während Saïd noch überlegte, ob und wie er diesem Kapitän erklären sollte, woher er seine Tochter kannte, legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter. Sultan Muhammad, dessen Annäherung er nicht bemerkt hatte, sagte: » Bevor ich aufbreche, lass uns ein paar Schritte gehen. Ich freue mich, dich zu sehen, auch wenn deine Worte einen bittersüßen Beigeschmack für mich haben. Süß, weil sie mich an deinen stolzen Vater erinnern und an meine eigene Jugend, bitter, weil … Ach, ich bete zu Allah, er möge mir nun die richtigen Worte eingeben!«
Saïd nickte dem Kapitän kurz entschuldigend zu. Der hob die Hand und zog sich in den Schatten zurück.
Hier, in der hellen Morgensonne, wurde das fortgeschrittene Alter des Sultans offensichtlich. Nicht nur waren Stirn und Wangen von tiefen Falten durchzogen und die Haut seiner Hände, die er wie zum Gebet erhob, mit Altersflecken übersät, er kam Saïd auch nicht mehr so groß vor, wie er ihn in Erinnerung hatte.
Seine Stimme aber hatte nichts von ihrer Festigkeit verloren. » Glaube mir, es ist nicht so, dass ich dir nicht helfen will«, begann Sultan Muhammad und blickte ihm in die Augen, » oder dass ich deine Notlage nicht verstehe, Sheïk Saïd, dennoch kann ich dir keine Soldaten geben.«
Mit geneigtem Kopf ging Saïd neben dem Alten und lauschte dessen Worten. Er wartete, ob eine Erklärung nachfolgte, und forschte im Gesicht des Sultans. » Warum nicht?«, fragte er schließlich mit tonloser Stimme. Eigentlich war diese Nachfrage weder höflich noch angemessen, doch er musste es wissen, musste verstehen, warum er abgewiesen wurde.
» Weil ich größere Pläne verfolge«, sagte der Sultan, » viel größere.«
Saïd blickte hinüber zum Hof. Er sah, wie Soldaten über den Platz eilten, wie Pferde gesattelt und Kamele beladen wurden, wie man gerbas mit frischem Wasser und Futterbündel herbeischaffte. Er räusperte sich.
» Sherif, erlaube mir einen Einwand: Was könnte größer sein, als die Hoheit über den freien Zugang nach Sijilmassa zu erhalten? Seit alters her ist diese Karawanenroute der Garant für … Nun, du weißt es so gut wie ich: Sijilmassa als Umschlagplatz edler Waren und Güter bringt nicht nur uns Händlern, sondern auch dir und deiner Verwaltung sichere Erträge. Wovon willst du zukünftig deine Beamten und Truppen ernähren, wenn Sijilmassa in fremde Hände fällt?«
Der Sultan hob die Schultern. » Ouacha, du hast recht, mein junger Freund, ich weiß um Sijilmassas Bedeutung tatsächlich so gut wie du. Doch sei gewiss, meine Berater und ich haben sorgsam abgewogen, wir können die Folgen unseres Beschlusses ermessen. Es beschwert mein Herz, dir das sagen zu müssen.«
» Aber …«, Saïd deutete hinüber zum Hof, der Sultan jedoch gebot ihm zu schweigen. » Du kennst Abu Hassun, den Bruder meines Vaters? Er ist immer noch toll vor Ehrgeiz! Deshalb holte er auch meinen Bruder Ahmad an seine Seite, und vor allem deshalb verbündete er sich mit den Osmanen. Er glaubt, mit ihrer Hilfe und einem Sultan vom Volk der Sa’adier an der Spitze kann er zum Herrn eines eigenen Reiches werden. Abu Hassun kennt meinen Bruder gut, er weiß, Sultan Ahmad überlässt ihm nur zu
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