Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
allerdings warten. Es sind Umwälzungen in Gang. Im Norden, in der Gegend von Miknas und Féz, wird schon bald um eine Entscheidung gerungen.«
» Woher weißt du das?«
Abdallah zuckte die Schultern.
Nurzah nickte. Nachrichten über Hungersnöte, Seuchen oder Kriege verbreiteten sich mit dem Wind. » Denkst du, wegen der engen Nachbarschaft von Miknas und Féz ist Azîza in Gefahr?«
» Das denke ich nicht, nein. Sultan Muhammad wird Féz erobern, ohne Miknas in Mitleidenschaft zu ziehen. Und sicher haben sich deine Verwandten längst aufs Land zurückgezogen, um dort das Ende der Kämpfe abzuwarten.«
» Kämpfe, Eroberungen – ach, Abdallah, wie furchtbar das klingt!« Es dauerte eine Weile, bis sich Nurzah so weit beruhigt hatte, dass Abdallah sein eigentliches Anliegen vorbringen konnte.
» Du wirst dich fragen, warum wir mit fünf Packtieren kommen, aber nur zwei von ihnen Vorräte für euch tragen. Höre also: Unter den Säcken mit Hirse und den anderen Lebensmitteln habe ich die Kisten mit den Edelsteinen und dem Gold vom Nigerfluss mitgebracht, um sie noch heute Nacht in den Dünen zu vergraben. In Sijilmassa sind sie nicht sicher, es gibt immer Menschen, die ihre Zunge nicht beherrschen können. Du wirst dabei sein und sehen, wo sie vergraben werden, damit du die Stelle wiederfinden oder im Notfall mein Handeln vor Saïd oder dem Kadi bezeugen kannst.«
» Als ob mein Sohn schon jemals an dir gezweifelt hätte.«
» Allahs Wege sind gewunden, und so ist es mir lieber. Aber noch etwas gibt es, das wir besprechen sollten: Die Händler treffen ein. Bisher ist es nur einer allein, der sich von der Gefahr, unterwegs in Kämpfe verwickelt zu werden, nicht abhalten ließ, ein gewisser del Meglio, aber sicher kommen bald mehr. Ich frage dich an Stelle deines Sohnes: Sollen wir mit der Abwicklung der Geschäfte beginnen, unter der Hand und ohne Saïd? Die Kaufleute haben ein Anrecht auf die Waren, das weißt du, jedenfalls die, die bereits Anzahlungen geleistet haben. Über die Edelsteine und das Gold hat Saïd nur flüchtig gesprochen, vor allem hat er keine Angaben über die Auftraggeber gemacht. Hierzu fand ich auch bei seinen Sachen, die im Haus von Abu Youssef, dem Geldwechsler liegen, keine Hinweise.«
» Wichtige Unterlagen könnte er auch in seinen Räumen in der Kasbah aufbewahren«, überlegte Nurzah. Abdallah nickte. Sie sahen sich an. Beide dachten sie dasselbe: Was immer sich in der Kasbah befand, musste als verloren gelten. Wenn nicht der amghar, so hatte sicher seine Mutter längst alles von Bedeutung an sich genommen.
» Über das andere aber«, brach Abdallah das Schweigen, » vor allem über die Korallen, die Hölzer aus Gao, das Gummiarabikum und die Straußenfedern führt Abu Youssef die Auftragslisten. Diese Dinge könnten wir den Fremden also verkaufen, mit ihnen abrechnen und so unsere Verpflichtungen erfüllen, da sehe ich keine Schwierigkeiten. Unstimmigkeiten könnten allenfalls wegen des Silbers aufkommen, da sowohl unsere Schmiede als auch die Venezianer davon nicht genug bekommen können.«
» Sie werden ungehalten sein, wenn sie keine edlen Steine und noch dazu weder Gold noch Silber kaufen können.«
Abdallah nickte. » Diesen del Meglio kann ich kaum noch hinhalten, er besteht auf Lieferung. Zum Glück stört es ihn nicht, dass das Ganze heimlich vor sich gehen muss, solange er fehlerlose Ware bekommt und schnell den Rückweg antreten kann. Kolanüsse, Muscheln und Gazellenhörner, die für unsere eigenen Handwerker bestimmt sind, könnten wir ebenfalls im Geheimen anbieten, ebenso die Galambutter und andere Dinge. Ich denke auch an dich und die Mädchen, denn so hättet ihr zumindest Zugriff auf Saïds Anteil.«
» Sagtest du nicht, er sei auf dem Rückweg?«
» Na’am, ja. Aber er wird anderes im Kopf haben als Vogelfedern und Muscheln. Er träumt von der Befreiung Sijilmassas.«
Nurzah nickte. Ihre Augen blickten voll Sorge, doch das sah niemand in der Dunkelheit.
» Du hast wohl recht«, seufzte sie schließlich. » Ausgerechnet er, der Gewalt verabscheut, wird den Krieg nach Sijilmassa bringen. Wie du sagst: Allahs Wege sind gewunden. Bring also die Verkäufe auf den Weg, Abdallah, so rasch wie möglich. Es wäre gut, wenn die Händler bei Saïds Eintreffen die Stadt bereits wieder verlassen hätten. Und gib ihnen so viel Silber, wie sie haben wollen. In nächster Zeit werden sich die Frauen der Masiren kaum mit Silberglanz schmücken wollen.«
*
Saïd gab das
Weitere Kostenlose Bücher