Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
sogar sehr um ein freundliches Wort oder sonst eine Aufmerksamkeit bemüht, doch jetzt? Es gab zwar keine Anzeichen für einen Aufruhr, Ruhe und Zustimmung sahen aber anders aus.
Er blickte starr geradeaus, auf die Rücken der bewaffneten Reiter vor sich. Es brauchte niemand zu sehen, wie nervös ihn das ungewohnte Verhalten der Leute machte. Aber lange würde er sowieso nicht mehr hierbleiben, sagte er sich, bald konnte er endlich nach Féz abreisen.
Ein Fremder in einem viel zu warmen Wams trat aus dem Hof der Karawanserei und winkte ihm. Das musste der Händler aus Venedig sein, dachte Hussein, tat aber, als sähe er den Mann nicht. Bevor er mit ihm sprach, musste er Abdallah und die anderen auf seine Seite bringen. Der Imam hatte recht, mit einigen Versprechungen und ein paar Goldstücken sollte das schnell gelingen.
Der Karawanenplatz lag im lichten Schatten der Palmen verwaist vor ihm, sogar die massive Zedernholztür zum r’baat stand offen und schwang leise im Luftzug. Keine Spur von den Kisten und Bündeln voller Kostbarkeiten, die die Männer mitgebracht haben mussten, und ebenso wenig eine Spur von Abdallah, Hamid und Idriss, oder wie die Kameraden seines Bruders hießen. Wo nichts gelagert wurde, brauchte schließlich auch niemand Wache zu halten.
Die Janitscharen ritten über den Platz und stocherten mit ihren Lanzen in den Haufen trockener Palmwedel und anderer Abfälle, die von der letzten Dattelernte hier lagen. Nichts, nicht einmal die Salzblöcke, von denen man ihm berichtet hatte, befanden sich hier.
Stattdessen trat der Händler in das ummauerte Geviert, ein missgelaunter Venezianer, der ihnen gefolgt war und jetzt mit gerunzelten Brauen auf Hussein zutrat.
» Ich grüße Euch.« Er verbeugte sich kaum merklich. » Man sagte mir, Ihr seid der neue amghar ? Ich bin Mario del Meglio, Großhändler und Agent mehrerer Handelshäuser in Venedig. Mein Schiff liegt im schönen Hafen von Melilla vor Anker und wartet auf Ladung. Wie ich hörte, ist die Karawane bereits vor Wochen eingetroffen, ächzend unter vielen Waren. Wo sind sie? Und wo steckt Euer Karawanenführer? Er genießt einen ausgezeichneten Ruf, wie Ihr wisst, wo also hält er sich verborgen? Ich besitze Verträge, hier, seht Ihr?« Er griff in eine Innentasche und zog ein Bündel gesiegelter Papiere hervor, mit denen er in Husseins Richtung wedelte. » Und in meinem Gepäck habe ich die vereinbarte Restsumme in Goldstücken. Das alles ist Euch so weit klar? Bene, immerhin ein Anfang. Aber nun: Wo sind die bestellten Sachen? Es geht vor allem um Holz, und eines sage ich Euch gleich: Ich werde auf Erfüllung meiner Verträge bestehen!«
*
Umgeben von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne kam Abdallah über den Kamm der Düne. Er war nicht allein, ihm folgten Chaled und Omar, die sich um fünf vollgepackte Kamele kümmerten.
Safia sprang auf und rannte ihnen mit fliegenden Röcken durch den Sand entgegen, als könne sie die Ankunft der kleinen Karawane aus der heimatlichen Kasbah nicht erwarten. Nurzah und Amina hingegen blieben beim Zelt. Sie stellten den Wasserkessel für den Tee auf das Feuer und beobachteten das Eintreffen der Männer mit ernster Miene.
Erst zu später Stunde, der Mond stand längst am Nachthimmel, verließ Abdallah das Feuer der Männer und näherte sich dem Glutnest, in dem Nurzah, Lahada und die Mädchen Zweige und trockenen Kameldung verbrannten. Mit einem gemurmelten Gruß ließ er sich bei ihnen nieder.
» Ich bringe dir gute Nachrichten von deinem Sohn, Lâlla Nurzah«, begann Abdallah, der sich denken konnte, welche für sie die wichtigste Mitteilung war. » Er hat Taroudant verlassen und befindet sich auf dem Rückweg nach Sijilmassa. Mutige Krieger reiten an seiner Seite, mit denen er die Osmanen aus der Stadt vertreiben wird. Schon bald könnt ihr in die Kasbah zurückkehren.«
Amina und Safia fassten sich an den Händen, sie schienen froh zu sein. Mit Nurzah verhielt es sich anders.
» Ich danke dir für deine Worte, sie beleben die Hoffnung. Doch nicht eine einzige Nacht werde ich mit der Mutter des neuen amghar unter demselben Dach zubringen! Tag für Tag bete ich zu Allah, dass er meinen Hass auf diese Frau lindern und mir helfen möge, meine Ruhe wiederzufinden, aber … Ich werde weiterhin das Leben einer Beduinin führen, bis ich nach Miknas zu meiner Tochter reisen kann.«
Der Karawanenmann nickte, als habe er nichts anderes erwartet. » Mit dem Aufbruch nach Miknas solltest du
Weitere Kostenlose Bücher