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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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die gekocht und mit Reis serviert werden sollten. Saure Kamelmilch machte Fleisch zart, hatte sie gelernt. Sie hatte überhaupt viel gelernt in den letzten Tagen, allein durchs Zusehen und obwohl sie sich ständig fragte, ob sie nicht vielleicht doch nur in einem furchtbaren Traum feststeckte und dies alles gar nicht Wirklichkeit war. Was sie auch tat und was immer sie auch sah oder hörte, sei es die Weite, das Licht oder das Geräusch der Kamelglocken am Abend, alles löste den Wunsch in ihr aus, ihrer Mutter davon zu erzählen, sie etwas zu fragen, sich mit ihr zu beraten … Unwillkürlich entfuhr ihr ein trockener Schluchzer, doch sie nahm sich zusammen, wie ihre Mutter es sie gelehrt hatte.
    Jeder im Lager hatte seine Aufgaben, die täglichen Arbeiten ruhten auf vielen Schultern. Die Männer kümmerten sich um die Kamelherde, während Lahada, Abu Selims Frau, zusammen mit den Töchtern und der Schwiegertochter für die Schafe, Ziegen und eine Handvoll Hühner zuständig waren. Äste, im Viereck in den Sand gesteckt, bildeten den Hühnerstall, während Ziegen und Schafe die Nacht in einem Pferch aus Steinen und Dornengestrüpp verbrachten. Obwohl man sie als Gäste willkommen geheißen hatte, wurde auch von ihnen erwartet, Hand anzulegen. Daher half Safia, die Ziegen zu weiden, während Nurzah und Fatiha die Kleider der Familie wuschen, den Sand von den Zeltmatten kehrten und Amina mit den Frauen von einer Quelle das benötigte Wasser holte.
    Gegenwärtig webte Nurzah an einem festen Band, mit dem die Bahnen für ein neues Zelt zusammengenäht werden sollten. Die Familie von Abu Selims Sohn sollte bald mit den Herden nach Norden wandern, wo auch im Sommer ausreichend Futter zu finden war, und brauchte dafür ein eigenes Zelt.
    Amina schaute sich um, sie war allein. Ihr Blick wanderte über die wenigen Habseligkeiten der Nomadenfamilie. Alles hier kam ihr fremd vor, angefangen bei diesem sich ständig bewegenden Zeltdach und der staubigen Hitze darunter bis zu dem Umstand, dass es keinen separaten Raum gab, für niemanden. Man arbeitete, aß und schlief gemeinsam.
    Ihre Knie begannen zu zittern. Eine Aït el-Amin ließ sich nicht gehen, das wusste sie natürlich, aber jetzt konnte sie nicht mehr an sich halten. Sie ließ sich auf den Boden sinken und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Ihre Eltern lebten nicht mehr, ihre Brüder waren verschleppt, und was Allah für sie vorgesehen hatte, wusste nur er allein. Es gab nichts als dieses Zelt in den Sanddünen und die beklemmende Ungewissheit, wie es für sie und ihre Schwester weitergehen würde.
    *
    » Es ist wieder ruhig in der Stadt, jeder geht seiner Arbeit nach, und so wird es auch bleiben, mit Allahs Hilfe. Du weißt, dass ich seit Wochen predige, man solle Allahs Willen nicht anzweifeln. Außerdem solltest du bedenken, bei den Kriegern handelt es sich um Janitscharen, die Elite der osmanischen Armee. Man sagt, einer von ihnen zähle mehr als drei andere Kämpfer.« Sîdi Alî, der Imam von Sijilmassa, versuchte, mit Ruhe auf den amghar einzuwirken. Sein Einfluss auf ihn hatte sich in den letzten Wochen zwar gefestigt, dennoch wollte es auch ihm nicht gelingen, den zaghaften Sheïk zu einem Mann der Tat zu formen.
    Seit dem Eintreffen der osmanischen Kampftruppe hielt sich Sheïk Hussein fast ausschließlich in seinen eigenen Gemächern auf und empfing außer ihm kaum jemanden. Es war, als verstecke er sich. Jedenfalls ließ er sich nicht in der Stadt sehen, ja, er lehnte es sogar ab, die Sheïks zu empfangen oder die Abordnungen der Händler und Handwerker. Alles lief über ihn, den Imam. Der amghar hatte ihm sogar die Schriftensammlungen mit den Verordnungen und Erlassen übergeben, die in der Stadt galten, darunter die Regeln der Wassergesetze und der Abgaben, die die Bauern und Handwerker zu entrichten hatten. Das war zwar nützlich, weil er auf diese Weise tiefe Einblicke in die Führung der Stadt erhielt, dennoch konnte es so auf Dauer nicht weitergehen. Sheïk Hussein hätte sich selbst kümmern müssen. Doch nichts an seinem Amt sagte ihm zu.
    Lâlla Malika hingegen, diese Frau voller Raffinesse und List, liebte es, Macht auszuüben. Sie sei bereits beim Packen, hatte er gehört, denn sie zog es womöglich noch schneller als ihren Sohn an den Sultanshof in Féz. Wenn ihr Sohn sich allerdings nicht mehr um Ansehen und Einfluss bemühte, würden ihnen dort einige unangenehme Überraschungen bevorstehen. Mit leeren Händen und nichts als

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